Wer der Deutschen Bahn Geld leiht, bekommt nicht einmal den Anfangsbetrag zurück: Der staatseigene Konzern ist das einzige Nicht-Finanzunternehmen, das eine Euro-Anleihe mit einer negativen Rendite verkauft. Was andere Investoren abschreckt, ist für die EZB eine willkommene Kaufgelegenheit. LBBW-Analyst Christian Götz erklärt warum.
„Ob es gegen Verspätungen hilft?“, so kommentiert der Twitter-Nutzer Stefan Schaaf eine Analyse der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die LBBW-Experten fanden heraus, dass die Deutsche Bahn das meist gekaufte Unternehmen im Rahmen des Unternehmensanleihe-Kaufprogramms der EZB ist. Insgesamt zwölf unterschiedliche Emissionen kaufte die Europäische Notenbank dem staatseigenen Konzern ab.
Verspätungen, Streiks, der allgemein schlechter Ruf des Konzerns – einen Anleihekäufer dürfte das nicht stören, solange er am Ende der Laufzeit sein eingesetztes Kapital plus Zinsen zurück bekommt. Aber das tut er im Fall der Deutschen Bahn eben nicht, denn die Anleihe des Unternehmens ist negativ verzinst. Mit anderen Worten: Die Investoren zahlen am Ende dafür, dass sie dem Konzern Geld leihen durften.
Strafzins auf Unternehmensanleihen ist gang und gäbe – im Finanzbereich
Neu ist der Strafzins auf festverzinsliche Wertpapiere nicht: Zunächst bei als krisensicher geltenden Staatsanleihen erhoben, hält er zunehmend auch Einzug in den Unternehmensanleihen-Bereich. Nachdem die Europäische Zentralbank am 9. März ihr Programm zum Aufkauf von Unternehmensanleihen ankündigte, fielen die Renditen von mehr als einem Dutzend bereits bestehender Unternehmensanleihen unter null. Allerdings galt das bislang nur für Finanz-Firmen.
Die Deutsche Bahn ist das erste Nicht-Finanzunternehmen, das eine Euro-Anleihe mit einer negativen Rendite verkauft. Und trotzdem stürzt sich die EZB auf diese Papiere, die sie sogar Anleihen von BMW, Telefonica oder Daimler vorzieht. Warum? Wir fragten bei LBBW nach.
EZB will keine Rendite erzielen
„Die Anleihe der Deutschen Bahn entspricht den CSPP-Kriterien der EZB, zum Beispiel hinsichtlich der Laufzeit oder des Ratings“, erklärt LBBW-Analyst Christian Götz. Solange die Rendite unterhalb der Einlagenfazilität von maximal minus 0,4 Prozent liege, sei sie für den Erwerb geeignet.
Okay, wir verstehen ja, dass die EZB das darf. Aber macht das Sinn? Aus Götz‘ Sicht schon. „Die EZB hat die Absicht, das angepeilte Volumen zusammenzubekommen“, sagt er. Man dürfe nicht vergessen, dass die EZB mit den Käufen keine Rendite erzielen will, sondern Quantitative Easing betreibt. „Auch im Rahmen des CBPP3-Programms kauft sie Anleihen mit negativer Rendite. Daher spricht nichts dagegen, via Sekundärmarkt die Bahn Anleihe mit negativer Rendite zu kaufen.”
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: Das Investment