SJB | Korschenbroich, 09.03.2016.Wo liegen die 100 Fonds-Klassiker im Konkurrenz-Vergleich, wie sind sie aktuell aufgestellt und was treibt ihre Manager gerade um? Antwort gibt das regelmäßige Update von DER FONDS. Dieses Mal: der Candriam Equities Biotechnology von Rudi Van den Eynde.
Candriam Equities L Biotechnology
1. Der Konkurrenz-Vergleich
Rudi Van den Eynde hat einen sehr pragmatischen Ansatz, mit dem er den Candriam Equities Biotechnology bereits seit der Auflegung vor rund 16 Jahren erfolgreich managt.
„Ich denke wie ein Arzt, um die Erfolgsaussichten für Neuerungen im Bereich Biotechnologie und Medizin zu bewerten“, fasst er seine Strategie zusammen. Mit dieser Vorgehensweise bewies der Candriam-Manager in der Vergangenheit meist einen guten Riecher. Im jüngsten Zwölf-Monats-Vergleich kommt das allerdings nur bedingt zum Ausdruck: So liegt sein Fonds mit einem von Februar 2015 an gerechneten Minus von 22,5 Prozent leicht unterhalb des Durchschnitts der FWW-Vergleichsgruppe Aktien Biotechnologie Welt.
Insbesondere in der ersten Jahreshälfte 2015 schnitt der Fonds etwas schwächer ab als einige Konkurrenten. „Viele Investoren haben aggressiv auf Firmen gewettet, die wie Intercept Pharmaceuticals noch im frühen Stadium der klinischen Tests stecken. Das Unternehmen hat seinen Kurs in nur wenigen Monaten verdoppelt, und wir waren hier nicht so stark investiert“, blickt Van den Eynde auf 2015 zurück
Im Laufe des Jahres habe sich sein weniger aggressiver Kurs dann wieder bezahlt gemacht. Zudem habe der Fonds von Positionen wie Genmab profitiert: „Diese Aktie hat innerhalb eines knappen Jahres um das Dreifache zugelegt, wir haben dann im Dezember verkauft“, zeigt sich der Candriam-Manager mit der zweiten Jahreshälfte zufrieden.
Auch im Drei-Jahres-Vergleich setzt sich Van der Eyndes langjähriger Highflyer nicht von der Vergleichsgruppe ab. Das absolute Ergebnis kann sich aber mit einem Zuwachs von 101,9 Prozent allemal sehen lassen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch über fünf Jahre. Dort weist der Fonds einen Wertzuwachs von 206,2 Prozent aus, knapp 2 Prozentpunkte mehr als die Vergleichsgruppe. Wie rasant sich der Sektor in diesem Zeitraum entwickelt hat, macht Van der Eynde beispielhaft an zwei Firmen fest:Regeneron und Pharmasset. Der Kurs des ersten, auf Augenleiden spezialisierten Unternehmens notierte im November 2011 noch bei unter 50 US-Dollar und schoss bis Sommer 2015 angesichts einer überzeugenden Produkt-Pipeline auf zeitweise über 580 Dollar. Pharmasset wiederum steht für eine der größten Übernahmen in diesem Sektor in den vergangenen Jahren: Bei einem Kurs von 72,50 Dollar zahlte Gilead im November 2011 pro Aktie eine Prämie von 64,50 Dollar oder von umgerechnet 89 Prozent.
Das trotz der glänzenden Performance nur durchschnittliche Ergebnis der vergangenen fünf Jahre erklärt Van der Eynden unter anderem damit, dass er den teils übertriebenen Hype um manche Unternehmen nicht mitgemacht hat und stattdessen auf einen ausgewogenen Mix aus etablierten Marktführern und aussichtsreichen kleinen Newcomern setzt. Auf lange Sicht ist Van den Eynde mit diesem Ansatz gut gefahren: Auf Sicht von zehn Jahren liegt sein Fonds mit einem Plus von 271,1 Prozent an der Spitze des Teilnehmerfeldes.
2. Die aktuelle Positionierung
Aktuell hält Van den Eynde den bisherigen Performance-Lieferanten Regeneron gegenüber seinem Vergleichsindex mit einem Anteil von 6,5 Prozent untergewichtet, da er die Markteinführung des neuen Cholesterin-Medikaments Praluent eher skeptisch beurteilt. „Ich sehe mehr Potenzial für das Konkurrenzprodukt Repatha von Amgen“, begründet er die seit Mitte 2015 deutlich aufgestockte Gewichtung dieses Titels. Bei den Small Caps hält der Fondsmanager unter anderem Incyte, Ophthotech und Fibrogen übergewichtet, die sich auf Onkologie, Augenleiden und Fibrose spezialisiert haben.
Das Branchen-Schwergewicht Biogen ist im Fonds schon seit längerer Zeit unterrepräsentiert. „Wir waren von den Prognosen für die Verkäufe des bekanntesten Medikaments Tecfidera nicht überzeugt und bewerten die Produkt-Pipeline als hoch riskant“, begründet Van den Eynde. Da sich Tecfidera aber entgegen seinen Erwartungen bislang recht gut verkauft, hat er dort im Vergleich zum Sommer kräftig aufgestockt.
Neu im Portfolio ist unter anderem Genomic Health: „Dieser Titel wurde von vielen Investoren gemieden und abgestraft, in der jüngsten volatilen Phase hat sich die Aktie aber gut behauptet“, sagt Van den Eynde. Potenzial sieht der Candriam-Manager auch für Nektar Therapeutics, ein auf onkologische Therapien spezialisiertes Unternehmen: „Die Pipeline ist vielversprechend und selbst im Falle eines Scheiterns mit dem jüngsten Wirkstoff steht die Firma gut da, da sie für eine spezielle Technologie Lizenz-Einnahmen von anderen Unternehmen erhält.“
DER FONDS: In den vergangenen Wochen mussten die Aktien von Biotech-Unternehmen kräftige Verluste einstecken. Wie schätzen Sie die Aussichten für 2016 ein – besser oder schlechter als für den Aktienmarkt allgemein?
Rudi Van den Eynde: Der Biotech-Sektor durchläuft seit Jahresbeginn eine sehr heftige Korrekturphase. Wir sehen den Grund unter anderem in dem Medien-Hype um die US-Präsidentschaftswahl, die auch Themen wie die Preisgestaltung von Medikamenten aufgreift. Zusammen mit der niedrigen Liquidität auf den Aktienmärkten hat das dazu geführt, dass die Kurse so extrem nach unten ausgeschlagen haben. Bislang herrschte, was die Preise der Medikamente angeht, über Jahre praktisch eine Selbstbedienungs-Mentalität. Eine Begrenzung ist vom ethischen Standpunkt zu begrüßen und auch wirtschaftlich tragbar. Wir halten die aktuelle Talfahrt der Kurse für stark übertrieben. Die Preise werden auch künftig hoch genug bleiben, um gute Renditen zu erzielen und um die Forschung attraktiv zu halten. Beispielsweise im Bereich der Immun-Onkologie stehen wir vor bahnbrechenden Innovationen. Wir gehen davon aus, dass die Branche sich erholen wird, allerdings wird der Kursverlauf volatil bleiben – und es ist derzeit schwer absehbar, wie lange dieser Prozess anhalten wird.
Wie gehen Sie mit schwächeren Marktphasen um, inwieweit weichen Sie auf benachbarte Branchen aus?
Wir setzen derzeit stärker auf hohe Gewichtungen in Branchenriesen wie etwa Celgene. Wir vermeiden jedoch größere Positionen bei Pharmaunternehmen mit großen Biotech-Etats wieRoche oder Bristol-Myers, um uns nicht zu stark defensiv aufzustellen. In Phasen des breiten Ausverkaufs ist es ohnehin unmöglich, sich solchen Marktschwächen vollkommen zu entziehen. Das beunruhigt uns aber nicht, denn aus solchen schwachen Phasen gingen die Unternehmen bislang jedes Mal gestärkt hervor. Es ist nur sehr bedauerlich, dass die aktuelle Korrektur in eine Phase voller spannender Innovationen fällt.
Der Biotech-Sektor ist üblicherweise schwach mit dem allgemeinen Aktienmarkt korreliert. In den vergangenen Monaten ging es für beide jedoch steil bergab. Warum war die Korrelation zuletzt so hoch und wann war sie zuletzt besonders niedrig?
Im langfristigen Vergleich ist die Korrelation niedrig, denn der Erfolg oder Misserfolg eines Medikaments ist konjunkturunabhängig. In jüngster Zeit hat die Korrelation dennoch deutlich zugenommen. Das liegt daran, dass viele Unternehmen der Branche größtenteils von diversifizierten US-Multis gehalten werden. Außerdem hat der Erfolg der vergangenen Jahre dazu geführt, dass die Gewichtung der Large Caps im Nasdaq-Index gestiegen ist. Das treibt die Korrelation hoch – insbesondere in Stressphasen wie nach der Jahrtausendwende, als der Biotech-Sektor jahrelang im Gleichschritt mit den anderen Märkten schlecht lief. Zwischen 2006 und 2008 wurde die Branche dann aufgrund des Rohstoff-Booms übersehen und war geringer mit den Aktienmärkten korreliert. Langfristig wird das auch wieder der Fall sein, vorausgesetzt, es gibt keine allzu restriktiven Auflagen seitens der US-Regierung bezüglich der Medikamentenpreise.
Von: Claudia Lindenberg
Quelle: DAS INVESTMENT.