Pressemitteilung Allianz Global Investors: „Wachstumsschmerzen“

teaser_pm-allianz_300_200Allianz | Frankfurt, 15.01.2016.

Das Erwachsenwerden wirft seine ganz eigenen Probleme auf – und das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für ganze Nationen. Zum Jahresanfang 2016 hat sich dies vor allem in China gezeigt. Die sorglosen Jahre mit zweistelligen Wachstumsraten sind vorbei. 2015 tat sich China schwerer und verzeichnete die schwächste Expansion seit einem Vierteljahrhundert. Und diese Aussage basiert darauf, dass man den offiziellen Zahlen glaubt, die manchmal an die großsprecherischen Übertreibungen eines Teenagers erinnern.

Die Unklarheit über Chinas tatsächliche Lage und die Sorge um die Konjunktur im Reich der Mitte haben zum jüngsten Anstieg der globalen Marktvolatilität beigetragen. In der kommenden Woche werden neue staatliche Zahlen zur chinesischen Wirtschaft veröffentlicht, die uns eventuell aufzeigen werden, ob Chinas Wachstumsschmerzen stärker geworden sind oder nachgelassen haben.

Aus wirtschaftlicher Sicht beginnt die Woche ruhig. Am Montag wird die Europäische Zentralbank (EZB) die wöchentliche Veränderung der im Rahmen ihres Stimulusprogramms angekauften Wertpapierbestände bekanntgeben, und außerdem stehen Handelsbilanzdaten aus Italien und Daten zur Kapazitätsauslastung der japanischen Industrie im Dezember an. In den USA, wo die Märkte wegen des Gedenktags für Martin Luther King geschlossen sind, ist die Fernsehübertragung der Debatte der Präsidentschaftskandidaten der Demokraten am Congressional Black Caucus Institute in South Carolina das wichtigste Ereignis.

Am Dienstag wird es dann interessant. In Asien veröffentlicht die chinesische Regierung ihre BIP-Daten für das vierte Quartal. Voraussichtlich wird die Wachstumsrate bei 6,9% liegen, d.h. genauso hoch wie im dritten Quartal 2015 und nur knapp unter dem offiziellen Zielwert von 7,0%. Diese Zahl ist zwar beeindruckend, aber mit Vorsicht zu genießen. Dem „China GDP Tracker“ von AllianzGI zufolge beläuft sich das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nämlich eher auf 5% als auf 7%. Die Zahlen zur chinesischen Industrieproduktion und zu den Einzelhandelsumsätzen, die ebenfalls am Dienstag anstehen, dürften allenfalls auf eine leichte Beschleunigung hindeuten.

In Europa werden wir einen ersten Eindruck davon bekommen, ob sich die jüngsten Marktturbulenzen auf die Konjunkturerwartungen für Deutschland ausgewirkt haben, die noch im Dezem-ber auf dem höchsten Stand seit vier Monaten notierten. Ebenfalls am Dienstag werden Inflationsdaten für Großbritannien veröffentlicht, die voraussichtlich erneut sehr schwach ausfallen werden.

Am Mittwoch stehen weitere Inflationsdaten an, die natürlich auch Implikationen für die Geldpolitik haben. In Deutschland dürften die Produzentenpreise im Dezember im 29. Monat in Folge gesunken sein. In Amerika haben der starke US Dollar und sinkende Energiepreise die Gesamtrate der Inflation voraussichtlich weiter gedämpft – und dabei war sie im November mit 0,5% gg. Vj. bereits sehr niedrig. Beobachter der Federal Reserve werden gespannt darauf schauen, ob sich die Kernrate endlich oberhalb des Zielwerts der Fed von 2% eingependelt hat.

Am Donnerstag tritt der Rat der EZB zusammen und wird dar-über diskutieren, ob die wirtschaftliche Entwicklung den Erwartungen entspricht (siehe auch unseren jüngsten QE Monitor). Das Ergebnis der vorhergehenden EZB-Sitzung im Dezember enttäuschte die Märkte. Im Vorfeld hatte EZB-Präsident Mario Draghi eine deutliche Ausweitung des „Quantitative Easing“ (QE) angedeutet. Diese fand aber dann doch nicht statt. Statt das Volumen der monatlichen Käufe von 60 Mrd. Euro auf 80 Mrd. Euro zu erhöhen (womit der Konsens gerechnet hatte), verlängerte die EZB die QE lediglich um 6 Monate bis März 2017. Dieses Mal hat sich die wirtschaftliche Lage zwar nicht deutlich verbessert, aber die Markterwartungen sind gedämpfter.

Zum Ende der Woche hin werden zahlreiche Einkaufsmanagerindizes für den Euroraum veröffentlicht. Sie dürften auf ein moderates, vor allem vom Dienstleistungssektor getragenes Wachstum im Januar hindeuten. Außerdem werden die Conference Board-Frühindikatoren für die USA bekanntgegeben, die voraussichtlich weiterhin nach oben zeigen werden.

Aus technischer Sicht erscheinen einige Aktienmärkte nach dem turbulenten Start ins Jahr 2016 überverkauft. Die saisonalen Faktoren wirken stützend (häufig notieren die Märkte in den ersten drei Monaten des Jahres stark) und kurzfristige Erleichterungsrallyes sind möglich. Dennoch ist Vorsicht angezeigt. Die Volatilität dürfte hoch bleiben, und angesichts der derzeitigen Positionen besteht das Risiko, dass die Tiefstände vom August 2015 erneut getestet werden.

Mit den besten Wünschen für eine Woche ohne Schmerzen,
Greg Meier US Investment Strategist, Vice President

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