Allianz | Frankfurt, 07.11.2014.
Die Bank of Japan (BoJ) drückt den Fuß nochmals auf das geldpolitische Gaspedal. Beschwingt von der Ankündigung der japanischen Notenbanker, ihre jährlichen Assetkäufe auf 80 Bio. Yen aufzustocken, nachdem das Inflationsziel von 2% (exkl. des Mehrwertsteuereffekts) zunehmend außer Reichweite geraten zu sein scheint, erreichte der Nikkei zu Wochenbeginn den höchsten Stand seit sieben Jahren (siehe Grafik der Woche). Die für Frühjahr 2015 anvisierte zweite Runde der Steuererhöhung sollte nun allerdings wahrscheinlicher geworden sein. Derweil aktivierte die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer Ratssitzung wie erwartet „den Tempomat“ und beschloss keine neuen Maßnahmen. Sollten die Abwärtsrisiken für die Inflation laut „Survey of Professional Forecasters“ (nächsten Donnerstag veröffentlicht) gestiegen sein, dürften Marktspekulationen um ein groß angelegtes Staatsanleihekaufprogramm jedoch kaum Rast einlegen.
Wenig überraschend beließ auch der geldpolitische Ausschuss der Bank of England (BoE) die Bank Rate und das Anleihekaufvolumen unverändert bei 0,5% bzw. 375 Mrd. GBP. Der jüngste Inflationsrückgang auf 1,2% hatte den Tauben innerhalb der BoE Rückhalt gegeben.
Während das Bullenlager an den internationalen Finanzmärkten von der Liquiditätsschwemme der Zentralbanken Auftrieb erhält, wiegt im Bärenlager vor allem die Sorge um die Konjunkturentwicklung schwer. Frühindikatoren, wie der globale Einkaufsmanagerindex für die Industrie, deuten zwar auf ein dem Potenzialwachstum entsprechendes oder leicht darüber liegendes Weltwirtschaftswachstum in den kommenden Monaten hin. Die Abwärtsrisiken haben sich jedoch erhöht – die Konjunktur wird von mehreren Faktoren, darunter die geopolitische Unsicherheit, ausgebremst.
Mit Argusaugen beobachten Investoren insbesondere die Wirtschaftslage im Euroraum, auch weil der Kreditschöpfungsprozess nach wie vor stottert. Die Erholung werde langsam vonstatten gehen, so auch die Einschätzung der neuen EU-Kommission in ihrer am Dienstag veröffentlichten Herbstprognose. Ob „nach dem Banken-TÜV ist vor der Kreditvergabe“ gilt, bleibt abzuwarten. Zumindest lässt der jüngst veröffentlichte „Bank Lending Survey“ (BLS) auf großzügigere Kreditbedingungen im vierten Quartal hoffen. Ermutigend ist auch, dass die Banken, die laut BLS keine Inanspruchnahme des gezielten Langfristtenders am 11. Dezember planen, dies eher mit ausreichend anderweitigen Finanzierungsquellen begründen – und weniger mit einer unzureichenden Kreditnachfrage.
Dass die Berichtssaison zum dritten Quartal in Europa, und insbesondere in den USA, mit positivem Grundtenor verlaufen ist, deutet auf ein gut geöltes Triebwerk der Wirtschaft, die Unternehmen, hin. Die USA, aber auch das Vereinigte Königreich und die asiatischen Schwellenländer bleiben Impulsgeber für die Weltwirtschaft.
Interessant für die Marktteilnehmer dürfte in der kommenden Woche daher sein, ob die chinesischen Industrieproduktionszahlen für Oktober (Mi) an ihre deutliche Erholungsbewegung vom September anknüpfen können.
Unterdessen hält in den USA der Aufschwung am Arbeitsmarkt an – das zeigte der am Mittwoch veröffentlichte ADP-Arbeitsmarktbericht für Oktober – und sollte, gemeinsam mit fallenden Energiepreisen, den privaten Konsum stützen. In der kommenden Handelswoche dürften die Einzelhandelsumsätze für Oktober und die Verbraucherstimmung der Uni Michigan (beide Fr) unseren positiven Ausblick für den US-Konsum untermauern.
In Großbritannien rückt am Mittwoch der vierteljährliche Inflationsbericht der BoE in den Blickpunkt. Dabei gilt: Je verhaltener der Inflationsausblick, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die britischen Zent-ralbanker die Zinswende hinauszögern. Allerdings hatte die Pfund-Aufwertung bislang den binnenwirtschaftlichen Kostendruck kaschiert – und dieser Effekt könnte nun allmählich auslaufen.
Im Euroraum wiederum dürften die Industrieproduktionsdaten für September (Mi) und vorläufigen BIP-Zahlen für das dritte Quartal (Fr) unterstreichen, dass mit Blick auf die Wachstumsperspektiven zuneh-mend zwischen „reformierten“ und „reformrückständigen“ Mit-gliedsländern unterschieden werden muss – statt zwischen „Kern“ und „Peripherie“.
Während also die EZB und die BoJ (wenigstens) im Tempomat-Modus bleiben, dürften die beiden angelsächsischen Zentralbanken allmählich das Tempo drosseln – aber noch nicht bremsen. Was lässt dies in den kommenden Monaten für die Finanzmärkte erwarten?
„Finanzielle Repression“ in Form niedriger Zinsen ist und bleibt der wichtigste Treiber hinter der Suche der Anleger nach positiver realer Rendite.
Investoren sollten sich auf eine anhaltend kurvenreichere Strecke einstellen. In welchem Maße die Volatilität bei Risiko-Vermögensklassen steigt, hängt dabei entscheidend von einem sorgfältigen Erwartungsmanagement der angelsächsischen Zentralbanken im Hinblick auf ihre Exit-Strategien ab.
Es empfiehlt sich, „auf allen Reifen zu fahren”, also breit über die Vermögensklassen zu streuen.