„Gold hat seinen Status als sicherer Hafen verloren“, erklärte Sal. Oppenheim im Sommer 2015 und trennte sich von allen Goldanlagen. Nun gehen die Goldpreise durch die Decke. Bereut die Privatbank ihre damalige Entscheidung? Und wie sieht sie die weitere Entwicklung des gelben Edelmetalls? DAS INVESTMENT.com sprach mit Alwin Schenk, Portfoliomanager Investmentstrategie bei Sal. Oppenheim.
DAS INVESTMENT.com: Im Sommer vergangenen Jahres rieten Sie davon ab, Gold zu kaufen und haben selbst Gold aus dem Portfolio genommen. Nun steigen die Goldpreise. Wie sehen Sie Ihre damalige Entscheidung im Nachhinein?
Alwin Schenk: Die Entscheidung vom Sommer des vergangenen Jahres war die logische Konsequenz unserer schon seit 2013 verfolgten Strategie der Untergewichtung von Goldanlagen. Ausschlaggebend waren zum einen die gestiegene Volatilität an den Edelmetallmärkten und zum anderen die gesunkene Bedeutung von Gold als „Safe-Haven-Anlage“. Sogar während der Hochphase der Ukraine-Krise ist der Goldpreis stark gefallen. Darüber hinaus sprachen der Inflationsausblick und die Wahrscheinlichkeit steigender amerikanische Realzinsen gegen Edelmetalle.
Unser Argument, dass Gold weder Dividenden- noch Kuponzahlungen abwirft, hat vor dem Hintergrund der in vielen Ländern niedrigen oder sogar negativen Kapitalmarktzinsen sicherlich an Gewicht verloren. Dennoch halten wir uns in der strukturierten Vermögensverwaltung aus oben genannten Gründen bei Goldinvestments weiterhin zurück.
Wie schätzen Sie den derzeitigen Goldpreiseinstieg ein: Übliche Marktausschläge oder der Beginn einer Erholungsphase?
Schenk: Da das Goldangebot limitiert ist, können schon geringste Nachfrageschwankungen die Preise stark verändern. Aufgrund seiner zumindest temporär wieder erlangten „Safe-Haven-Funktion“ ist die Nachfrage nach Gold zuletzt wieder deutlich gestiegen. Auch die Überlegungen und Spekulationen, Grenzen für Barzahlungen einzuführen, beziehungsweise das Bargeld sogar gänzlich abzuschaffen, dürften diesen Trend unterstützt haben. Das gilt es weiter zu beobachten.
Problematisch finden wir, dass Gold eine Volatilität aufweist, die zum Teil deutlich über der von Aktienmärkten liegt. Damit ist das Rendite-Risiko-Profil im Vergleich zu Wertpapieren nicht attraktiv. Die Inflationsentwicklung spricht ebenfalls nicht für Goldanlagen. Gegen Inflationsüberraschungen kann man sich außerdem zielgenauer mit inflationsindexierten Anleihen schützen.
Würden Sie jetzt Gold kaufen?
Schenk: Wir halten uns bei Goldinvestments weiterhin zurück. Wie die vergangenen Tage gezeigt haben, kann es für einen Privatanleger, der sich gegen Risiken absichern möchte, dennoch sinnvoll sein, mit einem Teil seines Vermögens auf physisches Gold zu setzen. In einem Umfeld, in dem knapp 80% der umlaufenden Bundesanleihen eine negative Rendite ausweisen und sich kaum Anlagealternativen aufdrängen hat sich die relative Attraktivität von Goldanlagen sicherlich verbessert.
Wo sehen Sie den Goldpreis am Jahresende? In 5 Jahren? In 10 Jahren?
Schenk: Unsere 12-Monats-Prognose für den Goldpreis liegt bei 1.100 US-Dollar pro Feinunze. Über länge Zeiträume wagen wir für den Goldpreis keine Prognosen.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.