Wie fangen Finanzvertriebe die sinkenden Provisionserlöse in der privaten Altersvorsorge auf? Um diese Frage geht es in unserer aktuellen Interview-Serie. Die A.S.I. Wirtschaftsberatung zum Beispiel hat seine Berater für die Ruhestandsplanung qualifiziert, erklärt Vorstand Franz-Josef Rosemeyer.
Deutschlands Finanzvertriebe werden derzeit arg in die Zange genommen: Sowohl die Regulierungen im Bereich der Altersvorsorge als auch die Digitalisierung der Finanzbranche erfordern Neustrukturierungen. Wie sie diese Herausforderungen anpacken, fragte DAS INVESTMENT.com die wichtigsten Unternehmen der Branche.
In unserer heutigen Folge der Interview-Reihe lesen Sie die Antworten der A.S.I. Wirtschaftsberatung:
Finanzvertriebe, die bisher vor allem auf das Personengeschäft und hierbei insbesondere die Altersvorsorge gesetzt haben, mussten teilweise starke Einbußen bei Umsatz und Gewinn hinnehmen. Wie stark haben Sie unter dieser Entwicklung gelitten?
Wir verfolgen bereits seit langem und unabhängig vom Regulierungsdruck einen umfassenden Beratungsansatz. Neben der Altersvorsorge gehören unter anderem Kranken- und Sachversicherungen, offene und geschlossene Investmentvermögen, Immobilieninvestitionen und berufsspezifische Inhalte, beispielsweise für Ärzte, zu den Bausteinen umfassender A.S.I.-Beratung. Einen Rückgang der Abschlussprovisionen im Bereich Leben gegenüber dem Vorjahr stellen auch wir fest, dabei sind aber auch die Sonderkonjunktur im Jahr 2014 und das aktuelle Marktumfeld zu beachten. Eine Veränderung unseres Beratungsansatzes hat das nicht zur Folge, eine partielle Verschiebung innerhalb der Themenbereiche ist aber sicher nicht auszuschließen.
Welche strategischen Maßnahmen leiten Sie ein beziehungsweise haben Sie bereits eingeleitet, um Umsatz- und Gewinnzahlen im Bereich Altersvorsorge zu stabilisieren beziehungsweise wieder zu steigern?
A.S.I. steht für umfassende, lebenslange Betreuung gehobener Privatkunden, insbesondere Akademiker und Selbständige. Mit dieser Strategie sind wir für die aktuelle Entwicklung bereits gut gerüstet, weil unsere Mandanten im Wesentlichen die Möglichkeit haben, den gestiegenen Liquiditätsanforderungen im Hinblick auf die Altersvorsorge aufgrund der Niedrigzinsphase gerecht zu werden. Die Kompensation von Abschlusscourtagen durch erhöhte ratierliche Courtagen ist allerdings in der Tat auch für uns ein Ärgernis, da sie sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Barwertbetrachtung als auch unter dem Gesichtspunkt der Übernahme von Stornorisiken über Jahrzehnte faktisch eine Provisionskürzung darstellt. Damit die Umsätze in diesem Bereich wieder steigen, ist es vor allen Dingen notwendig, die Alternativkonzepte, die auch im Versicherungsbereich vorhanden sind, den Kunden näher zu bringen.
Seite 2: „Ausreichend Alternativen, um Renditechancen mit hoher Sicherheit zu vereinen“
Inwieweit versuchen Ihre Berater den Kunden bei der Altersvorsorge von höherrentierlicheren Anlageformen wie zum Beispiel Aktienfonds anstelle der klassischen Lebensversicherung zu überzeugen?
Unsere Berater sind angehalten, ihren Kunden individuelle und bedarfsgerechte Lösungen anzubieten. Für die meisten sicherheitsorientieren Kunden, die früher eine klassische Lebensversicherung mit Garantie abgeschlossen hätten, sind Aktienfonds auch heute nicht geeignet. Außerdem kann eine reine Fondslösung den wichtigsten Baustein, nämlich die Sicherstellung lebenslanger Liquidität, nicht garantieren. Mit fondsbasierten Altersvorsorgeprodukten im Rahmen von Rentenversicherungen bietet der Markt aber ausreichend Alternativen, die Renditechancen mit hoher Sicherheit vereinen. Ihre Funktionsweise erfordert aber sehr detaillierte Erläuterungen. Hier unterstützen wir unsere Berater mit Weiterbildungen und Produktschulungen.
Welche neuen Geschäftsbereiche abseits der Altersvorsorge wie zum Beispiel Sachversicherungen und das Firmenkundengeschäft haben Sie in den vergangenen Jahren neu erschlossen beziehungsweise welche wollen Sie in Zukunft neu aufbauen?
Wir sind seit Jahren in diversen Beratungssegmenten aktiv. Einerseits lösungsbezogen, also zu Immobilien, Krankenversicherung, Ruhestand und so weiter, andererseits zielgruppenbezogen. Hier geht es um die Abdeckung der speziellen Bedürfnisse von Freiberuflern und Akademikern. Dazu zählen zum Beispiel Ärzte, Zahnärzte, Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler. Darüber hinaus haben wir das strategische Geschäftsfeld der Ruhestandsplanung systematisch weiterentwickelt und eine größere Anzahl von Beratern für dieses Beratungssegment qualifiziert. Die Differenzierung zwischen Altersvorsorge und Ruhestandsplanung ist vielen Marktteilnehmern noch nicht richtig geläufig. Wir glauben, dort schon einen Schritt weiter zu sein.
Und in welchen bereits vorhandenen Geschäftsbereichen – abseits der Altersvorsorge – haben Sie in den vergangenen Jahren ausgebaut beziehungsweise wollen Sie in Zukunft ausbauen?
In den vergangenen Jahren haben wir insbesondere bei den Beratungshonoraren, zum Beispiel im Bereich der Niederlassungsberatung von Ärzten, starkes Wachstum erzielt. Allein 2015 haben wir bei diesen Honoraren einen Zuwachs von 31 Prozent im Neugeschäft verzeichnet. Auch im Beratungsbereich „offene Investmentvermögen“ konnten wir den Umsatz im vergangenen Jahr um fast 30 Prozent steigern, bei den Finanzierungen um 17 Prozent. Die Kapitalanlage in ausgewählten Immobilien spielt angesichts der Niedrigzinsphase ebenfalls eine gewichtige Rolle.
Seite 3: „Beratung wird auch in Zukunft vor allem im direkten Gespräch stattfinden“
Stichwort Digitalisierung: Mit den neuen Online-Kommunikationsmöglichkeiten verlagert sich das persönliche Beratungsgespräch der Zukunft vom heimischen Wohnzimmer in den Chat-Room. Welchen Stellenwert hinsichtlich Umsatz und Gewinn räumen Sie dieser Entwicklung in Ihrem Unternehmen ein?
Wir können diesen Trend auch bei unseren jungen Kunden nur begrenzt feststellen. Selbstverständlich bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, über digitale Kanäle mit uns zu kommunizieren und gehen so auch aktiv auf sie zu. Derzeit bauen wir unter anderem unsere Aktivitäten bei Facebook, Xing und Co. aus. Mittelfristig wird auch der digitale Versicherungs- und Anlageproduktordner ein Thema. Insgesamt wird die intensive, umfassende Beratung wie wir sie durchführen auch in Zukunft vor allem im direkten Gespräch stattfinden, davon sind wir überzeugt. Allerdings finden unsere Mandantengespräche eher nicht im „heimischen Wohnzimmer“ sondern in ganz überwiegendem Maße in einer unserer bundesweit vertretenen Geschäftsstellen statt. Wenig erklärungsbedürftige Produkte werden zukünftig sicherlich verstärkt online gekauft. Auch darauf werden wir uns einstellen.
Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Finanzvertriebe hängt über digitale Services hinaus im hohen Maße davon ab, das Geschäftsmodell noch stärker auf den Kunden auszurichten. Worauf legen Sie hier Ihren Fokus?
A.S.I. betreibt seit 1969 ganzheitliche, lebenslange Beratung. Wir fokussieren uns dabei auf gehobene Privatkunden, insbesondere mit akademischem Hintergrund. Viele unserer Berater spezialisieren sich dabei auf Ärzte, Zahnärzte und Apotheker oder Ingenieure und bieten dann Beratungsleistungen speziell für diese Berufsgruppen.
Bei vielen Finanzvertrieben war die Zahl der Vermittler in den vergangenen Jahren stark rückläufig. Wie verhält sich das bei Ihnen?
Auch wir hatten in 2014 bis Mitte 2015 eine Seitwärtsbewegung in unserer Beraterzahl. Seit Mitte 2015 verzeichnen wir nach Einführung eines deutlich verbesserten Einstiegsvergütungs-Modells wieder Zuwächse. Stolz sind wir ganz besonders auf unser mehrfach ausgezeichnetes Traineeprogramm.
Seite 4: „Trainees erhalten während der Ausbildung provisionsunabhängige Festbezüge“
Neben dem Umsetzen der Digitalisierungsstrategie und dem Verbreitern der Umsatzbasis zählt auch das Gewinnen neuer Berater zur Zukunftsstrategie von Finanzvertrieben. Wie sehen Ihre Aktivitäten hier konkret aus?
Die Nachwuchsgewinnung ist auch bei A.S.I. ein wichtiges Thema. Wir investieren viel Energie und auch Geld, um kluge und engagierte junge Menschen für uns und den Beruf des Wirtschaftsberaters zu begeistern. Wir sind bei regionalen und nationalen Messen und Informationsveranstaltungen und führen regelmäßig Seminare für Interessenten durch. Im Zentrum steht das Traineeprogramm. In 24 Monaten lernen die Trainees zunächst intensiv für die IHK-Prüfung zum Versicherungsfachmann. Begleitet von regelmäßigen Weiterbildungsmaßnahmen geht es für die Trainees dann in eine der mehr als 30 Geschäftsstellen, wo sie unter Führung eines Mentors und unterstützt von den Kollegen vor Ort Schritt für Schritt auf dem Weg in die selbständige Wirtschaftsberatung begleitet werden. Während der Ausbildung erhalten sie nennenswerte provisionsunabhängige Festbezüge. So wird gerade das Risiko der Startphase durch uns sehr stark abgemildert.
Welchen Stellenwert hat die Weiterbildung Ihrer Berater? Welche Schwerpunkte setzen Sie hier aktuell?
Unser Ansatz der lebenslangen Beratung geht einher mit regelmäßigen Weiterbildungsmaßnahmen für die Berater. So, wie die Bedürfnisse der Kunden sich entwickeln, sollten sich auch die Schwerpunkte des Beraters verschieben. Für Berater mit vielen Kunden aus dem Bereich Medizin im Alter zwischen 25 und 40 Jahren bedeutet dies, dass wir ihnen Weiterbildungen zu wirtschaftlichen Aspekten der ärztlichen Niederlassung anbieten. Ähnlich verhält es sich bei Ingenieuren oder anderen Akademikern. Derzeit ist auch das Thema Ruhestandsberatung von hoher Bedeutung, weil viele unserer langjährigen Berater einen hohen Kundenanteil im entsprechenden Alter haben. Die strukturierte Weiterbildung gehört zu unserer strategischen Unternehmensausrichtung. Wir haben dafür bereits Anfang der neunziger Jahre unsere hauseigene Akademie gegründet. Der Weiterbildungsinitiative „Gut beraten“ sind wir als eines der ersten Unternehmen aus dem Maklersegment beigetreten. Mehr als 90 Prozent unserer Berater führen ein entsprechendes Weiterbildungskonto.
Lesen Sie in der morgigen Folge unserer Interview-Serie, wie sich Bonnfinanz auf die Herausforderungen für deutsche Finanzvertriebe einstellt.
Von: Christian Hilmes
Quelle: DAS INVESTMENT.