Interview mit Malek Bou-Diab, Lead Portfolio Manager New Markets.
Wie würden Sie den Kontext beschreiben, in dem sich die afrikanischen Märkte gegenwärtig entwickeln?
Langsam beginnen sie – zumindest teilweise – von jener Liquidität zu profitieren, mit der die Zentralbanken die Märkte geflutet haben und die zunächst in den Industriestaaten und danach auch in den Schwellenländern ankam. Gegenwärtig verläuft die Entwicklung daher tendenziell eher positiv.
Wie positionieren sich die Investoren heute auf diesen Märkten?
Aktuell konzentrieren sie sich zunächst einmal auf die Anleihenmärkte. In der Tat richten sich die Liquiditätsströme auf den in Lokalwährung aufgelegten Fixed Income-Bereich oder auf Eurobonds – letztere wurden in jüngster Vergangenheit verstärkt von afrikanischen Staaten aufgelegt.
So konnten viele dieser Staaten die Laufzeiten ihrer Obligationen verlängern und die Investitionen in die in lokaler Währung aufgelegten Festverzinslichen führten zu sinkenden Renditen in Ländern wie Ägypten oder Nigeria.
Die Investitionen an den Aktienmärkten sind etwas weniger stark, aber weit von den Volumina der Anleihenmärkte entfernt. Bei den Direktanlagen sind die Zahlen deutlich weniger beeindruckend, denn es fehlt an entsprechenden Möglichkeiten. Zwar zeigen sich die Märkte gegenwärtig eher euphorisch, doch in der Realwirtschaft ist die Performance weniger spektakulär, und dies gilt auch für Afrika.
Welche Märkte performen am besten?
Einige zeigen relativ spektakuläre Entwicklungen, vor allem in Ländern wie Zimbabwe und Nigeria; allerdings handelt es sich dabei um illiquide Anlagen. Sobald Probleme auftreten, lassen sich die Gewinne nur schwer realisieren, denn sie gründen auf fragilen Volkswirtschaften. Wir bevorzugen vor allem jene Länder, die grundlegende Reformen durchführen, um ihre Perspektiven zu optimieren. Diese Reformen können sich beispielsweise auf Entwicklungen in der jeweiligen Infrastruktur beziehen oder auf die Schaffung anlegerfreundlicherer Umgebungen, vor allem auf der Gesetzgebungsebene. In dieser Hinsicht war vor allem Ägypten besonders aktiv und erste Ergebnisse beginnen sich abzuzeichnen, obwohl das Land unter den ersten Auswirkungen der Reformen zu leiden hatte. Die Freigabe des Wechselkurses hatte zu einem kurzfristig negativen Inflationsanstieg geführt, doch dies relativiert sich jetzt wieder, sogar etwas schneller als gedacht.
Auch Marokko erweist sich als Musterschüler. Was Wirtschaftsreformen angeht, war das Land schon immer auf gutem Wege. Und auch Kenia und Südafrika könnten sich als interessant erweisen, vorausgesetzt, die politische Lage beruhigt sich und die Wirtschaft rückt wieder in den Mittelpunkt des Interesses.
Welche wesentlichen Unterschiede bestehen für Sie zwischen Ägypten und Marokko?
Die ägyptische Regierung ist ihre Reformziele in den letzten Jahren sehr aggressiv angegangen. Im Vergleich zu Marokko hatte das Land enorm viel aufzuholen. Marokko funktioniert weniger schubweise. Es ist zwar weniger dynamisch, kommt jedoch ohne allzu große Reibungen in seinem eigenen Rhythmus voran. Der Vergleich zwischen Ägypten und Marokko erinnert ein bisschen an die Geschichte vom Wettlauf zwischen dem Hasen und der Schildkröte.
In welchen Segmenten sind Ägypten und Marokko heute am besten aufgestellt?
In Ägypten richten wir unser Augenmerk vorwiegen auf jene Segmente, die mit Investitionen ins BIP verknüpft sind, zum Beispiel der Bankensektor und bestimmte Branchen. Deren Bewertungen bleiben tief, da die Zinsen sehr hoch sind und sie insofern ein umso stärkeres Wachstumspotenzial erkennen lassen, als sie von einer Zinssenkung profitieren werden. Die Bewertungen im Konsumsektor scheinen etwas überhöht. Bei den sogenannten defensiven Werten ist das Kurs-/Gewinnverhältnis zu hoch. Bedingt durch das Importvolumen drückte die Abwertung des ägyptischen Pfundes auf die Gewinnmargen. Der Bankensektor zeigt sich am defensivsten. Er profitiert vom Zinsanstieg und hat keine Probleme im Kreditbereich. In Marokko haben wir Unternehmen im Blick, die sich nach Westafrika ausrichten wollen – in Länder wie die Elfenbeinküste oder den Senegal. Bei diesen Unternehmen handelt es sich beispielsweise um bestimmte Banken oder Immobiliengesellschaften. Im Konsumsektor gibt es interessante Werte wie Lesieur Cristal oder Label Vie, ein Anbieter, der u. a. Carrefour Franchising betreibt. Ein neues Gesetz ermöglicht den Unternehmen, ihre Immobilienaktiven aus der Bilanz herauszunehmen und mit weniger Kapitalaufwand attraktivere Wachstumsprofile präsentieren zu können.
An welcher Stelle positionieren Sie Südafrika auf Ihrem Radarschirm?
Die Märkte begrüssten den neuen Präsidenten Cyril Raphamosa. Er scheint der Unternehmenswelt günstiger gesonnen als sein Vorgänger Jacob Zuma. Allerdings ist es gegenwärtig noch etwas zu früh, sich eine endgültige Meinung zu bilden. Wir warten auf konkretere Maßnahmen, um zu sehen, in welche Richtung sich Südafrika längerfristig entwickelt. Viele gehen davon aus, dass das Land einen ähnlichen Aufschwung nehmen könnte, wie Brasilien nach dem Abtritt von Dilma Roussef. Ich bin weiterhin eher vorsichtig. Im Gegensatz zu Brasilien unter Roussef konnten die südafrikanischen Unternehmen unter Zuma weiterhin gewinnbringend arbeiten und ihr Rally-Potenzial scheint aus heutiger Sicht weniger wichtig als angenommen.
Quelle: Das Investment