Indem sie ihre expansive Geldpolitik beibehält, setzt die EZB die Enteignung der Sparer fort, meint Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit. Gold gewinnt dabei an Attraktivität.Die EZB hat auf ihrer heutigen Ratssitzung ihre Leitzinsen unverändert gehalten. (Hauptrefinanzierungszins: 0,0 Prozent, Einlagezins: -0,4 Prozent, Spitzenrefinanzierungszins: 0,25 Prozent.) Die monatlichen Anleihekäufe bleiben bei 60 Milliarden Euro pro Monat.Die Abwärtsrisiken des Wachstums im Euroraum hätten sich abgeschwächt, so die EZB, die Erholung der Euro-Wirtschaften werde „zunehmend solide“.
Die Inflation (sie betrug 1,5 Prozent im März 2017) zeige allerdings noch keine nachhaltige Aufwärtsbewegung, die eine Änderung der Geldpolitik erfordere, so die Geldbehörde.
Die EZB bleibt damit bei ihrer bisherigen Politik: Sie will die Zinsen bis auf weiteres auf den gegenwärtigen Niveaus halten oder sie bei Bedarf weiter absenken. Ein klares Signal zum Ausstieg aus der expansiv-inflationären Politik ist ausgeblieben.
Was bedeutet das?
Die Geldpolitik bleibt extrem expansiv: Die Entwicklung der Kredit- und Geldmengen, aber auch „übliche Maßgrößen“ zur Ableitung des „richtigen Zinsniveaus“ empfehlen längst einen deutlich höheren EZB-Leitzins.
Die EZB entscheidet sich jedoch, die Enteignung der Ersparnisse fortzusetzen. Euro-Ersparnisse in zum Beispiel Termin- und Spareinlagen erleiden derzeit einen Verlust von gut 1,5 Prozent pro Jahr – das heißt aus 100 Euro werden nach einem Jahr 98,5 Euro.
Durch die extrem niedrig gedrückten Zinsen verursacht die EZB weitreichende Schäden: Der Bankensektor gerät zusehends in Probleme, aber auch Versicherungsunternehmen und auch Produktionsunternehmen (bei denen die Barwerte der Pensionsverbindlichkeiten ansteigen und das Eigenkapital aufzehren).
Die Geschäftsbanken monetisieren bereits Euro-Staatsschulden in erheblichem Umfang. Wir schätzen, dass allein das etwa 4 Prozentpunkte zum Geldmengenwachstum M3 beisteuert. Mit anderen Worten: Ein beträchtlicher Teil der Geldmengen wird aufgrund gänzlich unproduktiver Transaktionen geschaffen.
Aus unserer Sicht wird die EZB-Politik für eine künftig deutlich höhere Inflation, und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie weitere Problem heraufbeschwört – wie etwa nachlassenden Reformdruck der Regierungen, Kapitalfehllenkungen und wachsende Zwangsumverteilung zwischen den Euro-Teilnehmerstaaten – alles Entwicklungen, die die wirtschaftlichen und politischen Aussichten im Euroraum verdüstern.
Edelmetallmärkte
Der Euro bleibt unter der EZB-Politik eine „unsichere Währung“. Anleger sollten ein „Euro-Klumpenrisiko“ vermeiden. Kurzlaufende Euro-Zinsanlagen versprechen bis auf weiteres Verluste.
Gold ist eine Alternative zu Termin- und Spareinlagen. Es kann durch eine Negativzinspolitik nicht entwertet werden. Zudem trägt Gold kein Zahlungsausfallrisiko – wie zum Beispiel Bankeinlagen und Schuldpapiere.
Aus unserer Sicht ist der aktuelle Goldpreis in Euro, aber auch in US-Dollar, attraktiv für Anleger, besonders für die, die eine Versicherung ihres Portfolios suchen und einen langfristigen Horizont haben.
Von: Thorsten Polleit
Quelle: Das Investment