SJB | Korschenbroich,21.05.2012. Kleine Unternehmen aus Europa sind ein Eldorado für Stockpicker. Trotz Eurokrise. DAS INVESTMENT hat herausgefunden, wer seinen Job am besten macht. Kreeeeeeeeeiiiiiiisch – ein Schrei geht um in Deutschland. In Büros, Wohnungen, Häusern. Schuld ist der Postbote.
Immer wenn er die Zalando-Pakete bringt, verfallen er selbst, Frauen und Männer in emotionale Ekstase. Zumindest laut Werbung. Vor Glück schreien können in Wahrheit die Lenker des Online- Schuhhandels.
Seit Unternehmensstart in Deutschland 2009 ist Zalando zum größten Online-Modehändler hierzulande geworden, die Marke ist 95 Prozent der Bundesbürger ein Begriff – nur Volkswagen ist bekannter.
Damit die Erfolgsstory weitergeht, will Zalando den Kundenservice verbessern. Schuhe, Klamotten & Co. sollen passgenauer auf Vorlieben und Wünsche ausgerichtet werden. Hilfe bekommt das digitale Modehaus dabei von SHS Viveon. Das Münchner Unternehmen ist ein Spezialist für Software rund ums Kundenmanagement. Die Programme analysieren das Nutzerverhalten und leiten Wünsche der Kunden ab. Softwarehersteller wie SHS Viveon haben es Christian Struck angetan. „Das Geschäft verläuft relativ stabil und planbar“, begründet der Geschäftsführer von Discover Capital und Manager des Squad Growth Fonds seine Vorliebe für Unternehmen dieser Branche. „Zusätzlich sind die Bewertungen derzeit recht günstig.“
Krisenkandidaten sind interessant
Struck managt seit 2006 zusammen mit Stephan Hornung den Squad Growth Fonds. Für das Portfolio wählen sie Aktien von kleinen und mittelgroßen europäischen Unternehmen aus, die gute Wachstumsaussichten haben und attraktiv bewertet sind. Auch Unternehmen, die sich in einer Krise befinden, aber an einem Strategiewechsel arbeiten – sogenannte Turnaround-Kandidaten – mischen Struck und Hornung bei.
Eine erfolgreiche Strategie, wie der jüngste Crash-Test von DER FONDS zeigt. Das Schwestermagazin von DAS INVESTMENT testete 80 Aktienfonds der Kategorie Nebenwerte Europa in puncto Performance, Stresstest und Rating. Mit 296 von 300 möglichen Punkten erreichte der Squad Growth Platz 1 der Tabelle. Das Schwesterprodukt Squad Value schaffte es auf den dritten Platz. Allerdings hat der Erfolg seinen Preis: Der Squad Value ist für Anleger derzeit geschlossen, Anteile des Squad Growth gibt es nur über Warteliste.
Zwischen den Squad-Fonds auf Platz 2 der Crash-Test-Rennliste hat es sich der European Smaller Companies Fund von MFS Meridian gemütlich gemacht. Fondsmanager Peter Fruzzetti hat eine ähnliche Strategie wie die Squad-Manager. Er sucht nach attraktiv bewerteten Unternehmen, die eine Führungsposition in ihrer Branche einnehmen und ihre Margen weiter ausbauen können.
Fündig wird er derzeit vor allem bei Firmen, die sehr spezielle Dienste anbieten. Zu seinen Top-Titeln gehört etwa die Firma Bunzl aus London. Sie verkauft Waren an Einzelhändler, die der Kunde zwar nutzt, aber nicht kauft. Dazu gehören etwa Regal-Etiketten oder Mini-Plastiktüten für Obst und Gemüse.
Zwischen 75 und 125 Titel ist Fruzzettis Portfolio stark. Aktuell hält er 96 Positionen, fast die Hälfte davon aus Großbritannien, gefolgt von Titeln aus Deutschland (wie Modehersteller Gerry Weber) und Frankreich (Virbac, ein Pharma- Unternehmen für Tiere). Papiere aus angeschlagenen Euro-Staaten hält Fruzzetti kaum – 3,8 Prozent des 15-Millionen- Euro-Fonds kommen aus Spanien.
Zurück mit Aktienkäufen in diesen Ländern hält sich auch Philip Dicken: „In Spanien, Griechenland und Italien ist es aktuell schwierig, konkurrenzfähige Firmen zu finden“, sagt der Manager des viertplatzierten Threadneedle Pan European Smaller Companies. Trotzdem kann Dicken der Eurokrise etwas abgewinnen: „Vom schwachen Euro profitieren Unternehmen, die Waren in die schnell wachsenden Schwellenländer exportieren.“ Und die kommen derzeit wie das dänische Logistikunternehmen DSV vor allem aus skandinavischen Ländern, Großbritannien und Deutschland.
Streitfrage: Italien – ja oder nein?
In die Titelauswahl steckt Dicken viele Reisekilometer. Rund 1.600 Unternehmenslenker treffen er und sein Team jedes Jahr. Für sein derzeit 86 Titel zählendes Portfolio wählt der Manager vor allem Unternehmen mit Preismacht aus. „Typischerweise profitieren diese Firmen von langfristigen Trends wie Energieeffizienz, Gesundheit und Demografie“, so Dicken.
Im Medizintechnik- und Diagnostiksektor sieht auch Frank Fischer Potenzial für europäische Nebenwerte. Der Manager des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen – Nummer 5 im aktuellen Crash-Test – hat derzeit 8 Prozent seines Portfolios in die Branche investiert. Nach Groß- und Einzelhandelsunternehmen ist das die höchste Sektorgewichtung im Fonds.
Wie seine Kollegen sucht Fischer nach stabilen Unternehmen mit guten Unternehmenskennzahlen, deren Aktien mit Preisabschlag gehandelt werden. Anders als die anderen Fondsmanager hat Fischer dabei nichts gegen Werte aus den Euro-Krisenstaaten. So ist fast ein Fünftel des Portfolio-Volumens in italienischen Unternehmen investiert.
Kürzlich gekauft hat er etwa die Aktie des italienischen Diagnostik- Anbieters Diasorin. „Das Papier ist doppelt abgestraft. Einmal durch neuen Wettbewerb bei Vitamin-D-Tests, aber auch als italienische Aktie“, erklärt Fondsmanager Fischer. „Und das, obwohl dort nur rund 20 Prozent der Umsätze erwirtschaftet werden.“
Von: Karen Schmidt
Quelle: DAS INVESTMENT.