nova funds | München, 16.03.2018.
Mit Gesundheitsausgaben in Höhe von 17,9% des Bruttoinlandsproduktes (BIPs) sind die USA weltweit Spitzenreiter. Der Durchschnitt einer Gruppe von 11 OECD-Ländern liegt bei 11,5%, wobei Länder wie Australien und Großbritannien etwas weniger als 10% des BIPs für Gesundheit ausgeben. Trotz der niedrigeren Ausgaben liegt die Lebenserwartung in den beiden vorgenannten Ländern aber über der in den USA! Woran liegt das? Eine vor kurzem im ‚Journal of the American Medical Association‘ (JAMA) erschienener Artikel¹ versucht diese Frage zu beantworten.
Nach Berechnungen der amerikanischen Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS) stiegen die Gesundheitsausgaben im Jahr 2016 um 4,3% auf US-Dollar 3,3 Billionen an, welches pro-Kopf Ausgaben von US-Dollar 10.348 entspricht. Damit einhergehend stieg der Anteil der US Gesundheitsausgaben am BIP auf 17,9% im Jahr 2016, von 17,7% im Vorjahr.
Quelle: CMS
Auch im Vergleich mit anderen OECD Ländern (Jahr 2016), liegen die USA bei den Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben eindeutig an der Spitze. Im Durchschnitt geben Industrienationen wie z.B. Australien, Deutschland, Frankreich, Japan, Kanada und das Vereinigte Königreich etwa halb so viel (US-Dollar 5.000 pro Kopf) für Gesundheit aus.
Quelle: OECD
Bei so hohen Ausgaben wäre zu erwarten, dass die Lebenserwartung der Amerikaner über der der Vergleichsgruppe liegt. Dies ist aber spätestens seit Ende der neunziger Jahre nicht mehr der Fall, denn in den letzten Jahren stagnierte die Lebenserwartung der US Bevölkerung zwischen 78 und 79 Jahren, während sie im OECD-Durchschnitt weiter anstieg und zur Zeit bei fast 81 Jahren liegt.
Quelle: OECD Health Statistics 2016
Zudem haben die USA die höchste Geburtensterblichkeit (5,8 Kinder auf 1.000 Geburten) und die höchste Müttersterblichkeit (26,4 Mütter auf 100.000 Geburten) im Vergleich zu anderen Industrienationen. Es lässt sich somit zusammenfassend feststellen, dass höhere Gesundheitsausgaben nicht zwingend zu besseren medizinischen Ergebnissen führen. Aber woraus resultieren die hohen Kosten für Gesundheit in den USA überhaupt?
Die Autoren der JAMA-Studie führen hierzu zwei Hauptgründe an: Zum einen die höheren Preise für Arzt- und Pflegedienstleistungen als auch für Medikamente und zum anderen der überproportional hohe Aufwand an administrativen Aufgaben, die das medizinische Personal zu erledigen hat.
Quelle: JAMA. 2018;319(10):1024-1039. doi:10.1001/jama.2018.1150
So verdienen Fachärzte in den USA doppelt so viel wie z.B. in Deutschland und Großbritannien. Auch Allgemeinärzte und das Pflegepersonal werden im Vergleich zu anderen Industrienationen besser entlohnt. Arzneimittelpreise in den USA sind mit pro-Kopf Ausgaben von ca. 1.400 US-Dollar zudem doppelt so hoch wie in anderen Industrienationen, obwohl das Land bei der Einnahme von sehr preisgünstigen Nachahmerprodukten (Generika) einen Spitzenplatz einnimmt.
Quelle: JAMA. 2018;319(10):1024-1039. doi:10.1001/jama.2018.1150
Des Weiteren verursachen in den USA administrative Tätigkeiten 8% der Gesundheitskosten — im Vergleich zu durchschnittlich 3% in anderen Industrienationen. Als Grund nannte mehr als die Hälfte der Ärzte Probleme mit der Abrechnung von Arztdienstleistungen, während ein Drittel die Erfassung von klinischen Daten anführte.
Die wesentlichen Gründe für die höheren Gesundheitsausgaben der USA liegen also nicht in einer überproportional hohen Nachfrage, sondern in den hohen Personalkosten auf der einen und dem großen administrativen Aufwand auf der anderen Seite. Der Einsatz von Robotern (siehe auch nova funds Blogbeitrag „Dr. Robot – Roboter am Krankenbett?“) und Softwarelösungen (z.B. die elektronische Patientenakte) könnte hier zukünftig Einsparpotentiale realisieren, da sie helfen, die Arbeitszeit von Fachärzten besser auszulasten (beispielsweise können mit Hilfe von Robotern mehr Behandlungen durchgeführt werden) und Standardprozesse wie Abrechnungen und die Erfassung klinischer Daten zu vereinfachen und zu beschleunigen.
von Oliver Kaemmerer
¹ Quelle: JAMA March 13, 2018: Health Care Spending in the United States and Other High-Income Countries
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