Das Investment: Handelskrieg oder nicht – das bestimmt China

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China ist nicht mehr das magere Entlein der Asien-Krise, erinnert Robert Halver. Allerdings habe das Land in einem Handelskrieg sehr viel zu verlieren, ebenso wie die USA. An eine heiße Handelsschlacht mag der Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank nicht so recht glauben. Hier nennt er seine Gründe. Trump hat einen kalten Handelskrieg vor allem gegenüber China losgetreten. Für den guten Donald ist es gemäß seiner DNA als kaltschnäuzigem Bauunternehmer verführerisch, den chinesischen Handelsgegner mit massiven Einschüchterungsversuchen mürbe zu machen. Damit hatte er früher schon bei Handwerkern, Lieferanten und Banken oft großen Erfolg: Bei seinem Untergang wären sie ebenfalls untergegangen.

Bei der Beantwortung, ob aus dem kalten ein heißer Handelskrieg wird, der ein Sargnagel für die Weltwirtschaft wäre, muss man nach China schauen.

China will nicht von Trump herumgeschubst werden …

China sieht sich global nicht mehr als das magere Entlein der Asien-Krise. Mittlerweile ist daraus eine fette Peking-Ente geworden. Schon aus Gründen der Gesichtswahrung – die in China eine noch größere Bedeutung als im Westen hat – kann der chinesische Staatspräsident Xi handelsseitig gegenüber Trump nicht einfach klein beigeben. Dieses Zeichen von politischer Schwäche würde seine ihm erst kürzlich eingeräumte lebenslange Amtszeit auf das Dasein einer Eintagsfliege reduzieren. Insofern hat China auf die Handelssanktionen der USA reagieren müssen.

Doch sind diese bisher nur wohl temperiert. Denn eine handelspolitische Mobilmachung gegen die USA will China nicht. Das Land der Mitte weiß um die Wichtigkeit seines Exports auch nach Amerika, der beim nicht reibungsverlustfreien Aufbau einer starken Binnenkonjunktur eine gute ausgleichende Wirkung hat. Im Zweifel hat China mehr zu verlieren als die USA.

… Peking betreibt aber auch handelspolitische Abkühlung

Insofern will China der harten handelspolitischen Knute Trumps mit der Weisheit von Konfuzius begegnen. Peking weiß doch selbst, dass es kein Musterschüler in puncto Handelsfreiheit ist. Wenn diese fair ist, dann kann man Käfighaltung von Hühnern auch als tierschutzgerechte Biohaltung bezeichnen. Es ist absurd, dass beispielsweise chinesische Autohersteller beim Import in die USA nur 2,5 Prozent Einfuhrzoll bezahlen, umgekehrt aber 25 Prozent fällig werden.

China weiß auch, dass seine Investitionsstandorte für ausländische Anleger teilweise immer noch so verschlossen sind wie der Himmel für große Sünder. Nicht zuletzt orientiert sich China bei der Aneignung ausländischen Wissens – das Wort Technikklau würde ich als bekannt zurückhaltender Zeitgenosse niemals in den Mund nehmen – sehr am deutschen Kinderlied „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“.

Vor allem fürchtet man aber eine der EU von Trump freundlich, aber bestimmt aufgezwungene Handelsunion gegen China. Die Einbindung in die Weltwirtschaft ist für China auch unter geostrategischem Blickwinkel von allergrößter Bedeutung.

Ja, China hat verstanden. Es betreibt eine vorbeugende Handelspolitik, um aus einem kalten keinen heißen Handelskrieg zu machen. Mit angekündigten, deutlich gesenkten Importzöllen und einer verstärkten Öffnung für internationale Investoren mit Beteiligungen an Gemeinschaftsunternehmen auch oberhalb von 50 Prozent will Peking den Amerikanern chinaphoben Wind aus den Segeln nehmen. Dabei stört es nicht, dass China Amerika bei der Welthandelsorganisation anzeigen will. Das ist eben die chinesische Gesichtswahrung. Ob man es mag oder nicht, aber das Handels-Ge-Trump-ele hat in Peking offenbar Wirkung gezeigt.

Wenn zwei sich streiten, freut sich nicht immer der Dritte
Für die EU und insbesondere Deutschland wäre ein heißer Handelskonflikt zwischen den USA und China gleichbedeutend mit einer Entmannung Casanovas: Bei einer handelspolitisch ausgebremsten Weltwirtschaft könnten deutsche Exportunternehmen und ihre Aktien nicht mehr so wie früher. Tatsächlich hat die harte Handelsrhetorik bereits zu einer weltweiten Eintrübung der konjunkturellen Stimmung geführt.

Daher ist bei deutschen Exportfirmen die Freude über die kürzlich gezeigte friedliche Handels-Konzilianz Chinas groß. Allerdings wird handelspolitisch zukünftig nichts mehr so sein, wie es einmal war. Erstens wird Trump China, aber auch Europa Daumenschrauben anlegen. So wird die EU ihre Zölle auf US-Produkte und damit gemäß internationalem Handelsrecht auch auf Produkte anderer Länder wie Südkorea oder Japan senken müssen. Der Konkurrenzkampf um die Fleischtöpfe der Weltwirtschaft wird für in Deutschland produzierende Firmen härter.

Zurzeit fehlt mir leider noch die Hoffnung, dass die GroKo mit einer reformfreundlichen Wirtschaftspolitik kompensierend eingreift. Zweitens wird Trump alias Captain America das Wahlkampfthema Handelskrieg bis zur Kongresswahl im November auskosten, um mit Buy America-Patriotismus zu punkten. Twitter wird seinen bekanntesten Nutzer sicher nicht verlieren. Für Volatilität an den Aktienmärkten ist also ähnlich gesorgt wie für Bier auf Junggesellenabschieden.

Bremsspuren auch am US-Aktienmarkt
Dennoch, sowohl in China, aber auch Amerika reicht der IQ eines ordinären Kaninchens aus, um zu erkennen, dass Handelskriege auch die eigene Heimatfront zerstören. Trump dürfte es nicht entgangen sein, dass jeder seiner handelsrestriktiven Tobsuchtsanfälle auch am amerikanischen Aktienmarkt Bremsspuren hinterlässt. Hatte sich Trump nicht noch bis Ende Januar als Held des amerikanischen Volkskapitalismus über gestiegene Aktienkurse gefeiert? Würde ein heißer Handelskonflikt aus Altersvorsorge nachhaltig Altersentsorge machen, könnte das die Stromleitung für seinen Heiligenschein kappen.

Insgesamt ist kein heißer Handelskrieg mit Aktien-Verbrennungen dritten Grades zu erwarten, im schlimmsten Fall kommt es zu einem lauwarmen Bauernaufstand. Aktien bleiben attraktiv, zumal der Dax bei 11.800 Punkten eine gewaltige Unterstützung hat.

Von: Robert Halver

Quelle: Das Investment

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