Pressemitteilung Nordea Investment Funds S.A.: Die Aussichten für europäische Anlagen

teaser_pm-nordea_300_200Nordea | Luxembourg, 13.03.2017.

Bislang viel Optimismus, aber wenig Handeln bei den Anlegern

Viele Anleger glauben, dass 2017 positive Überraschungen in Europa bringen könnte. Doch trotz der günstigen Bewertungen und des positiven Makrotrends verlief der Jahresauftakt für europäische Anlagen enttäuschend.
– Sollten Anleger den Sprung wagen? Drei „bekannte Unbekannte“ müssen berücksichtigt werden: die Politik, China und die Banken.

– Das Ausbleiben negativer politischer Überraschungen ist Grundvoraussetzung für eine positive Entwicklung an den europäischen Börsen, aber auch die Banken und China spielen eine Rolle, insbesondere auf längere Sicht.

Am Anfang eines Jahres geht es Anlegern meist um die Frage, welche Regionen unter Wachstums- und Ertragsaspekten positive Überraschungen liefern könnten. Besonders Aktienanleger halten Europa im Jahr 2017 für einen geeigneten Kandidaten. Dieser Optimismus scheint in vielerlei Hinsicht begründet: Die Unternehmensgewinne werden nach oben korrigiert, das Wachstum hat beinahe wieder den Vorkrisentrend erreicht und liegt praktisch auf US-Niveau, und die meisten Makrodaten sind ungewöhnlich positiv. Zudem sind die relativen Bewertungen attraktiv, zumindest im Hinblick auf Aktien.
Bisher aber bleibt alles Theorie, denn die Anleger halten sich nach wie vor zurück. Seit Jahresbeginn war die Wertentwicklung europäischer Aktien enttäuschend. Den nach eigenem Bekunden optimistischen Anlegern fehlt die Überzeugung, um den Worten Taten folgen zu lassen. Aus makroökonomischer Sicht geben drei Faktoren Anlass zur Skepsis – einige offensichtlicher als andere. Wir glauben, zumindest zwei der drei Faktoren müssten sich für Europa positiv entwickeln, bevor aus dem grundsätzlichen Optimismus der Anleger echte Überzeugung und damit eine nachhaltige Wertentwicklung wird.

Angstfaktor Politik: übertrieben?

Zunächst einmal dämpft die politische Entwicklung den Appetit der Investoren auf europäische Anlagen. Angesichts der anstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und womöglich auch Italien spielt die Politik erneut eine Hauptrolle. Die Anleger sind nervös – und mit gutem Grund, denn es fehlt an klaren Antworten auf die politischen Herausforderungen, denen sich Europa und die Währungsunion gegenübersieht. Europäische Aktien sind zwar günstig, aber nicht günstig genug, solange die politische Unsicherheit nicht deutlich zurückgeht.

Was verursacht diese Unsicherheit? Die Nervosität im Hinblick auf die Wahlen in Europa wird durch die nicht vorhersehbaren Konsequenzen der US-Wahl und des Brexit noch verstärkt. Besonders letzterer ist noch nicht ausgestanden. Der Ausstieg Großbritanniens verdeutlicht die starken Spannungen innerhalb der Europäischen Union und stellt damit die Überlebensfähigkeit der Währungsunion infrage. Dies schürt die Angst vor extremen Szenarien.

Bis heute war die Politik entweder nicht in der Lage oder nicht willens, diesen Ängsten zu begegnen, und so steigt die Unsicherheit weiter. Selbst die EZB – nach dem Lehman-Zusammenbruch ein Fels in der Brandung – hat in diesem Zusammenhang an Überzeugungskraft eingebüßt. Zwar betont Draghi – seinem Amt gemäß – weiterhin die Notwendigkeit der europäischen Gemeinschaftswährung, ließ kürzlich aber auch verlauten, dass jeder Aussteiger aus dem Euro seine Rechnung begleichen müsse. Damit widerspricht er dem EZB-Mantra von der Alternativlosigkeit des Euro.

Dennoch besteht durchaus die Chance, dass die politische Unsicherheit im Laufe des Jahres 2017 zurückgeht. Daher sollten Anleger trotz der allseits diskutierten politischen Risiken die Chancen nicht außer Acht lassen. Wenn der Vormarsch der populistischen Parteien in Europa gestoppt wird, dürften die Börsen aufatmen und den Marktteilnehmern zumindest kurzfristige Kursgewinne bescheren. Die größte Angst haben die Anleger vor der französischen Wahl im April/Mai 2017. Allerdings hat Marine Le Pen, zumindest per Stand heute, kaum Aussicht darauf, die Stichwahl für sich zu entscheiden. In Deutschland verliert die populistische und antieuropäische AfD derzeit potentielle Wähler an den proeuropäischen Kandidaten Schulz, und die euroskeptische 5-Sterne-Bewegung in Italien macht sich selbst das Leben schwer.

Und ein weiterer wichtiger Faktor könnte den populistischen Bewegungen in Europa zum Verhängnis werden: die Rolle des politischen Establishments. Sowohl der Brexit als auch Trump wären ohne die massive Unterstützung aus Teilen des konservativen Establishments nicht möglich gewesen. Trump wurde von starken Kräften innerhalb der republikanischen Partei getragen, und in Großbritannien befürworteten viele konservative Politiker den EU-Ausstieg. Die Populisten in den Euro-Ländern hingegen sind deutlich stärker isoliert. Für den Markt negative Wahlergebnisse sind damit zwar nicht ausgeschlossen, aber eben nicht ganz so wahrscheinlich.

Nicht auf dem Schirm: China

China ist der zweite entscheidende Faktor, der die Aussichten Europas bestimmt. Nicht zuletzt dank des schwachen Euro und der chinesischen Nachfrage konnte das europäische Wachstum über die Exporte in den jüngsten Quartalen wieder sein Trendniveau erreichen. Betrachtet man die Handelsverbindungen zwischen den Regionen genauer, so fällt auf, dass das chinesische Kreditwachstum ein guter Vorlaufindikator ist für die Euroraum-Exporte nach China, die wiederum einen Vorlauf haben gegenüber den Euroraum-Exporten generell. Besonders Deutschland hat von den chinesischen Überschüssen profitiert: Der Anteil der Exporte in Regionen außerhalb des Euroraums ist in Deutschland höher als in allen anderen großen Euroraum-Wirtschaften. Laut neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist China mittlerweile Deutschlands wichtigster Handelspartner.

Allerdings beruht der Wachstumsanstieg in China auf „alten Sündern“, also in erster Linie auf einem politisch gewollten Kreditboom, der an dem deutlich schnelleren Geldmengenwachstum abzulesen ist. Wie umfangreich die kreditfinanzierte Erholung in China tatsächlich war, zeigt ihre enorme Größe: In den ersten 10 Monaten des Jahres 2016 entsprachen die chinesischen Infrastrukturausgaben dem Betrag, den Trump im kommenden Jahrzehnt für Infrastruktur ausgeben will (etwa 1 Billion US-Dollar).

Perspektivisch lautet die wichtigste Frage daher: Wie nachhaltig ist dieser kreditgetriebene Wachstumsmotor? Im Großen und Ganzen braucht China keine höhere Verschuldung – im Gegenteil. Auf fundamentaler Ebene ist das Ziel schon erreicht, da die Angst vor einer harten Landung, die die zweite Hälfte des Jahres 2015 beherrschte, gebannt ist. Aus politischer Sicht ist die Beschönigung des Wachstums vor dem 19. Nationalkongress der Kommunistischen Partei im Oktober weitestgehend gelungen. Insgesamt wären die politisch Verantwortlichen in China gut beraten, das Kreditwachstum nicht weiter anzukurbeln, um die finanziellen Stabilitätsrisiken in Schach zu halten.

Erste Anzeichen, dass dies geschieht, sind bereits erkennbar. Obwohl die Zahlen unter den üblichen saisonalen Effekten leiden, haben sich das Kredit- und das Geldmengenwachstum insgesamt in den letzten Monaten verlangsamt. Während die negativen Risiken aus politischen Entwicklungen in Europa also bestens bekannt sind, könnten potentielle Ansteckungseffekte aus einer Drosselung der Wirtschaftsstimulierung in China die Anleger überraschen, insbesondere wenn es dem Land nicht gelingt, den Kreditboom langsam auslaufen zu lassen.

Europa hat immer noch ein Kreditproblem

Der dritte Faktor schließlich betrifft die Banken und die Kreditwirtschaft. Banken sind und bleiben ein Thema, mehr noch in Europa als in den USA, weil der Nichtfinanzsektor in Europa anders als etwa in den USA deutlich stärker von Bankfinanzierungen abhängig ist. Entsprechend sind Kreditkennzahlen in der Regel gute mittelfristige Wachstumsindikatoren für den Euroraum. Während kurzfristige Wachstumsindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes aktuell eine florierende Wirtschaft signalisieren, sind die mittelfristigen Kreditindikatoren weniger positiv. Die Kreditnachfrage ist schwach. Die Daten zu den Kreditflüssen sprechen eher für ein jährliches BIP-Wachstum von 1 Prozent als für den aktuell aufs Jahr hochgerechneten Wert von 1,7 Prozent.

Eine stärker aus sich selbst heraus getragene Erholung in Europa braucht nachhaltige Verbesserungen bei der Kreditversorgung. Die Banken sind stärker kapitalisiert, und das ist zweifellos positiv. Unglücklicherweise aber bestehen weiterhin Wechselwirkungen zwischen der Kreditversorgung und der Politik, wodurch das Kreditwachstum weiter gehemmt wird. So wird die Kreditnachfrage erst dann steigen, wenn die politische Unsicherheit sinkt. Und zum anderen bleibt das Kreditangebot beschränkt, solange das Bankenproblem nicht gelöst und der Kausalzusammenhang zwischen Bankensektor und Staaten nicht aufgehoben wird. Die strukturellen Probleme des Bankensektors werden vermutlich so lange nicht verschwinden, wie eine ausgewachsene Bankenunion Wunschdenken bleibt. Viele Wackelkandidaten der Branche wurden weder geschlossen noch von stärkeren Banken übernommen. Andererseits hätte jeder Fortschritt bei der Beseitigung dieser Probleme (Stichwort Italien) deutlich positive Auswirkungen.

Wie sollten sich Anleger verhalten?

Kurz gesagt gehen wir davon aus, dass die Wertentwicklung europäischer Investments im Jahr 2017 entscheidend von der politischen Entwicklung, China und den Banken abhängt. Entsprechend dürften diese Faktoren auch als Indikatoren für Anleger dienen, die über eine Ausweitung ihres Engagements in Europa nachdenken.

Realistisch betrachtet spricht einiges dafür, dass Europa den politischen GAU vermeiden kann. In diesem Fall wäre es natürlich verlockend, die Exponierung gegenüber Europa im Vorlauf zu Wahlterminen zu erhöhen. Es ist jedoch Vorsicht geboten: Schließlich haben wir aus den Überraschungen des vergangenen Jahres vor allem gelernt, dass die Fähigkeit der Analysten, politische Ereignisse zu antizipieren, zumindest begrenzt ist. Und auch die Marktreaktionen werden eher selten korrekt vorhergesagt – selbst wenn sie ein politisches Ergebnis als bekannt voraussetzen. Wer hätte damit gerechnet, dass die Aktienmärkte direkt nach dem Trump-Sieg anziehen würden? Das Ausbleiben negativer politischer Überraschungen im Jahr 2017 ist also eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung für eine mittelfristig positive Einschätzung von Risikoanlagen in Europa.

Erst wenn mindestens einer der beiden anderen, fundamentaleren Faktoren ebenfalls zugunsten von Europa wirkt, ist mit einer nachhaltigeren positiven Entwicklung der europäischen Märkte zu rechnen. Anlegern, die sowohl die kurzfristige politische und mittelfristige fundamentale Unsicherheit zu akzeptieren bereit sind, bietet Europa attraktive Ertragschancen. Alle anderen dürften gut beraten sein, noch abzuwarten.

Über Nordea Asset Management:

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*Quelle: Nordea. 31.12.2016

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