Das Investment: Fondsklassiker im Porträt: Templeton Growth Fund: „Das größte Potenzial hat Europa“

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 SJB | Korschenbroich, 29.04.2015. Norman Boersma, Manager des Templeton Growth Fund, sucht weltweit nach unterbewerteten Aktien mit langfristigem Wachstumspotenzial. Dabei wird er derzeit besonders häufig in Europa fündig.

DAS INVESTMENT.com: In Ihrem Portfolio fällt die hohe Gewichtung Europas auf. Was ist der Grund dafür?

Norman Boersma: Europa haben wir in den meisten unserer globalen Portfolios am stärksten übergewichtet. Der Grund ist in unserem Investmentansatz zu sehen. Wir haben ein Team von 39 Analysten, die rund um die Welt verteilt sind und die weltweit nach Titeln suchen, die stark unterwertet sind, bei denen sie aber die Chance sehen, dass das Potenzial über einen Zeitraum von fünf Jahren zutage tritt. Das Management des Fonds entscheidet, was davon in das Portfolio kommt.

Und da werden Sie derzeit am ehesten in Europa fündig?

Ja. Neun der zehn günstigsten Märkte sind nach unseren Berechnungen derzeit in Europa. Die USA sind im aktuellen Konjunkturzyklus weiter vorangeschritten. Das kommt in einer insgesamt höheren Bewertung zum Ausdruck. Das heißt nicht, dass wir diesen Markt meiden. Wir finden dort, aufgrund der Tiefe und Breite des Markts, attraktive Aktien. Aber es ist ein Markt für Stockpicker, also für den, der genau analysiert. Interessant sind, nachdem die Kurse zwei Jahre lang denen der Industrieländer hinterherhinkten, die Emerging Markets. Gerade in China finden wir vereinzelt werthaltige Investments. Das größte Potenzial hat aber Europa.

Viele meiden Europa wegen der schwachen Konjunktur und der politischen Unsicherheiten …

Sir John Templeton sagte sinngemäß, dass sich Investoren stets daran erinnern sollten, dass schlechte Konjunkturphasen temporär sind und die Menschen nicht immer pessimistisch bleiben. Genau das gilt für Europa. Natürlich war der Optimismus zu Beginn 2014 groß, aber wegen der Mischung aus geopolitischen Unruhen, konjunkturellem Gegenwind und deflationären Kräften ist dieser positive Ausblick verflogen.

Sehen Sie Anzeichen einer Besserung?

Ja. Investoren übersehen positive Entwicklungen auf dem alten Kontinent. Der schwache Euro und der niedrige Ölpreis bedeuten Rückenwind. Der Internationale Währungsfonds geht davon aus, dass diese beiden Komponenten 2015 für einen Prozentpunkt zusätzlichen Wachstums sorgen werden. Die Stimmungsindikatoren signalisieren erste Zeichen einer Erholung. Dazu kommt, dass sich die Bilanzen der Banken infolge des Stresstests verbessert haben. Es ist zwar noch ein weiter Weg, bis Europa wieder Vertrauen bei den Investoren genießen wird. Verglichen mit anderen entwickelten Märkten aber hat Europa den größten Spielraum für geldpolitische und fiskalische Stimuli. Und schließlich sind europäische Unternehmen global sehr wettbewerbsfähig.

Viele Anleger favorisieren Japan. Wie schätzen Sie Nippons Aktienmarkt ein?

In Japan gibt es kaum Unter-nehmen, die für uns interessant sind. Traditionell standen Aktionäre dort nie an erster Stelle, was zu niedrigen Erträgen führte und das niedrige Kurs-Buchwert-Verhältnis rechtfertigte. Das Land braucht vor allem im Unternehmenssektor strukturelle Reformen. Die könnten Profitabilität, Konsum und Investitionen steigern. Genau darauf zielt übrigens der dritte Pfeil der Abenomics ab. Aber ob das erfolgreich sein wird, ist noch offen.

Auf Sektorenebene fällt die hohe Gewichtung des Energiesektors auf. Der steht aber derzeit mächtig unter Druck.

Wir glauben, dass dem Sektor ein holpriger Weg bevorsteht. Aber diese Branche war seit Jahrzehnten nicht so tief bewertet wie jetzt. Zudem besinnen sich Energiekonzerne wieder darauf, ihre Aktionäre stärker an den Gewinnen zu beteiligen. Unserer Ansicht nach wird sich der wahre Wert dieses Sektors dann zeigen, wenn wieder mehr Optimismus gegenüber Energieaktien vorherrscht.

Sehen Sie nach fünf Jahren steigender Kurse nicht Übertreibungen?

Aktien erscheinen, verglichen mit ihrer langfristigen historischen Bewertung, nicht überbewertet und im Vergleich zu Anleihen sogar billig. Der durchschnittliche Ertrag von Aktien über den Zeitraum von zehn Jahren liegt derzeit zudem unter dem langfristigen Durchschnitt. Das soll nicht heißen, dass die Märkte 2015 zwingend stark steigen. Aber Aktien haben noch Potenzial. Entscheidend ist, die Werte mit dem größten Potenzial zu finden. Deshalb kann aktives Management gegenwärtig einen Mehrwert liefern.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Samsung haben wir nach dem Zusammenbruch der New-Ecomomy-Blase 2001 gekauft. In der Finanzkrise verloren die Titel dann deutlich an Wert, weil die Preise für Speicherchips, einen der Haupttreiber der Erträge des Konzerns, einbrachen. Aber Samsung verfügte über eine starke Bilanz und hohe Cashflows und verstärkte seine Investitionen in Forschung und Entwicklung, während der Wettbewerb dies nicht konnte oder wollte. Der Markt gestand Samsung damals auf-grund des schwachen Halbleitergeschäfts nur eine geringe Bewertung zu. Wir aber sahen Licht am Ende der Tunnels. Zum einen, weil sich die Konjunktur langsam erholte, zum anderen wegen der positiven Wirkungen der Investitionen. Wir haben also weiter Potenzial gesehen, und insgesamt hat die Aktie seit dem ersten Kauf 600 Prozent zulegt.

Und wann verkaufen Sie Aktien?

Zum einen, wenn die Aktie ihren Zielkurs erreicht hat. Zum anderen überprüfen wir die Aktien im Portfolio regelmäßig. Wenn die Idee, warum wir die Aktie gekauft haben, nicht mehr gegeben ist, dann trennen wir uns von ihr.

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