Mischfonds sind derzeit Anlegers Lieblinge. Laut BVI-Statistik verzeichneten sie 2015 die mit Abstand höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds. Wie kommt dieser Trend zustande – und wie geht es weiter? DAS INVESTMENT hat sieben Vermögensverwalter um ihre Einschätzung gebeten.
Thomas Lange, Geschäftsführer von Lange Assets & Consulting
Mischfonds konnten im laufenden Jahr die höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds verzeichnen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Der Trend ist ganz klar darauf zurückzuführen, dass wir seit mehr als zwei Dekaden sinkende Zinsen erfahren und diese in Europa gen 0 Prozent tendieren. Es wird für Rentenmanager zunehmend schwieriger ein, zufriedenstellendes Risiko-/ Renditeprofil zu erzielen. Allerdings sind die guten Jahre der Mischfonds auch endlich. Die letzten Jahre konnten die Mischfonds über immer weiter sinkende Zinsen hohe Kursgewinne verbuchen und haben teilweise weit über ihr eigentliches Risiko-/ Renditeprofil Gewinne erzielt.
Wir sind dieses Jahr in der Schweiz bei negativen Zinsen angekommen. Kursgewinne aus älteren Anleihen wird es nur noch vereinzelt geben. Unseres Erachtens wird es auch für die Mischfonds schwieriger, an die Renditen der Vorjahre anschließen zu können. Wir können in den einen oder anderen Konzepten bereits feststellen, dass risikoreichere Assets (wie zum Beispiel Hochzinsanleihen) höher gewichtet werden, um die Rendite stabil zu halten, oder auch dass allgemein die Aktienquote im Rahmen der Anlagerichtlinien historisch ausgeweitet wird. Wir gehen bei den Mischfonds davon aus, dass sich vielfach die Risikobereitschaft der Fondsmanager erhöhen wird.
Thomas Hünicke, Geschäftsführer der WBS Hünicke Vermögensverwaltung GmbH, Düsseldorf
Mischfonds konnten im laufenden Jahr die höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds verzeichnen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Da wir am Ende eines dreißigjährigen Zinszyklus stehen, haben Rentenfonds bei steigenden Zinsen und in einer Phase, in der das Zinsniveau sehr tief seitwärts läuft, einen schweren Stand. Bei den Mischfonds werden aufgrund der großen Anzahl kleinerer Mischfonds viele nicht überleben.
Thomas Brehmer, geschäftsführender Gesellschafter von Brehmer & Cie. – Family Office Unabhängige Vermögensberatungsgesellschaft, Frankfurt am Main
Mischfonds konnten im laufenden Jahr die höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds verzeichnen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Das liegt an den niedrigen Zinsen für alle Anleihen mit vertretbarem Risiko und der viel höheren Flexibilität der Mischfonds. Woher soll ein Anleihefonds momentan seine Rendite beziehen? Dies geht nur über hohes Risiko mit riskanten Anleihen. Solange die Zinsen niedrig bleiben, wird dieser Trend anhalten.
André Bittner, Geschäftsführer Bittner & Cie.
Mischfonds konnten im laufenden Jahr die höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds verzeichnen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Hier würde ich sagen Glück gehabt, denn so hat der Privatanleger nicht das volle Zinsänderungsrisiko zu fürchten und einen Anteil im Sachwert Aktie, ohne sich selbst um das Management zu kümmern. Da wir in Deutschland keine Aktienkultur haben und diese auf lange Sicht auch nicht bekommen, ist dieser Schritt kein Fehler. Der Anleger erwartet, dass der Fondsmanager bei Marktveränderungen das Richtige tut – manchmal jedoch vergeblich.
Einige können es jedoch und haben dies auch bei genauerer Betrachtung über unterschiedliche Zyklen bewiesen. Wie die Akteure in Zukunft mit Änderungen der Zinsseite und der Aktienauswahl umgehen und welche Renditequellen erschlossen werden, sollte man sich genauer ansehen. In der Praxis zeigt sich im Vergleich häufig, dass gute Mischfonds diskretionären Mandaten ebenbürtig sind und den Vergleich nicht scheuen müssen. Erfolgreiche Vermögensverwalter setzten für Teilbereiche Ihrer Depots selbst Wertpapierfonds ein, um diese Teilbereiche von den fähigsten Kollegen managen zu lassen.
Zudem würde die Aussage zu den individuellen Mandaten jedes Family Office Lügen strafen, denn auch hier haben sich die einzelnen Vermögensverwalter übergeordneten Anlagerichtlinien und Guide Lines zu unterwerfen und müssen ihren Job machen (unter dem Gesichtspunkt eines strukturierten Investmentprozess, ohne dass die Gesamtallokation und die gesamte Risikosteuerung beim einzelnen Vermögensverwalter liegt).
Selbst das Argument, dass manche Mischfonds zwischen null und 100 Prozent Aktienquote entscheiden können, muss nicht zwingend ein K.O.-Kriterium sein, managt der Fondsmanager doch aus seiner Sicht nur ein Depot und kann innerhalb der Anlagerichtlinien und des Investmentprozesses frei entscheiden, schnell reagieren und Absicherungen flexibel und kostengünstig einsetzen. Wenn dieser Fonds 10 Prozent der Gesamtallokation beim Kunden ausmacht, ändert sich die Aktienquote um maximal 10 Prozent. Aus dem Blickwinkel der mittleren Aktienquote von zum Beispiel 50 Prozent auf Fondsebene entspricht dies bei eine 10 Prozent Depotanteil einer Abweichung von ungefähr 5 Prozent.
Somit kommt bei einer Beimischung von flexiblen Fonds, bei entsprechend maximaler Dotierung je Fonds, eine gegebenenfalls sinnvolle Flexibilität ins Depot. Wenn mehr als einer dieser flexiblen Fonds ins Depot aufgenommen wird, kann ein Managerhedge entstehen, ähnlich wie auf der Währungsseite. Zudem lassen sich verschiedene Risikomanagement-Ansätze schon bei kleineren Vermögen kombinieren.
Björn Siegismund, Investmentchef bei Laransa Private Wealth Management
Mischfonds konnten im laufenden Jahr die höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds verzeichnen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Wir haben die Weiterentwicklung der Mischfonds von einfachen Balanced-Konzepten hin zu aktiven Ansätzen, die verschiedene Anlageklassen und Ansätze mit eigenem Risikomanagement verbinden, gesehen. Diese Entwicklung wird weitergehen. Die einfachen Balanced-Ansätze werden zunehmend verschwinden, da sie keinen Mehrwert bieten. Aktive Ansätze mit gutem Risikomanagement werden hingegen eine Zunahme verzeichnen. Als diversifizierendes Element, so wie es auch professionelle Investoren wie US-Stiftungen nutzen, kann es echten Mehrwert für das Portfolio liefern.
Tobias Koch, Senior Portfolio-Manager bei Schiketanz Capital Advisors
Mischfonds konnten im laufenden Jahr die höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds verzeichnen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Das niedrige Zinsniveau und die Lehren der Diversifikation zur Risikoreduzierung in Kombination mit geschicktem Marketing hat dazu geführt, dass Mischfonds sowie standardisierte ETF-Portfolios regen Zuwachs verzeichnen. Meist erhoffen sich die Anleger durch die Verwendung weniger Mischfonds für die gesamte Geldanlage eine Art Patentrezept mit einem gewissen Sicherheitsfaktor. Diese Parameter lassen sich mit der deutschen Anleger-Mentalität gut vereinen. Daher wird dieser Trend zum einen so lange anhalten, bis die Mehrheit erkennt, dass die volatileren Marktphasen eher zunehmen werden und Mischfonds nur ein Hilfsmittel zur optimierten Geldanlage sind. Zum anderen dürften viele Mischfonds, wie auch viele so genannte Multi-Asset- und Income-Produkte, bei einer nachhaltigen Zinswende vor einer Bewährungsprobe stehen und müssen dann möglicherweise mit Mittelabflüssen rechnen.
Jürgen Graw, Vermögensverwalter der Taunus Investments in Bad Homburg
Mischfonds konnten im laufenden Jahr die höchsten Mittelzuflüsse unter den Publikumsfonds verzeichnen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Risikostreuung, Transparenz und Sicherheit sind für uns wichtige Kriterien bei der Auswahl der Geldanlagen für unsere Kunden. Daher sind Mischfonds aktuell sehr in Mode. Solange die Zinsen für den Anleger so unattraktiv sind und Einzelaktien so stark schwanken, wird dieser Trend auch anhalten.
Von: Iris Bülow
Quelle: DAS INVESTMENT.