Das Investment: 60 Jahre Templeton Growth: „Er wollte in meinen Kopf gucken“

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 09.12.2014.DAS INVESTMENT ist zu Besuch auf den Bahamas und spricht mit Norman Boersma, Manager des Templeton Growth Fund, über Sir John Templeton, europäische Unternehmen und Angeln mit Strohhut.

Templeton Growth (Euro) Fund A(acc)EUR

DAS INVESTMENT.com: Wie verlief Ihre erste Begegnung mit Sir John Templeton?

Norman Boersma: Das war 1991. Kurz nach der Geburt unseres Sohnes. Meine Frau und ich haben damals in Singapur gelebt, und ich hatte schon erste Gespräche mit Verantwortlichen aus dem Unternehmen geführt.

Unmittelbar nach der Geburt musste ich nach Nassau, um Sir John zu treffen. Es war eine besondere Begegnung. Wir saßen im Nachbargebäude in einem Konferenzraum mit all den Auszeichnungen und Urkunden.

Es war kein Interview, es interessierte ihn auch nicht, was ich bis dahin geleistet hatte. Das setzte er wohl einfach voraus. Sein Interesse an mir persönlich hielt sich in überschaubaren Grenzen.

Er forderte mich zum Duell. Er rief mir Aktien und Unternehmen zu, und ich sollte sie analysieren. Ich glaube, er wollte in meinen Kopf, mein Gehirn gucken, und meine Stockpicking-Ideen und Analysequalitäten herausziehen. Hat der Knabe gute Ideen? Sollte ich darauf das Research ansetzen, und kann ich damit noch etwas Geld verdienen? Das war seine Intention.

Was haben Sie gedacht?

Wow, die Jungs leben das Stockpicking und ein besonders tiefes Research wirklich aus. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Aber bemerkenswert ist noch, dass alle darauffolgenden Gespräche zwischen Sir John und mir nach dem gleichen Muster verliefen.

Was hat sich die vergangenen Jahrzehnte bei Franklin Templeton verändert?

Die Firmenphilosophie nicht. Unser Fundament hat drei Säulen. Niedrige Bewertungen und Geduld. Wir wissen nicht, wann der Markt erkennt, dass Unternehmen unterbewertet sind. Wir identifizieren solche Unternehmen, wir wollen daraus langfristig Kapital schlagen, aber wir brauchen Geduld, bis der breite Markt es erkennt.

Und die dritte Säule ist unser Botton-up-Ansatz. Unser Research, die Analyse von Unternehmen bestimmen unser Handeln. Makroökonomie, wie geht es Deutschland? Haben Sie eine Meinung zu Hongkong? Nein, haben wir nicht. Unternehmen interessieren uns. Das Unternehmen ist über die Jahre gewachsen, mehr Mitarbeiter, mehr Büros, mehr Technologie. Dadurch haben sich Prozesse verändert, unsere DNA ist die gleiche geblieben.

Wir zahlen 60 Cent für einen Dollar. Das war stets die letzte Folie bei Präsentationen von Mark Holowesko in den Neunzigern.

Ich zahle 50 Cent.

Finden Sie derzeit noch so preiswerte Unternehmen, oder muss man sich auf eine relative Bewertung einlassen?

Europa ist günstig. Europäische Aktien nehmen fast 50 Prozent des Portfolios ein. Im MSCI Weltindex sind es knapp über 30 Prozent. Ja, ich finde noch Unternehmen, die mich 50 Cent kosten, aber einen Dollar wert sind.
Haben Sie jemals so ein starkes Übergewicht in Europa gehabt?

Nein, so hoch war die Gewichtung noch nicht. Ich könnte auch auf 100 Prozent gehen, wenn Unternehmen so günstig wären. Sie dürfen aber nicht die Länder- oder Sektorenebenen bewerten. Die mögen ambitioniert bewertet sein.

Aber unter den Tausenden Unternehmen finden Sie immer günstige Bewertungen, Unternehmen, die die breite Masse nicht mag. Diese Unternehmen zu identifizieren, ist unsere Aufgabe. Märkte waren, sind und werden niemals rational sein. Sie werden immer übertreiben, nach oben und nach unten.

Mussten Sie sich für Ihr starkes Europa-Engagement rechtfertigen?

Natürlich. Alle hielten uns für Idioten. Gerade als wir anfingen, europäische Banken zu kaufen. Wir waren nahezu alleine auf der Käuferseite. Das ist aber nicht logisch, was ihr da jetzt macht, hieß es. Oh doch, es ist sehr logisch, was wir machen, war unsere Antwort.

Das vergangene Jahrzehnt hatten Value-Investoren nicht viel Spaß.

So ist es. Es gab massive Einbrüche von mehr als 50 Prozent. Da verlieren Menschen auch mal den Glauben an Aktien. Geduld zu haben und auch einzufordern ist da einfach gesagt, aber erfordert eine beinharte Disziplin.

Sie sind seit März 2011 für den Templeton Growth Fund verantwortlich. Die Performance hat sich nachhaltig erholt. Das kann nicht nur am Teamansatz liegen.

Doch. Aber natürlich drücke ich am Ende den Knopf. Also spielt meine Person auch eine kleine Rolle.

Ihre Vorgänger hatten das gleiche Team und weniger Erfolg.

In Ordnung. Das Timing war auf meiner Seite. Trotzdem haben wir als Gruppe überzeugt. 2012 war ein positiver Wendepunkt. Aber etwa das Engagement in europäische Banken wurde auch intern diskutiert. Das waren große Debatten, und ich war Teil dieser Debatte, und am Ende war es das Team, das überzeugt und Entscheidungen getragen hat.

Na kommen Sie, etwas Talent gehört dazu. Nicht so bescheiden.

Sie erwarten doch nicht, dass ich hier das große Loblied auf meine Person singe. It’s all about me? Nein.

Die Halbwertszeit Ihrer Vorgänger hat rapide abgenommen. Mark Holowesko blieb 14 Jahre, Murdo Murchison sechs Jahre und Cindy Sweeting nur noch drei.

Jetzt geht der Spaß wieder von vorne los. Ich halte mich da eher an Sir John und Mark Holowesko.

Sie haben noch ein Haus in Toronto.

Das haben wir gerade verkauft. Das können Sie als Bekenntnis an die Bahamas werten. Ist aber nicht ganz so: Wir wollten, dass unser Sohn selbstständiger wird und auf eigenen Beinen steht. Nun muss er sich eine Wohnung suchen.

Wenn der Templeton Growth Fonds 100 Jahre alt wird …

… stehe ich hier am Strand mit
Strohhut und Angel.

Von: Malte Dreher

Quelle: DAS INVESTMENT. 

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