Das Investment: „Kunden unter 30.000 Euro Gesamtvermögen erhalten keine Wertpapierberatung mehr“

sjb_werbung_das_investment_300_200In einer ausführlichen Interview-Reihe befragt DAS INVESTMENT.com die Gründer und Chefs der führenden Robo-Advisor zu den Wachstumsaussichten, der strategischer Ausrichtung, Regulierungs-Ärgernissen und Risikomodellen. Im 4. Teil seines Interviews spricht Growney-Chef Gerald Klein über Chancen und Probleme durch die jüngsten regulatorischen Anforderungen.

Im ersten Interview-Teil erklärte Growney-Chef Gerald Klein, wie das Geschäftsmodell von Growney funktioniert und worin er die größten Probleme und Chancen der Robo-Advisor sieht. Imzweiten Teil ging es um Portfolio-Lösungen und Risikomodelle des Robo-Advisors. Danach erklärte Growney-Chef Gerald Klein, wie die Wettbewerbssituation auf dem Online-Vermögensverwaltungsmarkt aussieht und was er von Kooperationen mit Banken & Co. hält. Nun geht es um die Regulierung. 

DAS INVESTMENT.com: Die Kosten in der Anlageberatung für Dokumentation und andere regulatorische Vorgaben sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Ab welcher Anlagesumme ist eine vernünftige persönliche Beratung für Banken noch profitabel?

Gerald Klein: Meiner Kenntnis nach erhalten Kunden unter 30.000 Euro Gesamtvermögen keine Wertpapierberatung mehr.

Ab welchem Gesamtvolumen pro Robo- Kunden können Sie profitabel arbeiten?

Klein: Die Grenzkosten für einen Neukunden sind relativ klein. Einen Deckungsbeitrag erzielen wir schon mit wenigen tausend Euro.

Verbraucherschützer und andere Marktteilnehmer fordern ein Ende der klassischen Provisionsberatung. Anlageberater sollen nicht mehr vom Produktanbieter, sondern direkt von den Kunden bezahlt werden.  Was glauben Sie, wird es in Deutschland im Bereich Investmentfonds zu einem Provisionsverbot kommen?

Klein: Ja – ich erwarte, dass es eines Tages in Deutschland ein Provisionsverbot geben wird, denn für die meisten Anleger wäre ein Stundenhonorar von 200 Euro unterm Strich wesentlich günstiger. Der Gesetzgeber wird die enormen Umwälzungen in dem heutigen Bankenumfeld aber wahrscheinlich noch ein paar Jahre hinauszögern.

Wie groß wäre der Schub, der Ihnen ein Provisionsverbot verleihen würde?

Klein: Wenn wir die Entwicklung in England auf uns übertragen – sehr groß.

Zwar haben Finanzanlagenvermittler weniger Pflichten im Bereich Dokumentation zu erfüllen, dürfen aber streng genommen gar keine Anlageberatung anbieten. Deshalb bemühen sich aktuell einige Robo-Advisor um eine Bafin-Lizenz. Welchen rechtlichen Status hat Ihr Unternehmen?

Klein: Wir haben eine §34f Erlaubnis.

Welche konkreten Vorteile und Nachteile ergeben sich für Robo-Advisor, die als Finanzanlagenvermittler  nach § 34f tätig sind?

Klein: Unsere Anlagestrategie können wir mit dieser Erlaubnis hervorragend umsetzen.   Aufgrund der niedrigeren Lizenzkosten können wir unsere Dienstleistung günstig anbieten.

Bei jeder Strategieanpassung (z.B. Austausch von Fonds, Änderung von Fondsgewichten, …) müssen wir den Kunden mitnehmen und die Änderung von ihm genehmigen lassen. Diese zusätzliche Kontrolle schätzen viele unserer Kunden.

Welche konkreten Vorteile und Nachteile ergeben sich für Robo-Advisor, die als Vermögensverwalter (§32 KWG) tätig sind?

Klein: Insbesondere bei Verwaltungsansätzen, die regelmäßig Änderungen in der Portfoliozusammensetzung anstreben, ist der zusätzliche Freiheitsgrad unbedingt notwendig.

Bemühen Sie sich aktuell um eine Bafin-Lizenz?

Klein: Wir planen, bestimmten Kundengruppen ein Vermögensverwaltungsmandat anzubieten. Unser Hauptmotiv ist die Generierung von zusätzlichen steuerlichen Vorteilen. In 2017 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Welche aktuellen Regelungen bremsen das Wachstum Ihres Unternehmens am stärksten?

Klein: Es gibt keine wesentlichen Regelungen, die uns behindern.

Welche in letzter Zeit angekündigten oder umgesetzten Regelungen ärgern Sie am meisten?

Klein: Die Bafin hat in Ihrem letzten Rundschreiben zur Video-Identifikation zusätzlich die Überprüfung in sozialen Netzwerken und eine Überweisung auf ein Referenzkonto eingefordert. Ich hoffe, dass die Bafin diese Forderung zurücknimmt und die Identifikationswege gleichberechtigt bleiben.

Teil des Mifid-ll-Regulierungskomplexes ist die sogenannte Product Governance: Fonds-Vermittler müssen regelmäßig überprüfen, ob das vermittelte Produkt immer noch für die Zielgruppe geeignet ist und dürfen sich nicht auf die Angaben der Produktgeber verlassen. Vermittlern wird hier ein riesiger administrativer Aufwand vorhergesagt. Inwieweit sind Sie von dieser Regelung betroffen?

Klein: Dieser Aufwand wird heute schon von uns betrieben, um die Fondsqualität für unsere Kunden dauerhaft sicher zu stellen. Im Sinne der Kunden anderer Finanzdienstleister würden wir eine branchenweite Regelung diesbezüglich sehr begrüßen.

Viele Experten sagen ein mehr oder weniger umfangreiches Berater-Sterben infolge von Mifid II voraus. Die wenigen verbleibenden Berater werden sich fast ausschließlich auf finanzkräftige Kunden (zirka 5 Prozent der Deutschen) konzentrieren. Sehen Sie sich als klarer Gewinner dieser Regulierung des Finanzvertriebs?

Klein: Wir haben heute schon sehr aufgeschlossene und gut informierte Kunden. Ich freue mich über jeden Kunden, der den Weg zu uns findet. Gemessen an der Kapitalverteilung in der Bundesrepublik Deutschland werden wir überdurchschnittlich oft von Kunden aus der 5-Prozent-Gruppe getestet. Das ist für uns eine große Auszeichnung und macht uns stolz.

Von: Felix Hannemann

Quelle: Das Investment

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