Pressemitteilung Flossbach von Storch: Crash oder Korrektur?

teaser_pm_flossbach-von-storch_300_200Flossbach | Köln, 10.02.2016.

Die Aktienmärkte haben in den vergangenen Wochen kräftig verloren. Der MSCI Weltindex beispielsweise (in EUR und Dividenden inklusive) ist seit Jahresanfang zwölf Prozent zurückgefallen, der Dax sogar mehr als 16 Prozent; von seinem Höchststand aus dem vergangenen Frühjahr ist der deutsche Leitindex mittlerweile rund 27 Prozent entfernt. Weltweit fürchten Investoren, die Kurse könnten weiter abrutschen – und den Beginn eines neuen, langandauernden Bärenmarktes markieren. Sind die Ängste berechtigt?

Im Fokus der Investoren steht der Zustand der Weltkonjunktur – und dabei vor allem die Entwicklung in China, dessen Wachstum sich merklich abzukühlen scheint. Die kräftig gefallenen Rohstoffpreise, insbesondere die Ölnotierungen, werden von vielen Investoren als Indiz für eine solche Abkühlung interpretiert. Das Bruttoinlandsprodukt Chinas ist mit elf Billionen US-Dollar inzwischen gut dreimal so groß wie das deutsche und hat mittlerweile 60 Prozent des US-Niveaus erreicht. Wenn die chinesische Wirtschaft um sechs Prozent wächst, macht das umgerechnet rund 660 Milliarden Dollar aus. Um einen ähnlichen Wachstumsbeitrag zu erzielen, müsste die US-Wirtschaft um 3,7 Prozent und die Eurozone um 5,5 Prozent zulegen, was derzeit kaum wahrscheinlich erscheint. Es ist deshalb wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass Wohl und Wehe der Weltwirtschaft in hohem Maße von China abhängen.

Unseres Erachtens ist die Angst vor einem Crash in China, der die Weltwirtschaft in die nächste Rezession reißen könnte, allerdings übertrieben. Auch wenn Chinas fette Jahre vorbei sind, ist das langfristige Wachstumspotenzial des Landes deutlich höher als das der traditionellen Industrieländer. Die Wachstumsschwerpunkte werden sich jedoch verschieben – von traditionellen Industriesektoren hin zu stark wachsenden Dienstleistungsbereichen. In China wird deshalb auch von einer Wirtschaft der zwei Geschwindigkeiten gesprochen. Sie muss und wird ressourcenschonender sein; der Hunger nach Rohstoffen wird nachlassen, sehr zum Leidwesen der großen Rohstoffexportländer. Der Argumentation, ein fallender Ölpreis sei ein untrügliches Zeichen für die Probleme der Weltkonjunktur, können wir nicht folgen. Der Preisverfall in den vergangenen Monaten ist nicht das Ergebnis sinkender Nachfrage, sondern auf das Überangebot an Öl (nicht zuletzt wegen des Fracking-Booms) zurückzuführen.

Zu den China-Sorgen sind jüngst die Ängste um das internationale Bankensystem hinzugetreten. Insbesondere in den südeuropäischen Bankbilanzen, etwa in Italien, schlummern noch gewaltige Risiken; wir haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die Eigenkapitalausstattung vieler Institute noch immer völlig unzureichend ist. Die Banken haben überdies durch die tiefen Zinsen zunehmend Probleme mit ihren Zinsmargen; viele Investoren fragen sich zu Recht, ob das Geschäftsmodell einer klassischen Universalbank in Zukunft noch ausreichen wird, um unter der verschärften Regulation auf das erhöhte Eigenkapital noch attraktive Renditen zu erwirtschaften. Die aktuelle Kursschwäche ist jedoch eher der Sorge vor einer hässlichen Überraschung im Kreditportfolio geschuldet, die angesichts der Probleme des Rohstoffsektors und mancher Schwellenländer nicht ganz ausgeschlossen werden kann.

Wir hatten in unserem Jahresbericht 2015 („Die fetten Jahre sind vorbei“) geschrieben, dass die kommenden Monate an den Börsen ruppig werden würden. Die zum Teil kräftigen Kursschwankungen, formulierten wir im Fazit, blieben uns erhalten. Die sich dabei ergebenden Sonderangebote gelte es zu erkennen und zu nutzen. Voraussetzungen dafür seien Geduld, ausreichend Liquidität sowie eine konkrete Vorstellung über den tatsächlichen Wert einer Anlage. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert.

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