Das Investment: Oliver Vins: „Angesichts von Mifid II ist digitale Anlageberatung ideal“

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Robo-Advisor Vaamo arbeitet seit einigen Monaten als Vermögensverwalter mit Lizenz nach Paragraf 32 KWG. Das Unternehmen will sein Geschäftsmodell außerdem mehr in den B2B-Bereich verlagern. Im Interview erläutert Gründer und Co-Chef Oliver Vins die Idee dahinter.
DAS INVESTMENT.com: Herr Vins, wie kamen Sie eigentlich darauf, einen Robo-Advisor zu gründen?
Oliver Vins: Ich war nach Banklehre und Studium acht Jahre lang bei der Unternehmensberatung Mc Kinsey tätig und hatte Kontakt zu vielen Banken. Da war das Thema Digitalisierung noch kaum auf dem Schirm, nach dem Motto: „Interessiert uns nicht, betrifft uns nicht“. Noch 2012 war es in der Hierarchie weit unten angesiedelt. Seitdem hat sich allerdings viel getan. Heute behandeln es die großen Häuser auf Vorstandsebene.

Das Zweite ist – und das sehe ich noch lange nicht gelöst: Für den normalen Privatkunden gibt es oft keine vernünftige Möglichkeit, am Kapitalmarkt Geld anzulegen. Einfache, faire und transparente Lösungen sind immer noch selten. In den meisten Bankfilialen gibt nach wie vor keine ETFs. Selbst wenn Kunden sie haben wollen, werden sie ihnen nicht verkauft.

Sie verdienen durch die geringen Gebühren kaum etwas daran.

Vins: Genau. Heute lässt sich allerdings mit traditionellen Anlagen wie Lebensversicherungen, Bausparen und Tagesgeldkonten kein Vermögen mehr aufbauen. Andererseits steigt der Bedarf nach privatem Vermögensaufbau. Aus der Rentenversicherung ist nicht mehr viel zu erwarten. Und der große demografische Knick steht erst noch bevor. Der Bedarf vorzusorgen ist gigantisch. Eigentlich gibt es keine andere Möglichkeit, als am Kapitalmarkt Geld anzulegen. Die Zeit ist reif für eine einfache digitale Lösung. So bin ich zu Vaamo gekommen. Gegründet haben wir das Unternehmen 2013. Seit September 2014 sind wir live am Markt.

Sie haben Vaamo vor einigen Monaten von Anlagevermittlung auf Vermögensverwaltung umgestellt. Welche Idee steckte dahinter?

Vins: Wir waren zwei Jahre im Vermittlungsgeschäft tätig. Da musste sich der Kunde selbst für eine Lösung entscheiden. Jetzt können wir den Kunden befragen und eine konkrete Anlageempfehlung geben, die zu seinem Risikoprofil passt. Das hatten viele Kunden eingefordert. Zukünftig werden wir wir möglicherweise auch Finanzplanung anbieten – das Thema steht mittelfristig auf unserer Agenda.

Wie stellt sich der Sprung von Produktvermittlung in die Anlageberatung für Ihre Kunden konkret dar?

Vins: Der Prozess am Anfang, das sogenannte Onboarding, ist anders. Früher bekam der Kunde Informationen und konnte zwischen drei Portfolien wählen. Jetzt tritt er in einen Dialog ein, quasi in einen Chat – wir lehnen uns im Design an WhatsApp und andere Messenger-Dienst an – und beantwortet zehn bis 15 Fragen. Daraus bestimmen wir sein Risikoprofil, seine Risikotragfähigkeit und empfehlen eine konkrete Strategie.

Der Kunde wird jetzt viel stärker geführt und erhält eine klare Empfehlung. Der Prozess ist zwar etwas aufwendiger und dauert anfänglich länger, aber die Kunden brechen ihn trotzdem nicht häufiger ab. Im Gegenteil. Es funktioniert sehr gut.

Was bekommt ein Kunde genau, wenn er bei Vaamo anlegt?

Vins: Wir wählen aus einem Spektrum von über 1.500 in Deutschland zugelassenen ETFs oder Indexfonds aus. Alle Portfolien enthalten zehn bis zwölf Produkte. Es sind jeweils immer die gleichen Fonds. Sie werden nur unterschiedlich gewichtet.

Ein traditioneller Berater kann seine Kunden vielleicht auch durch einen guten persönlichen Eindruck überzeugen. Ihre Kunden sitzen einfach vor dem Computerbildschirm oder dem Smartphone. Empfinden Sie das nicht als Nachteil?

Vins: Ich sehe da naturgemäß jede Menge Vorteile: Es gibt ein immer größeres Kundensegment, das für solche Dienstleistungen nicht in eine Bankfiliale gehen will. Man bestellt heute Schuhe übers Internet, was man vor fünf Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Da ist Geldanlage auch einfach nur ein digitales Produkt. Das geht schnell und ist papierlos.

Außerdem ist unsere Beratung sehr standardisiert. Jeder Kunde, der Vaamo nutzt, antwortet auf dieselben Fragen und wird gleich beurteilt. Das bringt Objektivität und Qualität in den Prozess.

Aber auch Kosten spielen für die Kunden eine Rolle. Die Leute wissen, dass sie in einer Bankfiliale mit Berater deutlich mehr bezahlen. Bei uns gibt es eine transparente und kostengünstige Service-Gebühr.

Außerdem ein größerer Trend: Banken wollen sich zunehmend aus dem Geschäft mit normalen Privatkunden zurückziehen. Eine richtige Beratung für eine Geldanlage unter 50.000 Euro lohnt sich kaum. Wenn ein Kunde 10.000 Euro anlegen will und die Bank dafür vielleicht ein Prozent bekommt, verdient sie gerade mal 100 Euro. Viele Banken suchen Wege, sich aus diesem Geschäft zurückzuziehen – oder es digital anzubieten.

Woher kommt das Geld, das bei Ihnen angelegt wird? War es irgendwo anders angelegt und schichten die Leute es um – oder kommt es aus ganz neuen Quellen?

Vins: Ich würde sagen, dass es vor allem von Spar- und Girokonten kommt. Aber ich schränke gleich ein: Es kommt mehrheitlich von Leuten, die sich mit Kapitalanlageprodukten auskennen.

Woher wissen Sie das – Sie treffen Ihre Kunden doch gar nicht.

Vins: Wir machen regelmäßig Umfragen und veranstalten Gruppengespräche, zu denen wir Kunden und Nichtkunden einladen. Außerdem ist unser Kundenservice jederzeit per Chat, Telefon und E-Mail erreichbar. Da kriegen ein gutes Gefühl dafür, wer unsere Kunden sind.

Seitdem wir Vermögensverwalter sind, bekommen wir sogar noch etwas mehr mit: Wir fragen ja am Anfang ab, welche Erfahrung unsere Kunden bei der Geldanlage haben.

Sind es also vor allem Finanzcracks, die bei Ihnen anlegen?

Vins: Unsere Kunden sind nicht unbedingt finanzaffin. Sie haben zwar Vorwissen, aber keine Lust oder Zeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Grundsätzlich haben sie jedoch verstanden, dass es Sinn macht, Geld am Kapitalmarkt anzulegen.

Neben der Vermögensverwaltung haben Sie noch ein weiteres Standbein entwickelt: Kooperation mit Banken. Wie kam es dazu?

Vins: Das war unser zweiter große Schritt. Wir kooperieren jetzt mit Banken und Finanzdienstleistern und theoretisch auch Versicherungen. Das Endkundengeschäft ist zwar für uns und unsere Marke sehr wichtig und wir werden es beibehalten. Aber wir haben unseren Schwerpunkt auf das B2B-Geschäft verlagert.

Was bieten Sie B2B genau an?

Vins: Die komplette Robo-Advisor-Wertschöpfungskette, also die komplette Technologie, die hinter Robo-Advisory steht. All das, was wir im Endkundengeschäft auch anbieten: Dass die Kunden sich onboarden und legitimieren, Konten eröffnen und Geld anlegen können. Und dann die Möglichkeit haben, es zu überwachen und zu verwalten – plus das organisatorische Drumherum.

Das bieten wir modular an: Unsere Investmentlösung kann Teil eines Pakets sein, muss es aber nicht. Gerade Banken sehen im Asset Management ja durchaus ihre Kernkompetenz und wollen sich weiterhin auf die eigene Hausmeinung berufen. Wir gehen flexibel auf die Wünsche der einzelnen Häuser ein.

Mit welchen Anbietern arbeiten Sie zusammen?

Vins: Wir sind zum Beispiel wesentlicher Outsourcing-Partner der Santander Bank. Das heißt übrigens auch, dass wir alle Anforderungen in Compliance-Fragen erfüllen müssen, die Santander auch erfüllen muss. Das ist schon weitreichend. Dann haben wir mit der Mobile-Bank N26 eine Kooperation, für die wir das Investmentprodukt bereitstellen. Und lokal arbeiten wir mit der 1822 zusammen, der Direktbank-Tochter der Frankfurter Sparkasse.

Das Endkunden-Geschäft führen Sie aber trotzdem weiter?

Vins: Ja, das machen wir weiter ohne Einschränkungen und planen es auch weiterhin. Aber wir setzen hier auf profitableres Wachstum. Wenn man anfängt, im Endkundenbereich richtig Gas zu geben, schießen auch die Kosten in die Höhe. Wir wollen in dem Bereich weiter zu wachsen, aber mit Augenmaß.

Sie sagten vor einiger Zeit in einem Interview mit unserem Portal, dass Kunden bei Ihnen schon ab einer Anlagesumme von 5.000 Euro profitabel seien. Das klingt nach wenig. Würden Sie das immer noch so sehen?

Vins: Ja, und das macht es gerade für Banken attraktiv, mit uns zu kooperieren. Die Innovation, das Digitale, finden alle schick. Aber der eigentliche Treiber ist: Die Banken erkennen, dass sie mit solchen Lösungen breitere Kundenschichten sehr gut bedienen können. Gerade vor dem Hintergrund von Mifid II ist digitale Anlageberatung eine sehr gute Lösung für das Wertpapiergeschäft.

Von: Iris Bülow
Quelle: Das Investment

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