Das Investment: Invesco-Chefvolkswirt: „Niedrigzinspolitik in hohem Maße fehlgeleitet“

sjb_werbung_das_investment_300_200Die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank sind nicht zielführend, findet Invesco-Chefvolkswirt John Greenwood. Die Zinssenkungen verfehlten ihre Wirkung, das Geld aus den Anleihekäufen komme nicht dort an, wo es benötigt werde. Was die US-Notenbank seiner Meinung nach besser macht, erklärt der Ökonom im Interview.

Die Maßnahmen der Europäischen Zentralbanken führten nicht zum Erfolg, kritisiert John Greenwood, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Invesco in einem Interview mit der Börsen-Zeitung.

Die Zinsen immer weiter abzusenken, führe zu keiner Belebung des Marktes – und auch zu keiner höheren Kreditnachfrage: Die Banken agierten risikoavers und wollten kein Geld verleihen, die Verbraucher andererseits hätten bereits viele Schulden angehäuft und kein Interesse daran, sich noch mehr Geld zu leihen. Indem die EZB daran arbeite, die Währung immer weiter abzuschwächen, löse sie das Binnennachfrageproblem nicht. Die Zinssenkungsmaßnahmen hält der Ökonom daher „für in hohem Maße fehltgeleitet“.

„Die QE-Gelder kommen nicht dort an, wo sie gebraucht werden“

Um eine wirtschaftliche Schwächeperiode zu beenden, solle eine Ausweitung der Kreditvergabe, wie sie die EZB anstrebe, nicht das erste Ziel sein, findet Greenwood. Für viel wichtiger hält der Ökonom, die Geldmenge zu erhöhen. Und auch hier sieht Greenwood Schwächen. Derzeit lässt die Europäische Zentralbank über ihr Quantitative-Easing-Programm monatlich 80 Milliarden Euro durch Anleihekäufe in den Wirtschaftskreislauf einfließen. Das Geld komme jedoch nicht dort an, wo es gebraucht werde, kritisiert Greenwood: Die Transaktionen fänden nur in den Büchern der Banken statt. Auf die Nichtbanken-Öffentlichkeit hätte das Quantitative Easing kaum Auswirkungen. Die Liquidität sei hier nicht sehr stark angewachsen.

Demgegenüber hält Greenwood den Ansatz der US-amerikanischen Fed für zielführender, Wertpapiere nicht von Banken, sondern direkt von Pensionsfonds, Versicherern und Vermögensverwaltern zu kaufen.

„Maßnahmen kitten nur Risse“

Insgesamt prophezeit der Ökonom Europa keine rosige Zukunft: Europa werde so schnell keinen Aufschwung erleben. Die Probleme des Euro ließen sich mit Maßnahmen wie einer Bankenunion oder eines gemeinsamen Bankenabwicklungsmechanismus nicht lösen. Diese kitteten vielmehr nur Risse. Zielführend wäre Greenwood zufolge ein engerer Zusammenschluss Europas: Den Europäern sei allerdings nicht an mehr Föderalismus gelegen. Eher werde es zum Zerfall der Gemeinschaft kommen, schätzt Greenwood.

Als sehr schädlich für den Euro sieht der Ökonom auch einen Brexit an. Durch ihn könnten sich zukünftig noch mehr Länder aus dem Staatenverband lösen wollen.

Von: Iris Bülow

Quelle: DAS INVESTMENT.

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