Das Investment: Wie aktiv sind Fondsmanager? 6 Gründe, warum die Kennzahl Active Share überschätzt wird

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 08.07.2015.Daniela Brogt, Leiterin des Deutschland-Vertriebs bei Henderson Global Investors, erklärt was Aktive Share eigentlich ist und inwiefern es Ihr Portfolio beeinflussen kann.

Active Share – was ist das?

Active Share ist eine Kennzahl, die angibt, in welchem Maße die in einem Fonds gehaltenen Wertpapiere von der Zusammensetzung des jeweiligen Vergleichsindex abweichen.

Zu ihrer Berechnung nimmt man die absoluten Differenzen zwischen der Gewichtung jedes Titels im Fonds (Wfund,i) und in der Benchmark (Windex,i), summiert diese und teilt das Ergebnis durch 2. Mathematisch lässt sich das so darstellen:

Nehmen wir als einfaches hypothetisches Beispiel einen Index, der nur aus einer Aktie besteht. Wäre ein Fonds zu 50% in dieser und zu 50% in einer anderen Aktie investiert, ergäbe sich daraus ein Active Share von 50%. Weil mit absoluten Werten gearbeitet wird, gibt es keine Unterschiede bei der Behandlung von Unter- und Übergewichtungen – alle Differenzen werden als positiver Wert angegeben.

• Bei einem passiven Indexfonds liegt der Active Share deshalb bei nahezu 0%.
• Ein Fonds, der komplett außerhalb der Benchmark investiert, hat dagegen einen Active Share von 100%.

Warum findet der Active Share so viel Beachtung?

Der Grund liegt vielleicht darin, dass es sich um eine relativ einfache statistische Kennzahl handelt – und weil dahinter die Logik steht, dass nur derjenige einen Index schlagen kann, der sich von diesem unterscheidet. Die ursprünglichen „Erfinder“ des Active Share waren die US-Forscher Martijn Cremers und Antti Petajisto von der Yale School of Management. Bei einer Untersuchung von 2.650 Fonds anhand von Daten für den Zeitraum 1980-2003 fanden sie heraus, dass die Fonds mit dem höchsten Active Share ihre Benchmark um 1,49%-1,59% übertrafen (nach Abzug von Gebühren).* Daraus wurde gefolgert, dass ein höherer Active Share sei gleichbedeutend mit einem größeren Anlageerfolg sei. Ein solcher Schluss ist jedoch aus unserer Sicht mit großer Vorsicht zu genießen.

Des Weiteren wurde argumentiert, anhand des Active Share lasse sich beurteilen, welches aktive Risiko ein Fonds verglichen mit seiner Benchmark eingeht. Implizit steht dahinter die Annahme, ein höherer Active Share zeuge von einem höheren aktiven Risiko. Auch diese Interpretation ist nach unserer Überzeugung zu simpel und kann irreführend sein.

Active Share: sechs wichtige Einwände

Obwohl wir den Active Share bei Henderson intern berechnen (übrigens schon seit vielen Jahren), sehen wir darin nur eine Kennzahl unter vielen. Bezüglich der Aussagekraft müssen aus unserer Sicht sechs wichtige Einwände geltend gemacht werden:

1. Active Share misst nicht das Können des Fondsmanagers

Ein hoher (oder höherer) Active Share kann den Erfolg eines Fondsmanagers nicht vorhersagen, und er sagt auch nichts darüber aus, ob dieser ein guter oder weniger guter Stockpicker ist. Zwar ist es richtig, dass ein hoher Active Share einem kompetenten Fondsmanager mehr Gelegenheiten zur Outperformance gibt, doch genauso ist das Potenzial für ein besonders schwaches Abschneiden größer, wenn die aktiven Anlageentscheidungen schlecht sind.

Das verdeutlicht die folgende Abbildung, in der die annualisierten Überrenditen (Outperformance gegenüber dem MSCI Europe ex UK Index) von Fonds im IA Europe ex UK Sector für den 5-Jahreszeitraum bis zum 31.12.2014 dargestellt sind. Die erzielten Renditen werden dem Active Share jedes Fonds gegenübergestellt (unter Verwendung von Quartalsdurchschnittswerten). Wertentwicklungen der Vergangenheit sind bekanntlich kein Indikator für zukünftige Erträge, aber die Abbildung zeigt klar, dass ein hoher Active Share eben keine Erfolgsgarantie darstellt – viele Fonds, die beim Active Share einen hohen Wert haben, weisen eine negative Überrendite auf (hinken also ihrer Benchmark hinterher).

Zudem erlaubt Active Share für sich genommen keine Aussage darüber, ob ein Fondsmanager die Fähigkeit besitzt, regelmäßig überdurchschnittliche Erträge zu erzielen. Andere Kennzahlen wie Information Ratio und Sharpe Ratio sind oft aussagekräftiger, da sie mehr Informationen über Renditen und risikobereinigte Renditen vermitteln.

2. Als Maß für das Risiko ist Active Share nur bedingt geeignet

Für sich allein genommen sagt der Active Share wenig über das Risiko eines Portfolios aus. Das wollen wir anhand des nachstehenden Beispiels zeigen, in dem wir zwei Fonds miteinander vergleichen, deren Benchmark identisch ist.

Fonds A investiert in einen Indexfonds (ETF), der die Benchmark nachbildet, doch weil dieses passive Produkt nicht Teil des FTSE 100 Index ist, gilt es offiziell als Off-Benchmark-Investment. Somit beträgt der Active Share von Fonds A 100%. Obwohl er also den Maximalwert hat, entspricht die Wertentwicklung fast genau der Benchmark. Durch die Gebühren ergibt sich allerdings eine gewisse Underperformance. Bemerken könnte ein Anleger, dass er es mit einem Indexfonds zu tun hat, durch einen Vergleich des Tracking Error (Kennzahl, die die Schwankungen der erzielten Überrendite misst) von Fonds A und dessen Active Share.

Fonds B hat einen niedrigen Active Share, wegen des Investments in Russland jedoch ein wesentlich höheres Risiko. Beschränkt man die Betrachtung allein auf den Active Share, kann somit ein falscher Eindruck von Sicherheit entstehen. Die Kenntnis der genauen Zusammensetzung des Tracking Error würde einen Anleger in die Lage versetzen, das Risiko des Fonds besser zu beurteilen.

3. Active-Share-Werte sind nicht immer vergleichbar und können Risiken verdecken
Ein Beispiel: Man könnte ein defensiv ausgerichtetes, von Titeln mit sehr hoher Marktkapitalisierung („Mega-Caps“) dominiertes Portfolio mit einem Active Share von 65% zusammenstellen und dann ein zweites mit gleich hohem Active Share, aber völlig anderem Risikoprofil. In dem zweiten Portfolio könnten etwa zyklische Titel, Nebenwerte oder volatile, weniger liquide Aktien überwiegen. Faktoren wie Größe, Volatilität und Korrelationen werden bei der Berechnung des Active Share nicht berücksichtigt, und somit können zwei Portfolios mit gleichem Active Share ein völlig unterschiedliches Risikoprofil aufweisen.

4. Bei unterschiedlichen Märkten ist die Vergleichbarkeit oft nicht gegeben

An einigen Märkten ist es leichter als an anderen, einen hohen Active Share zu erreichen. Das kann den falschen Eindruck erwecken, dass bestimmte Fonds aktiver sind als andere. So weisen manche Indizes beispielsweise einen hohen Anteil von Mega-Caps auf, daneben jedoch auch eine große Auswahl an mittleren oder kleinen Werten. Das macht es leichter, einen hohen Active Share zu erreichen (einfach, indem man die Mega-Caps meidet), als an einem Markt, dessen Anlageuniversum kleiner ist beziehungsweise nicht von einer Handvoll Mega-Caps dominiert wird.

In der Tabelle sieht man, dass es in Großbritannien, Skandinavien und im Technologiesektor leichter ist, einen hohen Active Share zu realisieren als in den USA oder Kontinentaleuropa. Grund dafür ist einfach nur die Zusammensetzung des jeweiligen Index.

5. Active Share als Resultat aktiver Entscheidungen

Bei den meisten Fonds steigt oder sinkt der Active Share, wenn Änderungen am Portfolio vorgenommen werden. Es kann vorkommen, dass ein Fondsmanager zu der Auffassung gelangt, ein größerer Kassenanteil sei im Interesse der Kunden, etwa in einer Phase der Marktturbulenzen oder wenn nach einer Phase der guten Performance eine Gewinnmitnahme gewünscht wird. Solche Maßnahmen hätten Einfluss auf den Active Share, es wären aber sinnvolle aktive, im Interesse der Anleger getroffene Entscheidungen. Eine schlichte Momentaufnahme des Active Share würde diesen Umstand ignorieren.

6. Ein sehr hoher Active Share kann ein Warnsignal sein

Eine Benchmark soll Anlegern und Portfoliostrategen als Orientierungspunkt dienen, anhand dessen sie die relative Performance eines Fonds beurteilen können. Ist ein Fonds nun regelmäßig völlig von der Benchmark „losgelöst“ – mit beständig hohem Active Share von fast 100% –, stellt sich die Frage, ob die Benchmark für den betreffenden Fonds überhaupt richtig gewählt ist.

Fazit – Active Share ist zu isolierter Betrachtung ungeeignet

Wir halten den Active Share für eine potenziell irreführende Kennzahl, insbesondere bei isolierter Betrachtung oder wenn einige oder alle der hier angesprochenen Probleme zutreffen. Sinnvoller erscheint uns eine umfassendere Bewertung, bei der mehrere Indikatoren herangezogen und auch das Risikoprofil des Fonds und die Art der getroffenen aktiven Entscheidungen berücksichtigt werden.

* Quelle: Martijn Cremers and Antti Petajisto: “How active is your fund manager?”, International Center for Finance, Yale School of Management, 7.8.2006.

Anmerkung: Überrendite: Annualisierte Überrendite jedes Fonds im IA Europe ex UK Sector verglichen mit dem MSCI Europe ex UK Net Return Index, in GBP. Durchschnittlicher Active Share: Wir verwenden den iShares MSCI Europe ex UK Index stellvertretend für den MSCI Europe ex UK, wobei der Active Share in dem 5-Jahreszeitraum für jeden Fonds am Ende jedes Quartal berechnet wird.

Berücksichtigt sind Fonds mit vollständiger 5-Jahreshistorie, für die vergleichsweise vollständige vierteljährliche Active-Share-Daten vorliegen. Bitte beachten Sie, dass wir aus Gründen der Konsistenz eine einzige Benchmark für alle Fonds zugrunde gelegt haben; in der Realität können die offiziellen Vergleichsindizes der Fonds im IA Europe ex UK Sector von Fonds zu Fonds unterschiedlich sein.

Wertentwicklungen der Vergangenheit sind kein Indikator für zukünftige Erträge. Der Wert einer Anlage und die Einkünfte aus ihr können steigen oder fallen. Es kann daher sein, dass Sie nicht die gesamte investierte Summe zurückerhalten.

Von: Daniela Brogt

Quelle: DAS INVESTMENT.

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