Wie geht es mit dem Dax weiter? Christian von Engelbrechten, Fondsmanager des Fidelity Germany Fonds, ruft auf zur Schnäppchenjagd.
DAS INVESTMENT.com: Der Abgas-Skandal lässt die VW-Aktie einbrechen und zieht die anderen Dax-Autowerte und damit den gesamten Index nach unten. Drohen aus ihrer Sicht weitere signifikante Kursverluste bei Autoaktien und werden sie den Dax in den kommenden Monaten weiter bremsen?
Christian von Engelbrechten: Das Problem der Autoaktien ist meines Erachtens, dass sich das Nachfragewachstum in China abschwächt, während weiterhin die Produktionskapazitäten ausgebaut werden. Ich erwarte daraus deutlichen Margendruck in den nächsten Jahren. Hinzu kommt, dass der US-Automarkt am Höhepunkt seines Zyklus ankommt und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung weiter steigen, unter anderem aufgrund der hohen regulatorischen Anforderungen. Daher werden die Autounternehmen ihre Ergebnisse in der Zukunft kaum weiter steigern können und die Aktienkurse unter Druck bleiben. Es gibt aber wie in jedem Sektor auch Gewinner. Im Autosektor sind das Zulieferer wie Continental oder Bertrandt, die für die zukünftigen Wachstumsbereiche gut aufgestellt sind.
Die schwedische Bank Nordea hat ihren Händlern den Kauf der VW-Aktie untersagt. Die EZB hat die VW-Aktie im Rahmen ihres Ankaufprogramms forderungsbesicherter Wertpapiere vorerst auf die schwarze Liste genommen. Kommt das VW-Papier für Sie bis auf Weiteres für einen Kauf infrage?
Von Engelbrechten: Ich habe keine Handelsbeschränkungen. Jede in Deutschland gelistete Aktie kommt für einen Kauf in Frage. Die Fundamentalanalysen, die ich mit unseren 140 Analysten anfertige, sind entscheidend.
Immer mehr Problem-Branchen, kaum echte Wachstumsfirmen: Welche Branchen können den Dax in den kommenden Monaten und Jahren nach oben treiben?
Von Engelbrechten: In der Tat ist es ein sehr interessanter Markt für aktives Management, da die Wachstumsraten sehr unterschiedlich ausfallen werden. Bei den Branchen bevorzuge ich Gesundheit, Technologie, Internet, Medien und Immobilien. In allen diesen Branchen haben wir deutlich wachsende Gewinner. Auch der deutsche Konsum wird unterschätzt. Mit CTS Eventim, Zalando, United Internet, Pro Sieben, Stroer oder Vonovia haben wir viele Unternehmen, die sehr gut aufgestellt sind, um davon zu profitieren.
„Hände weg vom Dax“ – mit dieser Aussage fasste ein Stratege der Société Générale vergangene Woche die Reaktion seines Hauses auf die Probleme des deutschen Leitindex im US-Fernsehen zusammen. Können Sie internationale Investoren verstehen, die nach den jüngsten Ereignissen die Nase voll haben und sich von Dax abwenden?
Von Engelbrechten: Ein Verkauf deutscher Aktien zugunsten anderer Märkte erscheint mir sehr prozyklisch. Vergleichen Sie nach dem schon stattgefundenen Kursrückgang mal die Bewertungen, z.B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Dax mit dem des MSCI Europa – der Abschlag des Dax zu Europa ist so hoch wie fast noch nie. Gleichzeitig gehen die Gewinnrevisionen für die deutschen Unternehmen nach oben. Bei der Stärke des deutschen Konsumenten und der guten Lage wichtiger Handelspartner, wie zum Beispiel den USA, werden die deutschen Unternehmen weiter wachsen und fundamental stark bleiben. Die Ergebnisse der Unternehmen werden das bestätigen. Daher ist im Moment eine so gute Möglichkeit, Geld aus anderen Märkten nach Deutschland zu allokieren wie selten zuvor. Man muss allerdings selektiv sein. Der Dax hat dieses Jahr bis Ende September 1,7 Prozent verloren, der Fidelity Germany Fonds ist nach Gebühren 10,7 Prozent im Plus. Wer in ETFs investiert, verliert.
Die aktuellen vermeintlichen Schwächen des Dax wie starke Autoindustrie und Exportlastigkeit waren lange Zeit seine Stärken und verhalfen ihm zu einem Bewertungsaufschlag gegenüber anderen Länderindizes. Droht sich dieser Bewertungsaufschlag in den kommenden Jahren in einen Bewertungsabschlag zu verwandeln?
Von Engelbrechten: Das Wachstum des Welthandels hat das Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts in den letzten fünf Jahrzehnten in der Mehrheit der Jahre übertroffen, im Durchschnitt etwa um den Faktor 1,5. Ich erwarte, dass die Globalisierung nicht stoppt und Deutschland mit seinem hohen Exportanteil strukturell profitiert, wenn auch unter Schwankungen. Wichtig ist auch, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen hinsichtlich Innovationen, Markenstärke und Lohnstückkosten so hoch ist, dass weiter Marktanteile gewonnen werden können. Vor vielen Jahren war das Binnenwachstum in Deutschland schwach, so dass sich die Unternehmen ins Ausland orientiert haben und der Exportanteil in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen ist. Die deutschen Unternehmen sind gut gemanagt und flexibel genug, sich erneut dorthin zu orientieren, wo es Wachstumsmöglichkeiten gibt.
Wir dürfen auch den deutschen Konsumenten nicht vergessen, der sich in den vergangenen fünf bis zehn Jahren zu einem wichtigen Treiber entwickelt hat. Beide Faktoren zusammen werden für eine positive Entwicklung der deutschen Unternehmen sorgen. Daher ist ein Bewertungsabschlag, wie wir ihn im Moment sehen, nicht gerechtfertigt.
Millionen deutsche Sparer setzen bei ihrer Altersvorsorge unter anderem auf die Wertentwicklung des Dax. Wird der Dax dieser Rolle als langfristiges Basisinvestment weiterhin gerecht?
Von Engelbrechten: Interessanterweise ist der Anteil der inländisch gehaltenen Unternehmensanteile in Deutschland viel niedriger als in anderen Ländern. Es wäre wünschenswert, wenn die Deutschen mehr Vertrauen sowohl in Aktien als auch in die heimischen Unternehmen aufbauen würden.
Ein Index an sich sollte allerdings nicht als Basisinvestment herhalten, da immer auch Unternehmen enthalten sind, deren Zukunftsaussichten nicht besonders gut sind. Das Geld der Investoren wird dann automatisch in schlechte Unternehmen investiert.
Welche Alternativen haben Investoren, die breit gestreut in deutsche Aktien anlegen möchten, den Dax aber nicht mehr für attraktiv halten.
Von Engelbrechten: Neben der Notwendigkeit bei den Dax Unternehmen selbst zu differenzieren und nicht in alle zu investieren, sollten Investoren natürlich auch über den Tellerrand des Dax hinausschauen. Gerade außerhalb des Dax gibt es sehr viele interessante Unternehmen, die sich für die Zukunft stark aufgestellt haben und stärker wachsen werden als eine BASF, Siemens oder Deutsche Telekom. Ein gut aktiv gemanagter Fonds, der auf ein großes Team an Unternehmensanalysten setzt, erkennt diese Potentiale und bringt die besten Ergebnisse für Sparer. Der Fidelity Germany Fonds hat über die letzten 3 Jahre nach Gebühren 59,4 Prozent Rendite erzielt, der Dax 34 Prozent. Über 5 Jahre kommt der Fonds auf 81 Prozent Wertzuwachs und der Dax auf 55 Prozent.
Werden es aktive Manager von Deutschland-Fonds in Zukunft leichter haben, den Dax als Benchmark zu schlagen?
Von Engelbrechten: Leicht ist es nie, sondern mit viel Arbeit verbunden. Vor allem braucht man dafür sehr umfangreiche Ressourcen. Viele Fondsmanager schlagen den Dax nicht über einen längeren Zeitraum, da es unmöglich ist, als Einzelperson oder in einem Team von 5-10 Personen die Unternehmen detailliert in der Tiefe zu verfolgen. Wir haben weltweit mehr als 140 Unternehmensanalysten, die den ganzen Tag nichts Anderes machen, als sich mit den Potentialen der Unternehmen zu beschäftigen, mit deren Managements, Kunden, Wettbewerbern, Lieferanten und Experten zu sprechen. Aufgrund dieses Teams bin ich davon überzeugt, auch in der Zukunft den Dax und die damit verbundenen ETFs schlagen zu können.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.