Das Investment: Griechenland: Anlagenotstand wieder groß?

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 28.04.2014. Was sind die Gründe für Griechenlands erfolgreichen Wiedereinstieg am Anleihenmarkt? Und ist der Anlagenotstand mittlerweile so groß, dass es wieder griechische Anleihen sein müssen? Das diskutiert Wolfgang Juds, Geschäftsführer der Credo Vermögensmanagement.

Griechenland konnte in den vergangenen Tagen seine erste neue Anleihe nach der Schuldenkrise 2010 erfolgreich platzieren.

Die Konditionen waren für den griechischen Staat deutlich günstiger als es die Experten im Vorfeld erwartet hatten, denn die Nachfrage war enorm.

Mancher Anleger reibt sich dieser Tage verwundert die Augen: War Griechenland nicht vor zwei Jahren so pleite, dass das Land mit Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB), des europäischen Rettungsschirms und des Internationalen Währungsfonds gerettet werden musste?

Gab es nicht einen Schuldenschnitt, bei dem viele Anleger einen Teil Ihres Vermögens mit griechischen Anleihen verloren haben? Nur zwei Jahre später kann Griechenland sich wieder erfolgreich am Kapitalmarkt drei Milliarden Euro frisches Geld zu erstklassigen Konditionen beschaffen – fünf Jahre Laufzeit zu 4,75 Prozent! Die Anleihe war achtfach überzeichnet.

Wie ist die wirtschaftliche Lage in Griechenland einzuschätzen?

Griechenland hat in den Jahren erhebliche Sparanstrengungen geleistet. Die Löhne sind gesunken, viele Beamte wurden entlassen. Staatsausgaben wurden reduziert. Die griechische Wirtschaft ist geschrumpft.

In diesem Jahr könnte sie erstmals seit langem wieder leicht ins Positive drehen. Zumindest eine schwarze Null sollte erreichbar sein. Im Haushalt konnte Griechenland sogar einen Primärüberschuss erzielen – allerdings müssen dabei noch die hohen Ausgaben für den Kapital- und Schuldendienst berücksichtigt werden.

Die Staatsverschuldung verharrt noch immer bei etwa 177 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Auch die Arbeitslosigkeit ist mit mehr als 27 Prozent immer noch unakzeptabel hoch. Hinzu kommt die Jugendarbeitslosigkeit, die bei weit über 50 Prozent liegen dürfte.

Die Erfolge der griechischen Regierung sollen nicht geschmälert werden, aber reichen die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bereits aus, um wieder in griechische Anleihen zu investieren oder gibt es eine andere Motivation?

Dieses Anlagemodell ist nicht nachhaltig…

Wirtschaftlich hängt Griechenland weiterhin am Tropf der internationalen Hilfsgelder, die von der EZB, dem Euro-Rettungsschirm und dem Internationalen Währungsfonds stammen.

Seit der Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi im Juli 2012, dass die EZB alles Notwendige tun wird, um den Euro zu erhalten, war allen Beteiligten klar, dass es sich nicht lohnt, gegen die EZB und auf den Zerfall der Eurozone zu wetten.

In den letzten beiden Jahren konnten Investoren daher auch attraktive Zinsen in Spanien, Portugal und Italien einstreichen und zusätzlich erhebliche Kursgewinne generieren.

Diese Spekulation ist aufgegangen, aber inzwischen vorbei – eine „g’mahte Wies’n“, wie man in Bayern sagt. Es muss nun eine neue Story her, ein neues Pferd, das man abreiten kann. Da kommt Griechenland gerade recht.

Durch die neuen Umschuldungsvereinbarungen hat Griechenland Zeit für Reformen und für einen wirtschaftlichen Aufschwung bekommen. Investoren wetten inzwischen darauf, dass die EZB und der Euro-Rettungsschirm Griechenland weiterhin unterstützen, sollte es einmal eng werden.

Durch die niedrigen Zinsen kann man günstig Geld aufnehmen und in griechische Anleihen anlegen – ein Zinsdifferenzgeschäft, wenn man so will. Aber es ist nicht risikolos!

Es hat bei Zypern nicht funktioniert und auch Anleger in griechischen Anleihen haben einen Preis gezahlt. Warum sollte man sie nicht erneut zur Kasse bitten, wenn Griechenland in fünf Jahren mehr Geld als erwartet braucht?

…aber wo kann man sonst noch sinnvoll investieren?

In einem Umfeld niedriger Zinsen für erstklassige Anleihen und niedriger Prämien für risikobehaftete Anlagen ist es äußerst herausfordernd, sein Kapital sinnvoll anzulegen.

Hinzu kommt, dass auch die Aktienmärkte in den entwickelten Volkwirtschaften nicht mehr wirklich preiswert sind und die Bewertungen zum Teil ambitioniert sind. Was kann man tun?

Bieten sich nicht gerade in der aktuellen Situation derartige Anlagegelegenheiten wie in Griechenland an? Aus meiner Sicht kommen für den langfristig denkenden Anleger nur Investitionen in Betracht, bei denen die Zahlungsströme für die Zinsen, die Dividenden oder für Investitionen im Unternehmen, durch die Ertragskraft der Unternehmen oder der Staaten nachhaltig sichergestellt sind.

Wenn das nicht der Fall ist, handelt es sich eher um eine Wette auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners als um ein seriöses Investment.

Fazit: Als Anleger müssen wir Chancen und Risiken von Kapitalanlagen sinnvoll miteinander abwägen. Bei der neuen Griechenland-Anleihe liegt die Phantasie in der angenommenen Bereitschaft der EZB, Griechenland im Notfall zu stützen. Außerdem rechnen viele Experten mit einer Konsolidierung der griechischen Wirtschaft und einer Erholung in den nächsten Jahren.

Aber die Risikoprämie entspricht nicht dem eigentlichen Ausfallrisiko, das Anleger für Anleihen dieser Bonität normalerweise zahlen müssten. Diese Diskrepanz sollt uns stutzig machen und zur Vorsicht mahnen.

Privatanleger sollten besonders aufpassen, da sie im Zweifel nicht vom Staat gerettet werden, wie die Erfahrung der Vergangenheit uns lehrt. Ein altes Sprichwort sagt: „Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach!“

Von: Wolfgang Juds

Quelle: DAS INVESTMENT.

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