Stetige Geldzuflüsse haben ausgewählte Mischfonds zu Milliarden-Vehikeln anschwellen lassen. Der Erfolg gibt diesen Top-Fonds recht. Doch es gibt auch kleinere Alternativen, die mit den Großen prächtig mithalten können.
Es gibt sie immer wieder – jene Telefonate, die so ganz anders sind, als man es zunächst erwartet. Zum Beispiel der Anruf bei der Hamburger Vermögensverwaltung SPSW Capital. Anders als bei anderen Fondsgesellschaften ließ der Mitarbeiter keinen Zweifel daran, dass er lieber diskret unter dem Medienradar fliegt. Immerhin gab er die Durchwahl zum Manager des Mischfonds WHC Global Discovery heraus – einer wahren Perle.
Doch welche Unterschiede tun sich hier auf? Der Discovery-Fonds soll nicht größer als 150 Millionen Euro werden, kündigt Fondsmanager Markus Wedel an. Gern gesehen sind langfristig orientierte Anleger, die nicht gleich beim kleinsten Börsenbeben das Weite suchen. Das ist das eine Extrem im Geschäft mit Mischfonds.
Das andere besteht aus einigen wenigen Mischfonds, die seit Jahren kontinuierlich Geld einsammeln und zu milliardenschweren Platzhirschen angeschwollen sind. Der Branchendienstleister MMD stellt fest, dass drei Viertel des in Mischfonds angelegten Geldes auf die 30 größten Produkte fallen. Im Gegenzug enthalte jeder vierte der rund 2.000 untersuchten Fonds weniger als 15 Millionen Euro. Normalerweise zum Überleben zu wenig.
MMD-Geschäftsführer Norbert Neunhoeffer sieht das mit Argwohn und wünscht sich Vielfalt. „Anleger sollen sich entscheiden können, welche Strategie zu ihnen passt. Kleinere Häuser bieten mit ihren kürzeren Entscheidungswegen und oftmals pragmatischen Lösungen interessante Alternativen zu den großen Produkten, die jeder kennt“, sagte er dem „Finanz Monitor“.
Die fünf gefragtesten Mischfonds des ersten Halbjahrs
Somit ist es eine gute Idee, einmal die fünf bestverkauften Mischfonds der ersten Jahreshälfte in Europa herauszusuchen. Dazu den Flossbach von Storch Multiple Opportunities, der in Deutschland seit Jahren in den Topseller-Listen zu Hause ist und auch 2015 schon wieder mehr als eine Milliarde Euro eingesammelt hat. Diese Fonds dienen als Maßstab, um gleichwertige Konkurrenzprodukte herauszufischen, die ein paar Nummern kleiner sind. Kriterien sind Performance und Volatilität auf Sicht von drei Jahren und eine maximale Fondsgröße von einer Milliarde Euro.
Wobei gerade das letztere Kriterium mit Vorsicht zu genießen ist. Denn viele Mischfonds sind nur der öffentlich sichtbare Teil einer Gesamtstrategie. „Viele Mischfonds haben noch eine oder mehrere Spiegelstrategien für Großanleger“, erklärt Jean Médecin, der bei der Fondsgesellschaft Carmignac Gestion im Investment-komitee sitzt. Der Carmignac Patrimoine bringt inzwischen 28 Milliarden Euro auf die Waage. Aber es gebe eben keine Dunkelziffer wie bei anderen Anbietern. Beim Patrimoine sei alles transparent. Das große Fondsvolumen betrachtet Médecin gelassen: „Er ist von vornherein als Fonds konzipiert, der mit großem Volumen arbeiten kann.“
Michael Schoenhaut, Manager des JP Morgan Global Income, sieht in den Geldzuflüssen sogar Vorteile. Wenn er im Portfolio umbaut, muss er für neue Positionen nicht zwangsläufig bestehende Positionen verkaufen. „Aber wir beobachten die Zuflüsse natürlich sehr wachsam, da sicherzustellen ist, dass unsere Flexibilität und damit unser Investmentprozess nicht eingeschränkt wird“, so der Fondsmanager.
Kritisch sind dagegen die Analysten von Morningstar. Sie weisen darauf hin, dass der Flossbach-Fonds und der Ethna-Aktiv von Ethenea früher gute Gewinne aus Nebenwerten herausholten. Was nun natürlich nicht mehr möglich sei. Von Stockpicking ist in der Strategie des Ethna-Aktiv in der Tat nichts mehr zu sehen. „Wir verfolgen einen makroökonomischen Top-down-Ansatz, der uns viele Möglichkeiten eröffnet, und sind daher von der Größe, die unsere Effizienz beeinflussen könnte, noch weit entfernt“, beruhigt Fondsmanager und Firmenmitgründer Luca Pesarini, bestätigt aber zugleich, dass er tatsächlich nur „in entsprechend großkapitalisierte Aktienpositionen oder Anleihen mit einer gewissen Größe“ investieren könne.
Wenn man die Vergleichsgruppen nach ähnlich erfolgreichen Fonds durchforstet, erkennt man zwei Dinge. Erstens: Die Topseller stehen zu Recht dort oben und zeigen teils hervorragende Werte. Beim Ethna-Aktiv mussten wir die Auswahlkriterien lockern, um überhaupt konkurrenzfähige Produkte zu finden. Und zweitens: Es findet sich trotzdem die eine oder andere kleine, wendige und erfolgreiche Perle.
Verdoppeln ist möglich
Zum Beispiel der eingangs erwähnte WHC Global Discovery, der von allen entdeckten Mischfonds die höchste Sharpe Ratio erreicht. Eine vorgegebene Struktur hat er nicht, sie entsteht dadurch, wo der ehemalige Investmentbanker Markus Wedel wertorientiert die besten Möglichkeiten findet. Das sind vor allem europäische Nebenwerte, die mit Marktindizes nichts zu tun haben und sich meist unabhängig vom allgemeinen Börsengeschehen entwickeln. „Da kann sich auch mal was verdoppeln“, erzählt der Fondsmanager.
Wedel denkt unternehmerisch und will sich immer zunächst mit den Vorständen der Unternehmen treffen. Außen vor bleiben Biotech-Werte und Banken: „Davon verstehen wir nichts.“ In den Mainstream wechselt er nur, wenn der Markt seiner Meinung nach übermäßig ausgebombt ist. Dann greift er auch mal Schnäppchen ab.
Insgesamt erzeugt die Analyse eine bunte Mischung aus Mischfonds. Große Fondsgesellschaften (Fidelity, Blackrock) tauchen ebenso auf wie etablierte Nordlichter (Jyske Invest, Sparinvest) und kleine, feine Boutiquen (Spirit Asset Management, Security Kapitalanlagegesellschaft, Hellerich Vermögensverwaltung).
Auch die Ansätze unterscheiden sich: So setzt Fondsmanager Eckhard Sauren in seinem Dachfonds Sauren Global Balanced nach wie vor auf aktive Fondsmanager und schert sich nicht um Markt-Timing. Bei Fidelity nutzt man dagegen meist hauseigene Zielfonds und wählt nach einem Top-down-Ansatz die Anlageklassen nach ihrem wirtschaftlichen Umfeld aus. Fondsmanager David Bakkegaard Karsbøl von Sparinvest geht hingegen nach quantitativen Kriterien vor und sucht unterbewertete Anleihen und Aktien. Das Portfolio ist über mehr als tausend Positionen gestreut.
Der Hellerich Global Flexibel besteht aus drei Teilen: Der Alpha-Teil enthält Aktien und aktiv gemanagte Aktienfonds, im Beta-Teil stecken Indexfonds, und der Absolute-Return-Teil soll über Anleihen, Rentenfonds, offene Immobilienfonds und Hedgefonds besonders stetig laufen. Je nach Marktlage werden die drei Teile gewichtet. Und im Superior 3 Ethik vom Bankhaus Schelhammer & Schattera kommen zusätzlich nachhaltige Kriterien zum Einsatz. Damit sind beispielsweise Atomenergie, Waffen, Umweltverschmutzung und Länder mit Todesstrafe ausgeschlossen. Das Portfolio richtet sich zu gleichen Teilen nach diesen, aber auch nach normalen wirtschaftlichen Kriterien.
Die Fondsvolumen bewegen sich zwischen komfortablen mehreren Hundert Millionen Euro und schon beinahe zu wenigen 11 Millionen Euro (Weltkap-Invest). Markus Wedel hat noch Platz für gut 40 Millionen Euro, dann will er seinen Fonds schließen. Definitiv.
GRAFIK: Die Dickschiffe und ihre Alternativen. Diese Perlen können mit den Milliarden-Mischfonds mithalten.
Von: Andreas Harms
Quelle: DAS INVESTMENT.