Das Investment: Was hat Flüchtlingsproblematik mit der Abschaffung der Abgeltungssteuer zu tun?

sjb_werbung_das_investment_300_200Wird die Abgeltungssteuer bald abgeschafft? Was kommt danach? Werden Kleinsparer ihre Gewinne tatsächlich mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz von bis zu 45 Prozent versteuern müssen? Wie sieht es mit Freibeträgen aus? Diese und andere Fragen stellte DAS INVESTMENT.com vier hochkarätigen Steuerexperten. Hier die Antworten zur Frage 2: den Gründen. Alle Fragen aus der Reihe „10 Fragen an Steuerexperten über die Abgeltungssteuer“:

Frage 1: Ist eine Abschaffung der Abgeltungssteuer noch in dieser Legislaturperiode denkbar?

Frage 2: Was haben Flüchtlingsproblematik & Co. mit der geplanten Abschaffung der Abgeltungssteuer zu tun?

Frage 3: Was wird der Hauptdiskussionspunkt bei der Frage um eine Abschaffung der Abgeltungssteuer sein?

Frage 4: Werden Sparer tatsächlich bis zu 45 Prozent an den Fiskus werden abführen müssen?

Frage 5: Was wird Steuergegenstand sein?

Frage 6: Was könnte der Gesetzgeber unternehmen, um einen Ausverkauf zum Stichtag der Steuererhöhung zu vermeiden?

Frage 7: Ist eine Wiedereinführung der Haltefrist denkbar?

Frage 8: Welche Freibeträge wären denkbar?

Frage 9: Wie würde sich eine Aufhebung des Werbungskostenverbots auf Freibeträge auswirken?

Frage 10: Ist die Benachteiligung der Beteiligungsfinanzierung gegenüber der Fremdfinanzierung durch höhere Steuern gerechtfertigt?

Frage: Braucht der Staat einfach mehr Geld? Haben aus Ihrer Sicht politische Probleme wie die Griechenlandkrise und die Flüchtlingsproblematik eine Rolle bei der Entscheidung für die Abschaffung der Abgeltungssteuer gespielt?

Michael Bormann, Gründungspartner und Steuerexperte von bdp Bormann Demant & Partner

Natürlich benötigt der Staat immer mehr Geld. Dies auch, obwohl die Steuereinnahmen sprudeln wie nie. Es ist sicherlich nicht der Hauptgrund für die Abschaffung, führt aber zu einem gern genommenen Nebeneffekt.

Thomas Zacher, Fachanwalt für Steuerrecht und Gründungspartner der Kanzlei Zacher & Partner

Ein erhofftes Mehraufkommen wird sicher eine Rolle spielen, ohne damit eine „grundsätzliche“ Steuererhöhung verbinden zu müssen. Diese wurde ja insbesondere von der Union stets abgelehnt. Das ist der politische Aspekt. Daneben gibt es aber auch eine Reihe steuerpraktischer Erwägungen, die sich seit der Einführung der Abgeltungsteuer in 2009 realisiert haben. Zunächst ist das derzeitige System mit zahlreichen Pflicht- beziehungsweise Wahlausnahmen, speziellen Regelungen für Kapitaleinkünfte im Rahmen anderer Einkunftsarten, An- beziehungsweise Verrechnungsverfahren mit verschiedenen Verrechnungstöpfen und einer (notwendigen) Beschränkung auf inländische Zahlstellen doch nicht so einfach, wie anfänglich geglaubt. Wer nicht Kleinsparer mit übersichtlichen inländischen Kapitaleinkünften und einer einzigen Bankverbindung ist, muss oft trotzdem eine komplette Steuererklärung auch in diesem Bereich abgeben. Außerdem macht es heute die Datenverarbeitung – und die immer stärkere Übertragung der Erfassungserfordernisse auf die Finanzinstitute – leichter, auch individuelle Steuerberechnungen statt einem vereinheitlichtem Pauschalsteuersatz von 25 Prozent systemisch zu integrieren. Auf das Bankgeheimnis und die Trennung zwischen privatem Vertragsverhältnis zwischen dem Anleger und seiner Bank und öffentlichem Gewaltverhältnis zwischen Staat und Steuerbürger (und nicht zu dessen Bank) wird dabei immer weniger Rücksicht genommen – vermeintlich zur Vereinfachung und zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Schließlich nehmen ausländische Kapitaleinkünfte bei zunehmender Globalisierung einen immer breiteren Raum ein und werden aufgrund zahlreicher neuerer Abkommen oftmals auch an der dortigen Quelle schon automatisiert erfasst und nach Deutschland weitergeleitet – die „Bereichsausnahme“ der Abgeltungsteuer ist damit immer weniger nötig.

Heiko Wunderlich, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte

Ich glaube nicht, dass die Abschaffung der Abgeltungsteuer automatisch zu einem Steuermehraufkommen führt. Systematisch ist doch allenfalls der Steuersatz für Zinseinkünfte angreifbar, da dieser ohne sachlichen Grund niedriger ist, als der jeweilige persönliche progressive Steuersatz. Das Zinsniveau ist derzeit aber so niedrig, dass sich der Aufwand hier etwas zu ändern kaum lohnen dürfte. Der Steuersatz für Dividenden etc. ist systemgerecht, da ja bereits auf Ebene der Kapitalgesellschaft Steuern bezahlt werden und – anders als unter dem früher geltenden Anrechnungsverfahren – die Anrechnung dieser Steuer quasi pauschaliert durch den halben Steuersatz erfolgt (beziehungsweise einer 40-prozentigen Steuerfreiheit bei Geltung des Teileinkünfteverfahrens).

Ingo Kleutgens, Partner der Kanzlei Mayer Brown

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Griechenlandkrise und die Flüchtlingsthematik keine treibenden Faktoren sind. Schließlich ist offen, ob bei einem Hochschleusen auf den Spitzensteuersatz erhebliche Steuermehreinnahmen zu erwarten sind.

Von: Svetlana Kerschner

Quelle: DAS INVESTMENT.

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