Angelika Hinz, Compliance-Expertin bei der Unternehmensberatung PPI zeigt, welche Baustellen die Banken bei der Umsetzung von Mifid II nicht unterschätzen sollten und an welchen Stellen sich Chancen verbergen.
Das Interview wurde DAS INVESTMENT.com freundlicherweise von PPI zur Verfügung gestellt.
Frau Hinz, drei von vier Banken sagen, die MiFID-II-Umsetzung kostet sie nicht mehr als eine halbe Million Euro. Wie bewerten Sie die Kalkulation?
Angelika Hinz, Expertin für Finanzmarktregulierung bei der PPI AG: In Deutschland befinden sich die Banken in der glücklichen Lage, dass sie bereits einige Neuerungen abdecken. Beim Thema Honorarberatung gibt es beispielsweise bereits vorweggenommene Regelungen. Daher rechnen viele Institute mit eher geringen Einmalkosten. Dennoch zeigt der Readiness-Index, dass alle Bankenerheblichen Anpassungsbedarf bei Prozessen und IT-Systemen prognostizieren. Wie hoch der ausfallen wird, wird sich erst zeigen, wenn MiFIDII in nationales Recht umgesetzt worden ist. Je nachdem, ob es noch gravierende Änderungen an den Details des MiFID-II-Entwurfs gibt, werden einige Institute ihre Budgetplanungen noch einmalkorrigieren.
Welchen Teil von MiFID II sollten die Bankennicht unterschätzen?
Das Meldewesen wird künftig deutlich komplexer, weil schlicht und ergreifend mehr reportet werden muss. Das liegt an den vom Regulierer verschärften Anforderungen an die Kostentransparenz. Hier sollten die Institute nicht zu wenige Ressourcen einplanen. Häufigere Berichte sind nur die Spitze des Eisberges. Der Teufel steckt im Detail. Die Institute müssen die Wertpapiertransaktionen einzeln aufschlüsseln – nicht nur Provisionssatze, sondern die tatsächlichen Eurobeträge, und das Ganze kumulativ über Jahre hinweg. Die nötigen Daten müssen die Banken erst einmal haben. Es macht einen Unterschied, ob ein Institut in seinen Reports an die Finanzaufsicht 80 Felder oder 26 Felder ausfüllen muss. Die Informationsbeschaffung wird deshalb zum absoluten Aufwandstreiber. In vielen Unternehmen fehlen die nötigen Schnittstellen. Hier liegen versteckte Kosten, die die Banken erst noch kalkulieren müssen.
Wo sehen Sie Chancen für Banken, aus der MiFID-II-Not eine Tugend zu machen?
Es hat sich in vielen Regulierungsprojekten bewährt, effizienter zu sein als der Wettbewerb. Das gilt auch für MiFID II. Wer Kosten offenlegen muss, kann diese Informationen auch für sein Kostencontrolling nutzen. Diese Institute verschaffen sich so den Vorteil eines effizienteren Produktportfolios, in dem kostenintensive Produkt ein Zukunft vielleicht nicht mehr angeboten werden. Damit können die vordergründig kundenschutzfreundlichen MiFID-II-Anforderungen auch den Banken selbst gute Dienste leisten. Auch die Geeignetheitsprüfung kann letztlich Kunden und Finanzinstitut Vorteile bringen. Denn wenn der Finanzdienstleister seinem Kunden zukünftig noch bessere maßgeschneiderte Produkte anbietet, kann dies auch zu höheren Umsätzen fuhren.
Worauf kommt es bei der Umsetzung nun besonders an?
Die strengeren Anforderungen an Transparenz und Kundeninformation sowie erweiterte Pruf- und Ablaufprozesse zum Produkt- und Dienstleistungsangebot sorgen für einen Mehraufwand. Mehr denn je kommt es daher auf schlanke Beratungs- und Organisationsablaufe an. Eine grundliche Überprüfung des Beratungsangebotes ist unumgänglichen. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die von der Richtlinie erzwungene Entscheidung, ob das Institut abhängige, unabhängige oder beide Formen der Anlageberatung anbieten soll. International tätige Finanzinstitute sollten zudem ihre lokalen MiFID-II-Projekte aufeinander abstimmen. Das spart Doppelarbeit. Darüber hinaus bietet es sich an, wenn Finanzdienstleister bei der Planung und Umsetzung ihrer MiFID-II-Projekte die thematischverwandte EU-Verordnung zu „Packaged Retail and Insurance-based Investment Products“ (PRIIPs) sowie das deutsche Kleinanlegerschutzgesetz berücksichtigen. Auch hier lassen sich Synergieeffekte erzielen.
Quelle: Das Investment