Mischfonds ist in den vergangenen Jahren viel Geld zugeflossen. Zu viel? Das haben wir die Anbieter von gemischten Portfolios und vermögensverwaltenden Fonds am deutschen Markt gefragt, die Produkte mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Euro aufweisen.
Mischfonds sind in den vergangenen drei Jahren massiv neue Kundengelder zugeflossen. Während Aktien- und Rentenfonds ihren Bestand in dieser Zeit um jeweils ein Fünftel steigerten, schwoll das Volumen der Mischportfolios in dieser Zeit mehr als 60 Prozent an. Daher fragten wir die Anbieter, wie lange dieser Trend anhalten kann?
Insgesamt 35 Asset Manager haben wir gefragt, ab welchem Fondsvolumen ihre mindestens eine Milliarde Euro schweren Mischportfolios beziehungsweise vermögensverwaltende Fonds die Pforten für neue Kundengelder schließen.
Die meisten Anbieter hielten sich bezüglich ihrer Pläne hierzu sehr bedeckt: Jeweils etwa ein Dutzend machte wie zum Beispiel M&G keine näheren Angaben, schloss ein Fonds-Closing wie zum Beispiel Ethenea aus beziehungsweise erklärte, dass eine Schließung derzeit (noch) kein Thema sei. Nur ein einziger Unternehmensvertreter legte sich mit einer konkreten Volumenangabe fest, die etwa dem Doppelten des aktuellen Niveaus entspricht.
GRAFIK: Der Mischfonds-Boom in Zahlen
„Derzeit gibt es keine Pläne, die Ausgabe von Anteilen ab einem bestimmten Volumen einzustellen“, antwortete beispielsweise Union Investment. „Die Frage nach einer Begrenzung von Mittelzuflüssen stellt sich im aktuellen Umfeld nicht“, hieß es von Allianz Global Investors. Und ein Sprecher von Franklin Templeton erklärte: „Wir sind weit davon entfernt, an eine Schließung zu denken.“ Fast wortgleich antwortet Fidelity Worldwide Investment und stellt fest: „Eine fixe Obergrenze des Volumens gibt es nicht.“
„Frage stellt sich derzeit nicht“
Auch nach Ansicht eines Deka-Sprechers auf unsere Anfrage zum mehr als 2 Milliarden Euro schweren Deka-Basisanlage A40 stellt sich die Frage nach einem Aufnahmestopp für den vermögensverwaltenden Dachfonds derzeit noch nicht: „Die Vielzahl an Publikumsfondsvehikeln in den berücksichtigten Asset-Klassen ermöglicht es, dem Vermögensmanagement eine ausreichend hohe Anzahl an Zielfonds in einzelnen Segmenten zu selektieren.“
Ein weiteres Argument für einen weiterhin unbeschränkten Zufluss in die Mischfonds sei eine globale Ausrichtung: „Da wir das Vermögen weltweit in verschiedene Anlageklassen investieren, steht uns ein sehr breites Investment-Universum zur Verfügung“, erklärt Peter Badstöber, der den Vertrieb von Pioneer-Fonds über die Hypovereinsbank leitet.
„Investition in hochliquide ETFs“
„Die Strategie wird dabei überwiegend durch die Investition in hochliquide ETFs umgesetzt“, so Badstöber zur Anlagestrategie der Fonds der Reihe HVB Vermögensdepot privat. „Deshalb lässt sich unser Investmentansatz auch mit einem hohen Fondsvolumen effizient realisieren.“ Eine Kapazitätsgrenze sei daher auch kein Thema.
„Was letztlich zählt, ist die Größe des Fonds im Bezug zu seiner Investmentstrategie“, kommentiert Didier Saint-Georges, Mitglied des Investmentkomitees der französischen Fondsgesellschaft Carmignac. „Bei einem gutlaufenden Fonds der Kategorie Small-Cap-Growth können Mittelzuflüsse gänzlich investiert werden.“
„Aber ab einem bestimmten Punkt wird der Fond nicht mehr in der Lage sein, ausreichend Opportunitäten am Markt zu finden, um das zur Verfügung stehende Kapital zu investieren“, so Saint-Georges weiter. „Zudem wird es mit weniger Opportunitäten immer schwerer, die gewünschte Performance zu erreichen.
Bei diesen Fonds droht die Schließung
Als wesentlichen Faktor für die Handlungsreiheiten eines Fondsmanager nennt Fidelity-Sprecher Christian Kronberger die Liquidität im Investment-Universum: „Vor allem bei unseren opportunistischen Investments in Alternative Anlagen spielt das eine Rolle.“ Ähnlich betont auch Saint-Georges von Carmignac die Wichtigkeit des Faktors Liquidität. „Je mehr hiervon vorhanden ist, desto weniger wichtig ist die Größe des Fonds.“ Sorgen bereitet einigen Anlegern derzeit zwar die geringer werdende Liquidität am Rentenmarkt. Doch den Mischfonds steht ein breites Spektrum an Asset-Klassen zur Verfügung.
Kandidaten für eine Fondsschließung seien daher eher andere Produkte: „Einige spezielle Fonds wie der Carmignac Euro Entrepreneurs oder Carmignac Emerging Discovery könnten sich eines Tages diesen Fragen gegenübersehen“, erklärt Saint-Georges. Genau das geschah Mitte 2014 auch beim Franklin Biotechnology Discovery Fund, der erst seit Wochenbeginn wieder Neuanlegern offensteht.
„Fonds-Strategie nicht verwässern“
Geboten ist ein solcher Schritt immer dann, wenn das Fondsvolumen so stark anwächst, „dass das Fondsmanagement seine Strategie nicht mehr wie vorgesehen umsetzen kann“, erklärt Frank Bremser, Sprecher der Deutsche Asset Management. „Weil das Anlageuniversum zu klein wird, könnte es zu Nachteilen für die Bestandskunden kommen – die Strategie würde verwässern.“
So begründete die Vermögensverwaltungssparte der Deutschen Bank auch, dass sie seit Mitte März keine neuen Anteile mehr des Fonds DWS Aktien Strategie Deutschland ausgibt. Erst wenn „sich das Fondsvolumen und die Marktkapitalisierung der deutschen Nebenwerte wieder in Einklang mit dem Investmentansatz des Fonds bringen lassen“, könne die Anteilsausgabe weitergehen.
„Teil des Risiko-Managements“
Auch bestehende DWS-Kunden können ihr Engagement nicht weiter aufstocken. Infrage kämen nämlich „die Schließung für neue oder für alle Anleger, für bestimmte Anlageinstrumente oder für bestimmte Arten von Investoren“, zählt Cherida Naughton vom Londoner Büro des US-Vermögensverwalters MFS Investment Management die zur Verfügung stehenden Optionen auf.
„Das Kapazitätsmanagement soll aus unserer Sicht dafür sorgen, dass der Fonds weiter Mehrertrag erzielen kann“, begründet die MFS-Sprecherin das Schließen von Investmentprodukten für weitere Zuflüsse zum Schutz der bestehenden Anleger. „Wir halten es daher für einen wesentlichen Teil unseres Risiko-Managements.“
„Soft Closure“ und „Hard Closure“
„Wir haben in unserem Haus zwei Stufen im Rahmen des Kapazitätsmanagements“, erklärt Annabelle Düchting, Sprecherin der US-Fondsgesellschaft J.P. Morgan Asset Management in Deutschland. „Bei einem ‚Soft Closure‘ sind von bestehenden Anlegern weiterhin Mittelzuflüsse möglich, gegebenenfalls sind diese dann aber im täglichen Handelsvolumen begrenzt.“
Bei einem „Hard Closure“ seien dagegen gar keine weiteren Mittelzuflüsse mehr möglich. Beide Arten von Fondsschließungen aus Kapazitätsgründen „dienen dem Schutz der bestehenden Anleger und sind deshalb ebenso sinnvolle wie wichtige Maßnahme“, so Düchting. „Wir haben dies in der Vergangenheit bereits häufiger für notwendig erachtet.“
Sauren legt Volumengrenze offen
Notwendig werden dürfte einer der skizzierten Maßnahmen zumindest bei der Kölner Sauren Fonds-Service nicht so schnell: Sauren-Vorstand Hermann-Josef Hall bewies als einziger Teilnehmer der Umfrage Transparenz und erklärte, die Obergrenze des Sauren-Fonds Global Defensiv liege zwischen 2 und 3 Milliarden Euro.
Das ist eine gute Nachricht für alle bestehenden und potenziellen Anleger des Fonds. Denn das Volumen könnte sich damit noch nahezu verdoppeln, bevor eine Begrenzung überhaupt in Betracht kommt.
GRAFIK: Offen für Neue: Der Club der Milliarden-Mischfonds
Von: Christian Hilmes
Quelle: DAS INVESTMENT.