Das Investment: Joachim Berlenbach über Goldminenaktien: „Jetzt mit zwei Fingern den Puls fühlen statt mit einem“

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 19.11.2014. Der Goldpreis fällt, und eine schnelle Trendwende ist nicht in Sicht – ein Horror-Szenario für viele Minengesellschaften. Goldaktien-Experte Joachim Berlenbach weiß, dass die Zeit gegen ihn und den von ihm betreuten Earth Gold Fund UI läuft. Trotzdem ermutigt er Anleger, ersten Käufen in diesem Sektor weitere folgen zu lassen.

DER FONDS: Vergangene Woche hat der Analyst Brian Kelly im US-Fernsehen einen Goldpreis-Chart in der Form eines sich übergebenden Kamels präsentiert. Können Sie über so etwas lachen?

Joachim Berlenbach: Ich bin gerade unterwegs auf Roadshow, den Chart habe ich noch gar nicht gesehen. Das schaue ich mir aber gerne an, vielleicht ist das etwas für meinen nächsten Investoren-Bericht. In Zeiten wie diesen ist es immer gut, auch einmal etwas zum Lachen zu haben.

Die Botschaft hinter dem Chart ist für Goldanleger allerdings eher zum Verzweifeln. Behält Kelly Recht, könnte der Goldpreis in den kommenden Monaten bis auf 700 US-Dollar pro Unze fallen. Ein völlig abwegiges Szenario?

Ich nehme an, Brian Kelly ist ein technischer Analyst. Ich betrachte die Dinge eher fundamental. Was nicht ausschließt, dass auch technische Analysten immer wieder einmal Recht behalten. Die Stimmung ist augenblicklich sehr negativ, keine Frage. Der starke US-Dollar macht Gold zu schaffen, dazu kommen ETF-Verkäufe und Leerverkäufe von Hedgefonds. Deshalb kann ich mir durchaus vorstellen, dass der Goldpreis kurzfristig weiterfällt bis auf 1.050 Dollar oder auch 1.000 Dollar pro Unze. Spätestens dann jedoch sollten Contrarians aufspringen, weil der Markt auf diesem Niveau einfach nur spottbillig wäre.

Woran machen Sie den Begriff spottbillig fest?

Ich betrachte die weltweite Goldproduktion, die sich auf etwa 2.600 Tonnen pro Jahr eingependelt hat. Soll dieses Produktionsziel auch noch in zehn Jahren gelten, brauchen wir aktuell einen Goldpreis von 1.500 Dollar – andernfalls werden viele Standorte unrentabel. Es wird nicht in neue Minen und Exploration investiert, um alte Minen zu ersetzen, das Angebot trocknet aus. Früher oder später wird der Goldpreis sich in diese Richtung bewegen, und irgendwann wird er auch die Marke von 2.000 Dollar überspringen. Der Teufel bei der viel diskutierten Kostenersparnis der Minengesellschaften liegt dabei im Detail: Die Förderkosten steigen momentan ja wieder an, gespart wird hauptsächlich bei Explorations- und Investitionskosten, also zu Lasten zukünftiger Produktion. Die nächste Generation an Minen wird sicherlich wesentlich teurer als die jetzige.

Wenn es eine nächste Generation gibt. In den nächsten Jahrzehnten brauchen die Menschen weiter Rohstoffe wie Öl oder Kupfer. Aber Gold?

Theoretisch haben Sie Recht. Aber dagegen spricht nicht nur die Erfahrung aus 2.000 Jahren Menschheitsgeschichte, sondern auch die aktuelle Nachfrage nach physischem Gold. Die ist nämlich ungebrochen hoch, insbesondere aus asiatischen Ländern wie China oder Indien. Davon abgesehen ist Gold in den vergangenen 15 Jahren schon zweimal totgesagt worden – 2001 und 2008. Beide Male haben die Skeptiker Unrecht behalten, und beide Male haben Anleger in der Folge mit Minenaktien spektakuläre Gewinne erzielt.

Fragt sich nur, wie viele Minen durchhalten, wenn der Preis wirklich eine Weile bei 1.000 Dollar oder darunter bleibt.

Kurzfristig kommen die meisten Minen zurecht. Sie konzentrieren sich auf die Lagerstellen mit höheren Goldgehalten, in denen sich zu geringeren Kosten Gold gewinnen lässt – was letztlich aber dazu führt, dass der durchschnittliche Goldgehalt in den abzubauenden Lagerstätten sinkt und das verbleibende Gold dann nur zu noch höheren Durchschnittspreisen gewonnen werden kann. Eine Kosteninflation ist also bereits eingebaut in diese Strategie. Zu kämpfen haben zurzeit vor allem die kleineren Explorationsgesellschaften, wenn sie keine genügend hohen Cash-Reserven aufgebaut haben und vom Markt kein frisches Geld bekommen. Dort werden sich die Pleiten häufen, wenn der Goldpreis nicht bald wieder steigt.

Die Stimmung bei den meisten Verantwortlichen ist katastrophal, oder?

Der Frust sitzt schon sehr tief. Trotzdem ist es ganz interessant zu beobachten, wie sich allmählich die Spreu vom Weizen trennt. In der vergangenen Woche auf dem Precious Metals Summit in Zürich zum Beispiel fehlten bereits viele Firmen, von denen ich schon 2013 gedacht habe, was wollen die eigentlich noch hier. Auf der anderen Seite habe ich Vertreter von mindestens 20 Minen getroffen, bei denen ich nur zu gern als Investor an Bord wäre. Ich wünschte, der Fonds hätte das Volumen, sich dort einzukaufen.

Sie haben zu Beginn des Jahres Investoren geraten, mit ersten kleineren Beträgen den Finger auf den Puls der Minenaktien zu legen. Eine Kaufempfehlung sieht anders aus. Da können Sie nicht erwarten, dass die Investoren Sie mit frischem Geld überschütten.

Die abwartende Haltung war ja durchaus richtig. Gerade in kritischen Phasen, wie wir sie in den vergangenen drei Jahren erlebt haben, ist es wichtig, bei den Investoren weiter glaubwürdig zu sein und keine falschen Hoffnungen zu wecken. Dann kommen sie auch zurück, wenn die Zeit reif ist.

Und, ist die Zeit reif?

Ich sage auch jetzt nicht, dass jemand sein ganzes Geld auf diesen Markt setzen sollte. Aber ich glaube schon, dass der Wendepunkt nicht mehr allzu weit entfernt ist. Ein etwas schwächerer Dollar, zwei oder drei Hedgefonds, die plötzlich als Käufer auftreten – und schon schwimmt der Fischschwarm beim Gold in die andere Richtung. Zwei Finger auf dem Puls sind deshalb inzwischen besser als einer.

Wie ist Ihr Fonds aktuell aufgestellt?

Wir sind voll investiert und halten 40 bis 45 Unternehmen, von deren Potenzial wir absolut überzeugt sind. Dabei liegt unser Fokus vor allem auf mittelgroßen Minen, bei denen es Übernahmefantasie gibt.

Von: Egon Wachtendorf

Quelle: DAS INVESTMENT.

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