SJB | Korschenbroich, 06.05.2016. Wo liegen die 100 Fonds-Klassiker im Konkurrenz-Vergleich, wie sind sie aktuell aufgestellt und was treibt ihre Manager gerade um? Antwort gibt das regelmäßige Update von DER FONDS. Dieses Mal: der Fidelity Germany Fund von Christian von Engelbrechten.
1. Der Konkurrenz-Vergleich
Mit einem Mix aus Dax- und Nicht-Dax-Unternehmen steuert Christian von Engelbrechten seit nunmehr rund fünf Jahren den Kurs des Fidelity Germany Fund. Bereits zuvor war der Fondsmanager mit an der Verwaltung durch seine Vorgängerin Alexandra Hartmann beteiligt.
Seit der Übernahme durch den ehemaligen Aktienanalysten für kleine und mittlere Unternehmen spielen Aktien aus der zweiten Reihe im Fonds eine größere Rolle als bisher. Dabei bevorzugt der Fidelity-Manager ein konzentriertes Portfolio, bestehend aus 40 bis 50 Titeln. Im Performance-Vergleich über ein Jahr liegt der Klassiker für deutsche Aktien aller Größenklassen mit einem Minus von 8,4 Prozent auf Rang 10 der FWW-Kategorie Aktien All Cap Deutschland (Stichtag 26. April 2016). Dass die Platzierung nicht noch besser ausfiel, führt von Engelbrechten unter anderem darauf zurück, dass er übers vergangene Jahr sowohl Allianz als auch Deutsche Telekom untergewichtet hielt und mittlerweile beide Positionen verkauft hat. „Ich sehe dort derzeit nur moderate Wachstumsaussichten“, begründet er. Aufgrund hoher Dividendenrenditen und leichter Verbesserungen der Geschäfte könnten solche Unternehmen zwar temporär Kursaufschwünge sehen. Aber: „Ich denke nicht, dass das nachhaltig sein wird.“
Gegenüber dem Dax beziehungsweise seiner Benchmark H-Dax muss sich der Fidelity Germany Fund so oder so nicht verstecken: So verlor der Dax im gleichen Zeitraum rund 13 Prozent und der H-Dax knapp 11 Prozent.
Im Drei-Jahres-Vergleich liegt von Engelbrechtens Fonds mit einem Wertzuwachs von 45,8 Prozent auf Rang 6 der Vergleichsgruppe. Das längerfristig gute Abschneiden ist seiner Einschätzung nach unter anderem ein Ergebnis seiner Entscheidung, wachstumsschwache Unternehmen außen vor zu lassen: „Dazu gehörten unter anderem Versorger und Banken“, so der Fidelity-Manager. Auch über drei Jahre hängt sein Fonds die Vergleichsindizes ab, die in diesem Zeitraum ein Plus von 31,3 Prozent (Dax) und 36,5 Prozent (H-Dax) verbuchten.
Erfreulich fällt auch die Bilanz über fünf Jahre aus: Das Plus von 58,2 Prozent beschert dem Fonds ebenfalls einen respektablen sechsten Platz. „Wachstumswerte wie Fresenius, United Internet und Grenke Leasing haben dem Fonds gutgetan. Sie haben ein kontinuierliches Wachstum hingelegt und ihre Gesamtkapitalrendite liegt deutlich über den Kapitalkosten“, erläutert von Engelbrechten. Gegenüber Dax und H-Dax behauptet sich sein Fonds auch über diesem Zeitraum mit einem deutlichen Vorsprung: Die beiden Indizes legten im gleichen Zeitraum um vergleichsweise bescheidene 39,5 Prozent beziehungsweise 46,4 Prozent zu.
2. Die aktuelle Positionierung
Derzeit ist von Engelbrechten am stärksten in den Bereichen Verbrauchsgüter (28,0 Prozent) und Informationstechnologie (23,7 Prozent) investiert. Ebenfalls zweistellig gewichtet er Gesundheits- und Industrietitel (siehe Grafik). „Ich möchte unterschätztes Wachstum und eine unterschätzte Gesamtkapitalrendite sehen. Ein Beispiel ist United Internet. Diese Aktie ist dieses Jahr unter Druck gekommen. Das ist jedoch eine gute Möglichkeit, das Engagement zu erhöhen.“
Keine Kompromisse geht von Engelbrechten derzeit bei den Auto-Herstellern ein. „Ich habe 2015 angefangen, mich von diesen Titeln zu trennen, seit Jahresbeginn habe ich meine Positionen dort weitgehend glattgestellt“, sagt der Fidelity-Manager. Diese Entscheidung begründet er damit, dass die Analysen zu den Endmärkten einen negativen Trend anzeigen: „Ich denke zum Beispiel, dass nach zehn Jahren starken Wachstums für dieses Segment aus China keine zusätzlichen Impulse mehr zu erwarten sind. Im Gegenteil, ich gehe von Überkapazitäten und mehr Wettbewerb aus.“
Gute Chancen sieht er jedoch beim Zulieferer Continental – mit derzeit 6,8 Prozent Portfolio-Anteil die drittgrößte Position im Fonds. „Das Unternehmen spielt bei allen wichtigen Zukunftstrends der Autobranche weltweit vorn mit, daher erwarte ich überdurchschnittliche Wachstumsperspektiven.“
Einen klaren Schnitt hat von Engelbrechten auch bei den Versicherern im Portfolio gemacht und sie komplett verkauft: „Sowohl der Allianz als auch der Münchener Rück traue ich kein starkes Ergebniswachstum zu“, lautet sein eindeutiges Urteil. Damit weicht der Fidelity Germany Fund stark von der Zusammensetzung des Dax ab, wozu auch die großen Untergewichtungen in Titeln wie Linde oder BASF beigetragen.
DER FONDS: Wo steht der deutsche Aktienmarkt derzeit im globalen Vergleich?
Christian von Engelbrechten: Wenn man sich die Bewertungen anschaut, erkennt man, dass der deutsche Aktienmarkt mit einem Abschlag zum europäischen Markt handelt, den wir in dieser Höhe selten gesehen haben. Beim Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt die Differenz 20 Prozent. Gleichzeitig zeigen sich die deutschen Unternehmen fundamental stärker als die Firmen in anderen europäischen Ländern. Die Gewinnschätzungen für dieses Jahr entwickeln sich für Deutschland deutlich besser als im übrigen Europa. Insbesondere der heimische Konsum stützt eine positive Entwicklung in Deutschland.
Werden Nebenwerte auch 2016 der wesentliche Performance-Treiber sein?
Der Gesamtmarkt ist zwar günstig bewertet, aber da gibt es kaum Wachstum. Vom DAX erwarte ich deshalb etwa 5 bis 8 Prozent entsprechend der durchschnittlichen Gewinnentwicklung der großen Unternehmen. Es kommt noch mehr als 2015 darauf an, diejenigen Unternehmen herauszufiltern, die auch in einem moderaten Wirtschaftsumfeld durch neue Produkte und Marktanteilsgewinne wachsen werden. Viele dieser Unternehmen findet man bei den Small und Mid Caps. Bei diesen Werten kommt hinzu, dass viele Banken und Broker ihre Analysekapazitäten reduziert haben, um Kosten einzusparen. Da sind wir mit einem der größten Research-Teams weltweit im Vorteil. Man muss aber aufpassen, denn im Bereich Small und Mid Caps sind die Risiken besonders hoch: Über die vergangenen zwölf Monate haben die schlechtesten S-DAX Werte 60 Prozent und mehr eingebüßt.
Sie kaufen bevorzugt Qualitäts-Wachstumsaktien. In welchen Branchen werden Sie da zurzeit am ehesten fündig, und welche Titel gefallen Ihnen zurzeit besonders?
Man findet in nahezu jeder Branche Sieger. So meide ich zum Beispiel zwar grundsätzlich den Telekom-Sektor wegen hoher Investitionen und hohem Wettbewerb, aber auch hier gibt es mit United Internet einen Quality-Growth-Titel. Auch im Medienbereich, der vom starken deutschen Konsumenten profitiert, finden sich mit Ströer und Pro Sieben Sat1 Gewinner. Pro Sieben Sat1 versteht es zum Beispiel exzellent, die im TV-Geschäft generierten Cashflows in neue Geschäftsideen wie Verivox zu reinvestieren, die zusätzlich mit freien Werbezeiten im TV gefördert werden. Von all diesen Unternehmen erwarte ich über die nächsten fünf Jahre eine Gewinnverdopplung oder mehr.
Von: Claudia Lindenberg
Quelle: DAS INVESTMENT.