Die Abgeltungssteuer soll in den kommenden Jahren abgeschafft werden. Das planen SPD-, Grünen- und Unions-Politiker. Viele Vertreter der Finanzbranche hingegen sehen darin keine gute Idee. DAS INVESTMENT.com fasst ihre Argumente zusammen.
1. Die Abschaffung der Abgeltungssteuer führt nicht automatisch zu höheren Steuereinnahmen
Das Zinsniveau sei derzeit so niedrig, dass sich der Aufwand eines höheren individuellen Steuersatzes kaum lohnen dürfte, meint Heiko Wunderlich, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte. Und eine höhere Steuer auf die Dividendenerträge würde zwar mehr Einnahmen in die Staatskasse spülen.
Sie wäre jedoch ungerecht, da ja bereits auf Ebene der Kapitalgesellschaft Steuern bezahlt werden und – anders als unter dem früher geltenden Anrechnungsverfahren – die Anrechnung dieser Steuer quasi pauschaliert durch den halben Steuersatz erfolgt. Außerdem schiebt die Einführung des automatischen Informationsaustausches von Konteninformationen der Steuerflucht zwar einen Riegel vor. Dies gilt jedoch nicht für ganz legale Abwanderung ins Ausland bei sehr vermögenden Personen, die oft über mehrere Wohnsitze verfügen. Auch dadurch würden dem deutschen Staat Einnahmen entgehen.
2. Fatales Signal in Sachen Altersvorsorge
Anstatt Maßnahmen zur Altersvorsorge zu fördern, wird durch die Abschaffung der Abgeltungssteuer die Vermögensbildung zusätzlich erschwert, moniert Volker Schilling, Vorstand der Investmentboutique Greiff Capital Management. „Die Notenbanken schaffen die Zinsen ab und der Staat die Steuervergünstigungen auf Kapitalerträge. Wie soll man da noch vernünftig vorsorgen?“
Auch Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter der I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim ist der Meinung, dass bei derzeitigen Nullzinsen sowie der geringen Aktienquote die Altersvorsorge gefördert und keinesfalls erschwert werden sollte.
3. Mehr Komplexität und höhere Kosten für Bürger und Behörden
„Die Abgeltungssteuer hat einiges vereinfacht, warum will man das nun wieder abschaffen?“, fragt Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen in Altötting. Die Banken führen für den Staat unentgeltlich die Steuern ab. Für den Anleger ist die Regelung überschaubar, da alles einheitlich, egal ob Dividenden, Zinsen oder Kursgewinne mit dem Pauschsatz versteuert werden.
4. Höherer Steuersatz fördert die krisenanfällige Fremdfinanzierung bei kleinen und mittleren Unternehmen
Die Abgeltungssteuer benachteiligt Beteiligungsfinanzierung gegenüber der Fremdfinanzierung. Wird diese abgeschafft und durch den meist höheren individuellen Einkommenssteuersatz ersetzt, werde diese Benachteiligung noch größer, warnen die fünf Wirtschaftsweisen.
5. Häufige Änderungen im Steuerrecht schrecken ausländische Investoren ab
Ausländische Investoren nehmen die immer geringer werdende „Halbwertszeit“ deutscher steuerlicher Regelungen und die damit verbundene Planungsunsicherheit extrem kritisch wahr,berichtet Thomas Zacher, Fachanwalt für Steuerrecht und Gründungspartner der Kanzlei Zacher & Partner aus seiner Beratungspraxis. Ein erneuter Systemwechsel würde keine strukturelle Besserung, aber ganz sicher erneuten umfänglichen Regelungsbedarf und Unsicherheiten mit sich bringen, ist der Steuerexperte überzeugt. Das würde weder dem Fiskus noch den Anlegern nützen.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.