Das Investment: Gold-Serie, Teil 8: „Investoren sollten sich auf Goldpreissprünge von 50 US-Dollar pro Tag einstellen“

sjb_werbung_das_investment_300_200Wie es mit dem Goldpreis weitergeht und welche Minenaktien anleger im Auge behalten sollten, erklärt Joachim Berlenbach, Geologe und Fondsberater des Earth Exploration Fund UI und des Earth Gold Fund UI im Gespräch mit DAS INVESTMENT.com.

DAS INVESTMENT.com: Nach massiven Verlusten im vergangenen Jahr geht es mit dem Goldpreis seit Jahresanfang wieder nach oben. Übliche Marktausschläge oder der Beginn einer Erholungsphase?

Joachim Berlenbach: Der Grund für den aktuellen Goldpreisanstieg von fast 20 Prozent seit seinem Tiefpunkt am 5. Januar 2016 bei 1.077 US-Dollar je Feinunze ist primär auf eine Zunahme der Nachfrage zurückzuführen, insbesondere der Investmentnachfrage. So gab es über die vergangenen Wochen ein paar ungewöhnlich hohe Käufe des SPDR Gold-ETFs. In den 40 Handelstagen des Börsenjahres 2016 erwarb dieser Fonds 188 Tonnen Gold. Insgesamt wurden im Januar und Februar 217 Tonnen für Gold-ETFs gekauft. Das letzte Mal, das Investoren über 40 Handelstage mehr als 217 Tonnen Gold gekauft hatten, war im Frühjahr 2010, etwa eineinhalb Jahre bevor der Goldpreis im September 2011 seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.

Hinter diesem erneuten Interesse an dem gelben Edelmetall steckt primär die zunehmend pessimistische Einschätzung der globalen Wirtschaftslage, die sich momentan in eine besorgniserregende Richtung zu bewegen scheint: die Prognosen für das globale Wirtschaftswachstum, einschließlich China und den USA, werden nach unten revidiert. Bankzinsen und Zinsen für Staatsanleihen befinden sich häufig im negativen Bereich. Trotz massiver Eingriffe der Zentralbanken bleiben Deflationsängste bestehen und für viele wichtige Aktienklassen werden negative Renditen prognostiziert. Dazu kommt, dass auch die geopolitische Lage zunehmend düsterer wird: eine Lösung für die europäische Flüchtlingskrise ist nicht zu sehen, der IS treibt sein archaisches Unwesen im Mittleren Osten und der Syrien-Konflikt spitzt sich zu. Kurzum, nach vielen Jahren eines freudigen Feuerwerkes in den Aktienmärkten mit Rekorderträgen navigieren Investoren plötzlich in eine undurchdringliche Nebelsuppe hinein, die Gefahren und Unsicherheiten mit sich zu bringen scheint.

Dazu kommt, dass der niedrige Goldpreis auf der Produzentenseite über die vergangenen Jahre zu radikalen Einsparmaßnahmen geführt hat, vor allem bei der Exploration und der Investition in neue Minenprojekte. Diese Sparmaßnahmen werden 2016 nach mehreren Jahren mit einem Anstieg der Produktion erstmals wieder zu einer fallenden Minen- und damit Goldproduktion führen. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Gold könnte dies den Preis zusätzlich nach oben drücken. Angesichts weniger attraktiver alternativer Anlagemöglichkeiten und einem Nullzinsumfeld erfüllt das gelbe Edelmetall nun für viele Anleger anscheinend wieder seinen Zweck als sicherer Hafen.

Wo steht Gold am Jahresende?

Berlenbach: Dies ist unmöglich vorherzusagen, da die Entwicklungen der US-Zinspolitik, globale Wirtschaftsentwicklungen, Währungsentwicklungen, mögliche Panikkäufe und Herdenverhalten, die alle den Goldpreis beeinflussen, einfach nicht verlässlich prognostiziert werden können. Sollten die negativen Trends, die sich zu Jahresbeginn etabliert haben, über die kommenden Monate nicht umgekehrt werden können, ist ein Goldpreis von deutlich über 1.300 US-Dollar je Feinunze jedoch sehr wahrscheinlich. Investoren sollten sich in einem solchen Szenario auch auf Goldpreissprünge von 50 US-Dollar pro Tag und höher einstellen. Es könnte sehr emotional werden. Der Schwarm der Lemminge scheint momentan jedenfalls wieder seine Richtung zu ändern und vom Glitzern des gelben Edelmetalls angezogen zu werden.

Auch die Nachfrage nach Gold ist stark gestiegen. Wie erklären Sie sich das?

Berlenbach: Sowohl die Investmentnachfrage, beispielsweise über ETFs, als auch die physische Nachfrage insbesondere aus China und Indien, sind gestiegen. Die zusätzliche Nachfrage von Zentralbanken, Münzkäufen und ähnlichem stützen einen steigenden Goldpreis. Investoren sollten die Entwicklung des US-Dollar im Auge behalten, denn die negative Korrelation des Goldpreises mit dem US-Dollar bleibt ein wichtiger Katalysator für den Goldpreis und damit der Goldnachfrage.

In der derzeitigen Diskussion über die Bargeld-Obergrenzen sehen einige Marktbeobachter bereits den ersten Schritt zu einer Bargeld-Abschaffung. Ohne Bargeld wären Sparer aber dem drohenden Negativzins der Banken schutzlos ausgeliefert, so ihre Argumentation. Damit bliebe Gold der einzige Ausweg, um der drohenden Enteignung der Bürger zu entkommen. Können Sie diese Argumentation nachvollziehen?

Berlenbach: Theoretisch ist dies natürlich nachvollziehbar, obwohl ich es für  unwahrscheinlich halte, dass mögliche Spekulationen über die Entwicklung zur bargeldlosen Gesellschaft die aktuelle Goldnachfrage unterstützen. Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass in einer bargeldlosen Gesellschaft die äußerst innovativen und kontrollsüchtigen Politikeliten den privaten Besitz von Gold kontrollieren werden. Das ist ja alles schon mal da gewesen.

Könnten die Diskussionen über Bargeld-Obergrenzen beziehungsweise -Abschaffung mit ein Grund für steigende Goldnachfrage gewesen sein?

Berlenbach: Ich denke nicht. Investoren in China und Indien befassen sich meiner Meinung nach zurzeit noch nicht mit der bargeldlosen Gesellschaft.

Auch Goldminen profitieren vom aktuellen Goldrausch: Die Kurse der Goldminen-Aktien haben sich in den letzten Tagen sogar verdoppelt. Sind diese Aktien nun fair bewertet oder ist da noch Luft nach oben?

Berlenbach: Hier gibt es ein Riesenspektrum von Bewertungen. Einige sind immer noch signifikant unterbewertet, andere schon sehr teuer oder zumindest „fair“ bewertet. Historisch gesehen steigen in der ersten Phase einer Goldhausse zunächst vor allem die hoch kapitalisierten Firmen, und das war auch diesmal der Fall. Außerdem kam dazu, dass die Leerverkäufe bei Aktien wie Barrick Gold oder Agnico Eagle extrem hoch waren, und die anfangs beobachteten Anstiege der Aktienkurse dieser Firmen konnte zum Teil auf die Deckelung der Leerverkäufe zurück geführt werden. In den nächsten Phasen der Goldhausse ist zu erwarten, dass viele kleinere Produzenten und Explorer, die ja immer noch extrem niedrig bewertet sind, die höher kapitalisierten Aktien outperformen werden. Außerdem sollten Investoren die bevorstehenden Übernahmeaktivitäten im Auge behalten, denn hier wird es ohne Zweifel noch einige Aktivitäten geben. Die kürzlich erfolgten Übernahmen von Lake Shore Gold und True Gold sind erst der Anfang.

Können Goldproduzenten auf dem aktuellen Preisniveau profitabel arbeiten?

Berlenbach: Momentan können die großen Produzenten dank rigoroser Kostenreduktion durchaus profitabel arbeiten. Die Industrie hat – mit wenigen Ausnahmen positive „free cash flows“. Allerdings liegt das Problem bei der Nachhaltigkeit der Produktion. Da die Einsparungen über die letzten Jahre vor allem Investitions- und Explorationskosten betroffen haben, wird es nun für die großen Produzenten schwieriger, ihr Produktionslevel nachhaltig zu halten. Der Fokus in der Industrie liegt verständlicherweise auf Shareholder Value, und nicht darauf, ob in zehn Jahren auch noch Gold produziert werden kann.

Ist die Konsolidierungswelle auf dem Goldminen-Markt schon vorbei? Und sind Minengesellschaften, die die Goldpreiseinbrüche des vergangenen Jahres überstanden haben, mittlerweile besser aufgestellt als vor den Preiseinbrüchen

Berlenbach: Nein, die Konsolidierung ist noch längst nicht vorbei, sie hat gerade erst wieder begonnen. Gerade die großen Produzenten müssen auch in Zukunft ihre abgebauten Reserven ersetzen, um die Produktion halten zu können. Aktuell ist es noch billiger neue Unzen durch Übernahmen zu kaufen, als zu explorieren, also selbst Geld in die Suche nach neuen Goldlagerstätten zu stecken. Die Gefahr besteht aber, dass sich der Zyklus von 2009 bis 2011 wiederholt, als es auf dem Höhepunkt des Goldpreises zu absolut irrsinnigen Übernahmen kam, wie beispielsweise den Kauf des afrikanischen Kupferproduzenten Equinox durch Barrick Gold für sieben Milliarden kanadische Dollar oder der Kauf der  Red Back’s Tasiast Mine für 7,1 Milliarden kanadische Dollar durch Kinross. Übernahmen machen durchaus Sinn, allerdings sollte man der Einschätzung des Firmenmanagements nicht unbedingt trauen.

Was sind derzeit die Hauptprobleme der Minengesellschaften?

Berlenbach: Derzeit ist die Goldindustrie ist beim aktuellen Goldpreis durchaus profitabel. Allerdings fehlt es längerfristig am Ersatz der abgebauten Reserven, um die Produktion aufrecht zu erhalten Dazu kommt, dass die durchschnittlichen Goldgehalte in den Lagerstätten fallen, es müssen immer mehr kleinere Lagerstätten mit geringeren Durchschnittsgehalten abgebaut werden, die Förderkosten je Unze steigen dadurch. Dazu sehe ich längerfristig wirklich ein Problem bei der Rekrutierung kompetenter Fachkräfte: bedingt durch die aktuelle Baisse im Rohstoffsektor sind viele Fachkräfte entlassen worden, eine ganze Generation von erfahrenen Managern geht momentan in Pension und neue Bergbauingenieure, Geologen usw. kommen nicht in genügenden Zahlen hinterher. Hier braut sich meiner Meinung nach ein wirkliches Problem für die Rohstoffindustrie zusammen.

Was sind derzeit Ihre Favoriten unter den Minengesellschaften?

Berlenbach: Der Earth Gold Fund UI investiert aktuell in eine Kombination von etablierten Produzenten, wie Kinross, die nach dem Tasiast-Disaster unter neuem Management steht, und, Firmen, die gerade neue Minen etablieren, wie Torex Gold, und damit das Anlagerisiko reduzieren sowie attraktive, gut geführte Explorer mit außergewöhnlichem Explorationspotenzial. Aktuell gefällt uns hier beispielsweise Integra Gold. Leider gibt es von letzteren immer weniger, denn gute Lagerstätten werden knapp, auch im Goldbereich.

Zur Person: Joachim Berlenbach ist Berater für den Earth Exploration Fund UI (WKN: A0J3UF) und für den Earth Gold Fund UI (WKN: A0Q2SD). Als Geologe kann er elf Jahre Berufserfahrung in der südafrikanischen Gold- und Platinbergbauindustrie vorweisen. Im Anschluss an die operativen Tätigkeiten in Bergbau und Exploration war Joachim Berlenbach sechs Jahre als Goldanalyst im Investment Banking tätig. Bevor er mit Universal-Investment 2006 die ERIG-Fonds auflegte, war er 2003 Mitbegründer der Fondsboutique Craton Capital.

Von: Svetlana Kerschner

Quelle: DAS INVESTMENT.

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