Das Investment: Flucht in sichere Häfen

Der Goldpreis stabilisierte sich im Oktober weiter um die Marke von 1.200,00 US-Dollar je Unze. Derzeit sieht es nicht mehr so aus, als würde der Preis erneut auf Talfahrt gehen – wie zuletzt im August, als mit 1.160,27 US-Dollar je Unze das bisherige Jahrestief erreicht wurde. Unserer Ansicht nach kommt in dieser Entwicklung die klassische Eigenschaft von Gold als sicherer Hafen zum Ausdruck.
Auslöser für den Preisanstieg dürften zunächst die Unsicherheiten im Zusammenhang mit den Haushaltsplänen der italienischen Regierung gewesen sein sowie die Kommentare dahingehend, dass es für Italien besser wäre, die EU zu verlassen. Weiter gestützt wurde Gold durch die Verkaufswelle am Aktienmarkt infolge steigender Zinsen und wachsender Spannungen mit China.

Die Renditen 10-jähriger US-Treasuries stiegen auf ein Sieben-Jahres-Hoch von 3,2 Prozent und der S&P 500 Index (SPX) brach im Monatsverlauf um 6,8 Prozent ein. Vor diesem Hintergrund kletterte der Goldpreis am 26. Oktober auf ein neues Monatshoch von 1.243,60 US-Dollar je Unze. Exchange Traded Products (ETPs) mit Gold-Bullion-Bezug verzeichneten erstmals seit Mai spürbare Zuflüsse. Zum Monatsende lag der Goldpreis bei 1.214,76 US-Dollar je Unze und damit um 22,26 US-Dollar (1,9 Prozent) höher als am Ende des Vormonats.

Volatilitätsbedingte Kursgewinne bei Gold zu Monatsbeginn, später wieder Verluste

„Süßes oder Saures“ lautete die Devise für Goldaktien im Oktober. Zunächst gab es „Süßes“, als der Aktienmarkt am 10. und 11. Oktober auf eine rasante Talfahrt ging und der SPX 5,3 Prozent einbüßte. Gegenläufig dazu stieg der NYSE Arca Gold Miners Index (GDMNTR) in denselben zwei Tagen um 7,4 Prozent und der Goldpreis um USD 34,31 (2,9 Prozent). Die Outperformance des GDMNTR im Vergleich zum SPX war unter fundamentalen Gesichtspunkten durchaus gerechtfertigt, in ihrer Ausprägung aber wohl durch Deckungskäufe aufgebläht.
Dann gab es „Saures“: Am 25. Oktober büßte der GDMNTR einen Großteil seiner Gewinne durch einen rätselhaften Kursrutsch wieder ein. An besagtem Tag stieg der SPX um 1,9 Prozent, während der Goldpreis lediglich leicht um USD 1,55 (0,1 Prozent) sank. Der GDMNTR hingegen verlor satte 4,4 Prozent. Die fundamentalen Neuigkeiten an jenem Tag kamen von den großen Akteuren im Goldgeschäft, die ihre Zahlen für das dritte Quartal vorlegten: Agnico Eagle Mines (4,2 Prozent des Nettovermögens) und Newmont Mining (6,1 Prozent des Nettovermögens) konnten die Erwartungen übertreffen, Barrick Gold (3,5 Prozent des Nettovermögens) wurde den Erwartungen gerecht und Goldcorp (2,7 Prozent des Nettovermögens) enttäuschte in verschiedener Hinsicht.
Alles in Allem hätte es also ein großartiger Tag für Goldaktien sein sollen. Vielleicht gerieten die Goldaktien an dem Tag in den Strudel eines allgemeineren Trends, den kurz darauf das Wall Street Journal aufgriff: In einem Artikel vom 28. Oktober stellte das Blatt fest, dass Titel, die die Erwartungen erfüllten oder sogar übertrafen, in einem Ausmaß verkauft wurden wie zuletzt im Jahr 2011. Möglich ist aber auch, dass die schlechten Quartalszahlen von Goldcorp die gesamte Branche in Mitleidenschaft zogen. Unabhängig davon, was der Auslöser war, sieht es danach aus, dass der Handel an diesem Tag von Algorithmen oder anderen nichtfundamentalen – und somit wahrscheinlich nicht dauerhaften – Faktoren bestimmt wurde.

Auf Monatssicht konnte der GDMNTR, wie auch der Goldpreis, um 1,9 Prozent zulegen, während der MVIS Global Junior Gold Miners Index (MVGDXJTR) um 0,1 Prozent stieg.

Finanzielle Risiken steigen weiter – steht eine Krise bevor?

Am 15. September jährte sich die Insolvenz von Lehman Brothers zum zehnten Mal. Und wieder befinden wir uns mitten in einem Zyklus der Vermögenspreisinflation bei Aktien, Anleihen und Immobilien, hervorgerufen durch eine extrem lockere Geldpolitik. Die Zentralbanken sind jetzt mitten im Straffungszyklus angekommen, der die Liquidität verknappt, die zuvor die Vermögenspreisinflation befeuert hat. Der Jahrestag der Lehman-Pleite gab der Presse Anlass zu wilden Spekulationen über die nächste Finanzkrise.

Als mögliche Auslöser wurden in verschiedenen Artikeln der New York Times und des Wall Street Journal der Zinsanstieg, hohe Kreditausfallrisiken, Italiens Haushaltskrise und die wachsende Verschuldung in China genannt. Während der SPX im September neue Bestmarken erklomm, warnten Koryphäen wie Martin Feldstein, Ray Dalio, Ben Bernanke und David Rosenberg, sowie Institute wie die Société Générale und JP Morgan vor einem Konjunktureinbruch und/oder einer Finanzkrise innerhalb der nächsten drei Jahre.

Martin Feldstein erklärte: „Weder die Federal Reserve noch irgendeine andere staatliche Instanz seien zum jetzigen Zeitpunkt in der Lage, dies noch zu verhindern.“ Unserer Ansicht nach haben Staatsschulden, Studienkredite und leveraged Unternehmenskredite die Subprime-Hypothekendarlehen als größtes Risiko für das Finanzsystem abgelöst. Im Oktober kam es am Aktienmarkt zur zweiten bedeutenden Verkaufswelle im laufenden Jahr. Die SPX-Höchststände im Januar und September könnten das Double-Top darstellen, das so oft das Ende eines Zyklus markiert. Wird die nächste Runde im Handelskrieg, die nächste Zinsanhebung, Verkaufswelle oder Schwellenländer-Währungskrise der berühmte Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt? Das kann niemand wissen. Rückblickend – so glauben wir – wird die Antwort jedoch irgendwann einmal „Ja“ lauten.

Wieder ein Jahr mit großer Goldnachfrage der Zentralbanken

Es zeichnet sich ab, dass 2018 erneut ein Jahr mit starker Goldnachfrage seitens der Zentralbanken wird. Die Grafik zeigt, dass die Zentralbanken auf dem besten Weg sind, in diesem Jahr ein Ankaufvolumen von 400 Tonnen zu übertreffen.

Banken fungieren in der Regel nicht als Preiskatalysator, da Käufe erst zwei Monate später in IWF-Daten offengelegt werden. Dennoch glauben wir, dass die Nachfrage von Seiten der Zentralbanken mit ein Grund für die beeindruckende Bodenbildung des Goldpreises in den letzten fünf Jahren ist.

Die untere Grafik offenbart eine ganze Reihe interessanter Aspekte:
Den Zentralbanken geht es anscheinend nicht um Gewinne. Aus der Grafik geht eindeutig hervor, dass sie bei niedrigen Preisen verkaufen und bei hohen Preisen ankaufen.

Die Verkäufe zwischen 1992 und 2007 wurden hauptsächlich von westeuropäischen Banken getätigt. 1992 wurde mit dem Vertrag von Maastricht die EU gegründet. In dem zusammenhängenden Staatenverbund, den die souveränen Mitgliedstaaten fortan bildeten, empfanden sie ihre Goldreserven als unnötig hoch und beschlossen, ihre Vorräte abzubauen.

Nach der Finanzkrise wandelte sich das Blatt, aus Nettoverkäufen
wurden Nettokäufe. Bei Währungsreserven ist der
Entscheidungsspielraum begrenzt. Sie bestehen in erster Linie aus
Fiat-Währungen, Staatsanleihen und Gold. Einige Banken halten zudem
Aktien, börsengehandelte Aktien-Indexfonds (ETFs) oder andere
Schuldtitel. Angaben des World Gold Council zufolge hat das von
Zentralbanken gehaltene Gold einen Wert von 1,36 Billionen US-Dollar und
macht 10 Prozent der weltweiten Währungsreserven aus. Der Goldanteil an
den Reserven variiert zwischen rund ein Prozent in Brasilien und Korea und
70 Prozent in den USA und Deutschland.

Am meisten Gold wurde im vergangenen Jahrzehnt von China
und Russland gekauft, aber auch Kasachstan und die Türkei haben
beständig in Gold investiert. Obwohl China seit 2016 keine Käufe
mehr vermeldet hat, bleibt die Zentralbanknachfrage robust. Zu
den Ländern, die im laufenden Jahr wieder als Käufer in den Markt
eingetreten sind, zählen Ägypten, der Irak, die Mongolei, Indien,
Thailand, Indonesien, Kolumbien und die Philippinen. Zudem haben
Polen und Ungarn als erste EU-Mitgliedstaaten seit Unterzeichnung
des Maastricht-Vertrags wieder bedeutende Goldkäufe getätigt.
Deutschland, Österreich und die Niederlande haben ihre Goldreserven
nicht vergrößert, diese jedoch aus den USA und London abgezogen
und in den eigenen Tresorräumen eingelagert.

Gold ist eine gute Wahl für Zentralbanken, da es sich um eine liquide
Währungsreserve handelt, die nur begrenzt verfügbar ist, an praktisch
keine Verbindlichkeiten geknüpft ist, nicht mit Kontrahentenrisiken
verbunden ist und Diversifizierung ermöglicht. Abgesehen davon
gibt es noch eine Reihe weiterer Gründe für die Zentralbanken,
Goldreserven zu bilden. China sieht darin ein Element seiner Strategie,
den Renminbi als Reservewährung zu etablieren. Russland nutzt Gold
als Absicherung gegen den möglichen (oder erhofften) Niedergang
des US-Dollar. Alle Länder sind sich der Gefahr einer weiteren Krise
bewusst. Die geopolitischen Spannungen und die sich ändernden
wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse sorgen in immer mehr Ländern für
Nervosität. In nicht allzu ferner Zukunft könnte sich das Gold, das die
Banken derzeit zu historisch hohen Preisen kaufen, doch noch als ein
rentables Investment erweisen.

Von: Joe Foster
Quelle: Das Investment

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