SJB | Korschenbroich, 24.11.2014. Hat die USA ihre Finger im Spiel? Oder gibt es einfach mehr Öl? Uwe Zimmer, Vorstand der Vermögensverwaltung Meridio, über die Gründe für den sinken Ölpreis.
Der Ölpreis sackt immer weiter ab, obwohl mit dem Nahen Osten eine der wichtigsten Förderregionen einmal mehr in Aufruhr und Chaos versinkt. Gelernt ist, dass der Ölpreis dann steigt. Dass es trotzdem abwärts geht hat mehrere Gründe. Einige davon bewegen sich wie immer am Rande der Verschwörungstheorie. Eine lautet, dass die USA die Ölpreise künstlich drücken, um Russland in die Knie zu zwingen. Schließlich hängt ein großer Teil des russischen Staatshaushaltes und des Reichtums der russischen Oligarchen am Öl. Fällt der Öl-Preis, so geht die Theorie, fallen auch die Gewinne und fallen die Einnahmen des Staates.
Das destabilisiert Russland, Putins Macht erodiert und der Westen fährt einen Sieg ohne Kampf ein. So weit so gut. Genannt wird auch, dass sich die OPEC über sinkende Ölpreise wieder mehr Macht verschaffen möchte. So liegen die Förderkosten für Öl in manchen der Nicht-OPEC-Staaten höher. Ein länger andauernder Preisverfall könnte also Konkurrenten zum Aufgeben bewegen – und so die Macht der OPEC wieder festigen. Allerdings ist es auch für viele OPEC-Staaten nicht einfach, längere Niedrigpreis-Phasen durchzuhalten. Auch hier haben sich die Regierungen an die Öl-Einnahmen gewöhnt und versorgen ihre oft stark wachsenden Bevölkerungen daraus.
Ein anderer Grund – und da wird es konkreter – ist das gewachsene Angebot an Öl. Schließlich haben in den Zeiten sehr hoher Preise viele Förderländer in Erschließung und Ausbau von Ölfeldern investiert. So etwa auch in den USA, wo durch alternative Techniken jetzt wesentlich mehr eigenes Öl gewonnen wird und das Fracking sogar dazu führen könnte, die USA komplett unabhängig von Öleinfuhren zu machen. Dazu kommt – und jetzt sind wir bei der Zukunft der Ölwirtschaft – eine sinkende Nachfrage. Seit Jahrzehnten nimmt der Anteil des Öls am gesamten Energiemix ab.
Dieser Trend beschleunigte sich in den vergangenen Jahren. Alternative, regenerative Energiequellen werden mit Milliarden-Subventionen gestützt und ausgebaut. Das sollte die Öl-Nachfrage zunächst nicht sehr beeinflussen, wird Öl doch nur in recht geringem Maße zur Stromerzeugung eingesetzt. Ein wesentlich wichtigeres Element ist der Verkehr, in den mehr als die Hälfte des Öls fließt. Und hier zeichnen sich tatsächlich Veränderungen ab. Gespeist von Strom aus zunehmend regenerativen Quellen rückt der Verkehr ab von seiner Fixierung auf das Öl. Elektromobilität wird gefördert, wo es geht – ebenfalls mit viel Geld. Und so gering der Anteil derzeit noch sein mag, er steigt. Und er steigt weiter in den kommenden Jahren. Angesichts der Bedeutung des Verkehrs als Ölnachfrager sind hier schon geringe Verschiebungen spürbar – und drücken dauerhaft auf die Preise.
Das heißt nicht, dass der Ölpreis in den kommenden Jahren nur noch eine Richtung kennen wird. Es wird wieder gute Argumente für steigende preise geben, vielleicht Krisen, vielleicht Angebotsverknappungen. Und so richtig loslassen will ja auch noch niemand vom Öl. Aber in der Tendenz wird weniger Öl gebraucht – und damit werden die Preise sinken.
Von: Uwe Zimmer
Quelle: DAS INVESTMENT.