Das Investment: Nach Frankreich-Wahl: Darum stürzen sich 4 Fondsgesellschaften auf Europa-Aktien

sjb_werbung_das_investment_300_200Die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich ging am Sonntag zu Ende. Der Zentrumskandidat Emmanuel Macron und die extrem rechte Kandidatin Marine Le Pen werden in der Stichwahl um die französische Präsidentschaft am 7. Mai aufeinander treffen. So kommentieren 4 Fondsmanager und Volkswirte das Wahlergebnis.

Stefan Kreuzkamp, Chef-Anlagestratege der Deutschen Asset Management
„Das Ergebnis des ersten Wahlgangs stärkt unsere Zuversicht, dass Frankreich ab dem Sommer erstmals von einem eher reformorientierten Präsidenten geführt werden wird. Auch wenn das unserem Hauptszenario entsprach, sind wir dennoch erleichtert, da sich diese Wahl deutlich von den vorigen unterscheidet und unberechenbarer ist. Doch nach diesem Ergebnis würde ich sagen: Vive la France, es lebe Europa. Und europäische Aktien. Diese haben wir nach dem gestrigen Ergebnis auf Übergewichten hochgestuft.

Vom makroökonomischen Umfeld und der Gewinndynamik europäischer Firmen waren wir schon länger überzeugt. Doch die politischen Unwägbarkeiten haben unseres Erachtens vor allem ausländische Investoren davon abgehalten, ihre Gelder verstärkt nach Europa umzuschichten. Nach der Wahl in den Niederlanden und Österreich und neben den rückläufigen Umfragewerten der AfD in Deutschland deutet nun auch der erste Wahlgang in Frankreich darauf hin, dass die Populisten 2017 deutlich an Schwung verlieren. Bei allen Herausforderungen, die uns bleiben, könnte Europa zum Jahresende deutlich stabiler als zu Jahresbeginn dastehen.

In Bezug auf Frankreich selbst hält sich unser Optimismus noch in Grenzen. Viel hängt jetzt vom Ausgang der Parlamentswahlen ab und inwieweit sie das Mandat von Macron stärken. Er kann sich bisher weder auf eine eigene Partei noch auf langjährige politische Erfahrung stützen. Insofern betreten wir auch hier neues Terrain.“

Mark Haefele, globaler Investmentchef bei UBS Wealth Management
„Der Zentrumskandidat Emmanuel Macron und die extrem rechte Kandidatin Marine Le Pen werden in der Stichwahl um die französische Präsidentschaft am 7. Mai aufeinander treffen. Ein Sieg von Le Pen kann zwar nicht ausgeschlossen werden, doch den aktuellen Umfrageergebnissen zufolge hat Macron gute Chancen, Präsident zu werden. Deshalb senken wir unsere Schätzung der Wahrscheinlichkeit eines Wahlsiegs von Le Pen von 40 Prozent auf 25 Prozent.

Die globalen Märkte dürften dieses Ergebnis der ersten Runde positiv aufnehmen, da sich die Chance von Le Pen auf einen Wahlsieg verringert hat und der extrem linke Kandidat Jean-Luc Mélenchon ausgeschaltet ist. Der Euro stieg im frühen Handel um stattliche 1,9 Prozent und markierte mit 1.093 US-Dollar den höchsten Stand seit dem Tag nach der US-Präsidentschaftswahl im November.

Wenn die Märkte in Europa öffnen, dürfte sich die Risikobereitschaft der Anleger verbessert haben. Dies sollte wachstumssensible Vermögenswerte unterstützen, darunter auch unsere bestehenden übergewichteten Positionen in US-amerikanischen und globalen Aktien. Darüber hinaus ist mit einem Rückgang der Nachfrage nach Zufluchtsanlagen zu rechnen. Deshalb sollte unser Portfolio von unserer jüngsten Entscheidung profitieren, bei der Übergewichtung in 10- jährigen US-Treasuries gegenüber Barmitteln in US-Dollar Gewinne mitzunehmen. Der Kommentar des US-Finanzministers Steven Mnuchin, dass die US-Wirtschaft unter der Regierung Trump «gut für ein Wachstum positioniert» ist, dürfte ebenfalls zur Aufhellung der Marktstimmung beitragen.

Wir sind in der taktischen Vermögensallokation auch in Euro-Hochzinsanleihen untergewichtet. Nach dem Ergebnis des ersten Wahlgangs werden die Renditen kaum weiter fallen – sie befinden sich ohnehin nahe an Rekordtiefständen.

Bei den Währungen sind wir in globalen Portfolios im Euro gegenüber dem US-Dollar übergewichtet. Wir rechnen mit einer Stabilisierung von EUR/USD und EUR/CHF im Bereich von 1.08 bis 1.10. Sofern Macron die Stichwahl gewinnt, dürften die Währungspaare dann in Richtung 1.12 aus dieser Spanne ausbrechen. Die Devisenmärkte haben die geringere Wahrscheinlichkeit eines Wahlsiegs von Le Pen schnell eingepreist. Wenn Le Pen ihre gegen die EU gerichteten Aussagen abmildert und nach den jüngsten Terroranschlägen ihre wahrgenommene Stärke im Bereich der nationalen Sicherheit stärker zur Geltung bringt, könnte sie aber immer noch einige moderater eingestellte Wähler für sich gewinnen.

Außerdem könnte sie davon profitieren, wenn gemäßigte Wähler zu Hause bleiben und ihre hochmotivierte Anhängerbasis zu den Urnen geht.

Richard Turnill, globaler Chef Investmentstrategie bei Blackrock
Das Wahlergebnis der ersten Runde wird dazu beitragen, das gefühlte politische Risiko in Europa deutlich zu reduzieren. Angesichts dessen blicken wir positiv auf europäische Aktien. Wir denken, dass weniger politisches Risiko Investoren erlauben wird, sich auf das verbesserte Wachstum der Region zu konzentrieren. Europa dürfte von der weltweiten Reflation profitieren, zudem seien zyklische Aktien attraktiv bewertet.

Bei europäischen Anleihen ist Blackrock untergewichtet. Denn bessere Konjunkturaussichten könnten zu höheren Renditen und höheren Risikoaufschlägen auf Investmentgrade-Unternehmensanleihen führen – vor allem wenn die Märkte das Gefühl hätten, die Europäische Zentralbank werde ihre Anleihenkäufe rückgängig machen.

Wir gehen davon aus, dass französische Staatsanleihen sich im Vergleich zu deutschen Staatspapieren erholen. Gleichzeitig erwarten wir, dass die Renditen von Bunds als sichere Häfen ihre jüngsten Rücksetzer teilweise wieder gutmachen und dass die Renditen insgesamt steigen.

Andrew Wilmont, Senior Portfolio Manager für Europäische High-Yield-Strategien beim Asset-Manager Neuberger Berman: Volatility-Capture-Strategien
„Die Entscheidung, eines Großteils der Franzosen im ersten Wahlgang für den Zentrumspolitiker Emmanuel Macron zu stimmen, wird von den Märkten mit einiger Erleichterung begrüßt. In der Tat sprang der Euro heute Morgen auf ein Fünf-Monats-Hoch und Renten- und Aktienmärkte erholten sich. Jedoch wird Marine Le Pen auf dem zweiten Platz Investoren weiter in Atem halten, so dass das Ergebnis der zweiten Runde am 7. Mai mit Spannung erwartet wird. Der sozialistische Kandidat Jean-Luc Mélenchon erlebte einen späten Stimmenzuwachs, doch es reichte nur, um ihn auf den vierten Platz zu heben, nach dem konservativen Anwärter Francois Fillon, der Dritter wurde.

Wie wir im Vorfeld der niederländischen Wahl sahen, werden europäische Staatsanleihen und riskantere Anlagen in Europa in den nächsten zwei Wochen wohl voraussichtlich etwas sprunghaft sein. Auch bei Währungen kann eine gewisse Volatilität – zumindest kurzfristig – auftreten.

Grundsätzlich bleibt unser Basis-Szenario aber optimistisch: Europa genießt eine allmähliche Erholung, unterstützt durch kontinuierliches Wachstum, niedrige Zinsen, eine unterbewertete Währung und einen langsamen Anstieg beim Vertrauen der Unternehmer und der Verbraucher.

Insgesamt bevorzugen wir europäische Aktien gegenüber Anleihen und in den Anleihemärkten bevorzugen wir Unternehmens- gegenüber Staatsanleihen. Allerdings bergen die französischen und deutschen Wahlen das Risiko, dass die Stimmung ins Negative kippt und so die Erholung entgleisen lässt. Außerdem wird auch die vor kurzem angekündigte Wahl in Großbritannien, die am 8. Juni stattfindet, von den Märkten aufmerksam beobachtet werden, ob es Anzeichen für eine Aufweichung der Haltung des Landes zum Brexit gibt.

Vor diesem Hintergrund möchten Anleger sich womöglich näher mit Volatility-Capture-Strategien befassen: Dazu gehören etwa verschiedene Währungsstrategien und auch Index-Optionen, die eine gewisse Absicherung bieten (wenn auch mit begrenztem Aufwärtspotenzial) und genutzt werden, um Einnahmen zu generieren.“

Aufgrund unserer Positionierung vor den Wahlen und der signifikanten Bewegung vor Handelsbeginn nehmen wir im Augenblick keine Veränderung an unserer globalen Vermögensallokation vor. In den kommenden Tagen werden wir die Meinungsumfragen, die detaillierten politischen Manifeste der beiden Kandidaten und die Volatilitätsmassstäbe jedoch aufmerksam im Auge behalten, falls es am Markt zu Fehlbewertungen kommt oder sich neue Anlagechancen bieten.“

Quelle: DAS INVESTMENT.

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