Ständig erhöhte Umsatz- und Ertragsvorgaben sowie die permanente Angst vor Entlassungen prägen derzeit den Bankberater-Alltag, meint Frank Frommholz. Der Honorar-Finanzanlagenberater zeigt vier Möglichkeiten auf, wie leistungsstarke Bankmitarbeiter sich selbständig machen können.
Getrieben durch die massiven Strukturveränderungen in den Banken, überlegen oder vollziehen langjährige Bankangestellte in allen Bereichen eine Neuorientierung. Vor allem erfolgreiche Kräfte aus dem Private und Wealth Management denken über verschiedene Formen der Selbstständigkeit nach. Welche Alternativen gibt es und wie kann man die voneinander abgrenzen.
Abhängige Bankberater
Moderner Alltag in vielen Kreditinstituten: Ständig erhöhte Umsatz- und Ertragsvorgaben und gleichzeitig die Befürchtung, dass die nächste Umstrukturierung im Vorstand schon in Erwägung gezogen wird, beeinflussen die Arbeitsfreude ganz erheblich. Denn die Richtung ist häufig die gleiche: Arbeitsverdichtung, Mitarbeiterentlassungen, Filialschließungen, Rationalisierungen.
Dabei hat die Arbeit vielen Bankern jahrzehntelang Spaß gemacht. Übergeordnete, unternehmensgesteuerte Marketingmaßnahmen entbinden die angestellten Bankberater nämlich von dem eigentlichen Problem der Selbstständigkeit: Woher bekomme ich neue Mandate? Durch die vorhandene Banklizenz des Arbeitgebers gibt es auch keinerlei Restriktionen in den Finanz-Instrumenten, die eingesetzt werden können. Ob nun Zertifikate, Beteiligungen oder Einzelaktien zielführend erscheinen, alles kann verwendet werden. Neidvoll schauen in der freien Wirtschaft arbeitende Finanzberater auf diese paradiesischen Zustände. Wäre da nicht der eingangs beschriebene „moderne Alltag“ und die täglich spürbare Abhängigkeit. Aber genau darum überlegen immer mehr Bankberater, ihren Status zu verändern.
Im Internet gibt es viele Möglichkeiten, sich auf eine Selbstständigkeit vorzubereiten. Besonders entscheidungsfördernd ist ein sehr detaillierter Einkommens-Check, um die finanzielle Machbarkeit einer Selbstständigkeit zu hinterfragen auf http://www.selbstchef.de/einkommenscheck
Unabhängiger Fondsberater
Zunächst gilt es, das Geschäftsmodell zu modellieren. Wer mit einer Betreuung ausschließlich im Investmentfondsbereich zufrieden ist, kann im Rahmen der sogenannten Bereichsausnahme nach §34f oder §34h (ab 2018 die Unabhängigen) der GewO tätig werden. Unter dieser Erlaubnis dürfen bei einer Depotbetrachtung allerdings keine Einschätzungen beispielsweise über einzelne Aktien oder Anleihen gegeben werden und natürlich dürfen diese auch nicht eingesetzt werden. Für die meisten ehemaligen Wealth Manager keine wirkliche Option.
Positiv zu bewerten ist, dass die Abhängigkeiten deutlich reduziert werden. Die Bestände gehören dem Fondsberater, er stellt Rechnungen und ihm fließen Provisionen/Serviceentgelte zu. Aber dafür beginnt der ganz normale Wahnsinn, sich in Deutschland selbstständig zu machen: Behörden, Zulassungen, Finanzamt, Formulare ohne Ende, Haftung allerorten, Marketing, aber wie? Das sollte man nicht unterschätzen, zumal am Anfang die Kunden noch nicht Schlange stehen. Aber es lohnt sich, etwas Eigenes aufzubauen und damit Werte zu schaffen.
Haftender Vermögensverwalter
Eine eigene BaFin-Lizenz ist für diesen Personenkreis natürlich das Element maximaler Eigenständigkeit und Freiheit. Gefühlt ist das wie eine eigene Banklizenz. Vorab müssen aber die strengen (persönlichen und fachlichen) Anforderungen der Aufsicht erfüllt werden. Zusätzlich ist die Bereitschaft erforderlich, neben dem Kundengeschäft auch die Themen der Regulierung ausführlich und eigenverantwortlich zu bewältigen. Und schließlich müssen auf der Basis des realisierbaren Geschäftsvolumens auch die laufenden Kosten der Regulierung getragen werden können. Und das sind sowohl bei der Beantragung, als auch jährlich, nennenswerte 5-stellige Beträge.
Derartige Kosten können vielleicht noch aus der erhaltenen Abfindung bezahlt werden. Aber zu den oben geschilderten Anfangsproblemen einer Selbstständigkeit kommt mit einer BaFin-Lizenz nach § 32 KWG ein Wust regulatorischer Auflagen und Prüfungen auf den Gründer zu. Viele Problemzonen, gleichwohl die umfassendste und unabhängigste Betreuungsform außerhalb der Banken.
Haftungsfreier Allroundberater
Für viele Berater, die wie in der Bank wirklich umfassend betreuen wollen, nicht sofort beträchtliche Summen und organisatorische Kapazitäten binden wollen und denen die umfangreiche Unterstützung (Marketing, juristische Hilfestellung, Produktprüfungen usw.) erwünscht ist, ist ein Haftungsdach hervorragend geeignet. Die Berater schlüpfen unter das Dach eines Institutes, das eine §32 KWG-Lizenz hat, und können loslegen. Von der Vergütung erhält der tied agent (vertraglich gebundener Vermittler) typischerweise den größten Teil der mit dem Kunden abgerechneten Vergütung – ein geringer Teil verbleibt beim Haftungsdach.
Naturgemäß hat sich der so eingebundene Berater an die Produktauswahl und die organisatorischen Vorgaben des Haftungsdaches zu halten. In der Praxis ist das selten wirklich einschränkend, sondern vielmehr aufgrund der Risikoreduzierung durch die professionell durchgeführten strengen Vorprüfung willkommen. Ein ganz wichtiger Vorteil neben der „Banklizenz“ ist die fehlende Haftung und die Unterstützung bei der sich laufend verschärfenden Dokumentationspflicht. Für die allermeisten Berater, die aus einer Bank kommen, daher eine sehr gute Lösung.
Berater mit „Banklizenz“
Für einen Banker, der eine gehobene Klientel betreut hat, ist der eigenständige Erwerb einer KWG §32-Lizenz erste Option. Bei einem realistischen Anfangsbestand unterhalb von 30 Millionen, bei Nichterfüllung der persönlichen und fachlichen Voraussetzungen und beim Wunsch auf juristische und abwicklungstechnische Unterstützung ist jedoch ein Haftungsdach die ökonomisch und inhaltlich sinnvollere Lösung.
Der Wind in der Selbstständigkeit ist rau und erbarmungslos. Es sollte vorweg viel Zeit in Gespräche und Informationsbeschaffung investiert werden. Aber es bleibt: Banken haben strukturelle Probleme – freie Berater mit einer „Banklizenz“ können die großen Profiteure sein.
Der Autor
Frank Frommholz ist zusammen mit seinem Sohn Frerk Frommholz geschäftsführender Gesellschafter der Finanzberatung Frommholz. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung im Finanzdienstleistungsbereich. 18 Jahre lang arbeitete er in einem Unternehmen der Finanzplanungs- und Vermögensverwaltung. Seit 2009 ist Frommholz als Honorarberater selbstständig.
Quelle: Das Investment