Das Investment: Der positive Ölpreis-Schock

SJB | Korschenbroich, 13.10.2014. sjb_werbung_das_investment_300_200In letzter Zeit ging der Ölpreis deutlich züruck. Warum auch die Kapitalmärkte davon profitieren dürften, erklärt Martin Hüfner, Chefvolkswirt vom Assenagon Asset Management.
Der Ölpreis ist in den letzten vier Monaten um 20 Prozent gesunken. Das dürfte angesichts der schwächeren Weltwirtschaft noch nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Niedrigere Ölpreise sind positiv für das Wachstum der Ölimportländer. Für Deutschland könnte der Effekt wenigstens 0,3 Prozentpunkte pro Jahr betragen. Auch die Kapitalmärkte dürften profitieren. Jeder redet heute über die Risiken und Gefahren für die weitere wirtschaftliche Entwicklung.

Da ist es an der Zeit, auch einmal auf Chancen zu schauen. In diesen Tagen geht der Ölpreis deutlich zurück. In der Vergangenheit haben Steigerungen des Ölpreises immer zu erheblichen Belastungen des Wachstums geführt. Könnte ein niedrigerer Ölpreis der Konjunktur neue Impulse geben?

In den letzten vier Monaten hat sich der Ölpreis um 20 Prozent verringert (von 114 auf 92 Dollar je Barrel). Das war mehr als die meisten erwartet hatten. Es ist im Wesentlichen durch niedrigere Nachfrage und höheres Angebot bedingt.

Es muss noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Die Weltkonjunktur schaltet einen Gang herunter. Da wird auch weniger Öl gebraucht. Die Energiesparbemühungen halten an. Andererseits ist der Boom mit dem Fracking vor allem in den USA noch nicht vorbei (auch wenn sich mit sinkendem Ölpreis die skeptischen Stimmen mehren)
Sie macht auch deutlich, dass der Ölpreis auf dem jetzigen Niveau immer noch relativ hoch ist. Vor fünf Jahren kostete Brent weniger als 70 Dollar, vor zehn Jahren sogar weniger als 50 Dollar.

Freilich werden wir kaum auf solche Niveaus zurückkommen. Denn in den letzten Jahren hat sich die Ölförderung deutlich verteuert. Manche sagen, dass die Kosten des Frackings um 70 Prozent über denen der herkömmlichen Ölförderung liegen.

Man sollte die Erwartungen in einen weiteren Preisrückgang also nicht zu hoch schrauben. Wir werden nicht wieder auf 40 Dollar kommen wie 2008. Bleiben wir beim jetzigen Preisrückgang von 20 Prozent. Wie wirkt sich das aus?

Deutschland hat im vergangenen Jahr Öl und Gas im Wert von knapp 100 Milliarden Euro importiert. (Erdgas ist ebenfalls erheblich billiger geworden). 20 Prozent Preissenkung entsprechen einer Ersparnis von 20 Milliarden Euro.
Freilich muss man berücksichtigen, dass sich der Euro in den letzten vier Monaten gegenüber dem Dollar abgewertet hat. Der Europreis ist also weniger gefallen als der Dollarpreis.

Somit verbleibt eine Ersparnis für die deutsche Volkswirtschaft von rund 10 Milliarden Euro. Das entspricht etwa 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist nicht wenig. So etwas hat schon Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft.

Zunächst profitieren davon die privaten Haushalte. Sie bezahlen direkt weniger für Autofahren und Heizen. Auf Dauer, wenn sich die Preissenkungen für Energie in der Volkswirtschaft auch auf andere Preise auswirken, wird auch manches andere billiger.

Damit steigt die Kaufkraft der Konsumenten. Sie haben mehr Geld, andere Dinge zu kaufen. Positiv wirkt sich die Preissenkung für Öl und Gas auch auf die Investitionen aus.

Die Unternehmen werden bei den Kosten entlastet. Die Gewinnmarge steigt. Sie können mehr Geld für neue Anlagen ausgeben. Hier ist der Effekt allerdings nicht so zwingend wie beim Konsum.

Denn in vielen Fällen fehlt es den Unternehmen derzeit gar nicht an Geld für neue Maschinen und Ausrüstungen. Zudem werden bei niedrigeren Ölpreisen manche Vorhaben im Bereich der Energiesparmaßnahmen möglicherweise zurückgestellt.

Beim Export sieht die Sache nicht so gut aus. Zwar werden andere ölimportierenden Länder zum Beispiel in der europäischen Gemeinschaft mehr Geld haben, um in Deutschland einzukaufen.

Andererseits verringert sich die Nachfrage der Ölproduzenten. Dazu gehören die traditionellen Ölländer im Nahen Osten. Noch wichtiger aber sind inzwischen die USA. Hier wirken zwei Effekte.

Auf der einen Seite steigt die Kaufkraft der dortigen Verbraucher, die weniger für Benzin zahlen müssen. Auf der anderen Seite kommen manche Unternehmen des Energiesektors in Schwierigkeiten.

Es könnte durchaus sein, dass die US-Wirtschaft durch die niedrigeren Ölpreise nicht mehr so schnell expandiert, wie ursprünglich erwartet. Eine ganz neue Erfahrung für die Amerikaner.

Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Niedrigere Ölpreise verringern die Inflation. Das wäre bis vor kurzem positiv gesehen worden. Inzwischen weckt es Ängste vor einer Deflation. Das kann sich negativ auf die Stimmung auswirken.

Für die Zinsen ist eine niedrigere Geldentwertung positiv. Freilich sind die Kosten des Kredits inzwischen so niedrig, dass auch hiervon keine Impulse für das Wachstum zu erwarten sind. Negativ sind die Wirkungen auf die Umwelt. Es wird vermutlich wieder mehr CO2 in die Luft geblasen.

Das Fazit: Wenn die gesamtwirtschaftliche Ölrechnung in Deutschland um 10 Milliarden Euro sinkt, dann wird dies das Wachstum insgesamt positiv beeinflussen. Wie hoch der Effekt ist, ist schwer zu schätzen. Ich taxiere ihn aufgrund der vorgenannten Überlegungen auf mindestens 0,3 Prozentpunkte pro Jahr.

Das ist etwa so viel, wie durch die Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukrainekrise verloren gehen. Es ändert die Wachstumsaussichten nicht vollkommen. Es ist jedoch ein schönes Zubrot in einer Zeit, in der es so viele negative Faktoren gibt.

Für den Anleger

Die Ölpreissenkung ist positiv für die Kapitalmärkte. Die Zinsen könnten – auch von dem erreichten niedrigen Niveau – noch etwas weiter zurückgehen. Für die Aktien ist wichtig, dass sich die Gewinnmargen der Unternehmen erhöhen.

Interessant sind vor allem Firmen mit hohem Energiebedarf. Positiv müsste auch die Chemieindustrie betroffen sein. Verbrauchsgüterproduzenten profitieren von der höheren Kaufkraft der Konsumenten. Schlecht ist die Situation dagegen für die Ölindustrie.

Von: Martin Hüfner

Quelle: DAS INVESTMENT.

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