Das Investment: Liegt hier eine Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot vor?

Verstößt die Weitergabe von Provisionen an Kunden durch ein Online-Versicherungsmaklerportal gegen das Provisionsabgabeverbot – oder ist dieser Fall eine der zulässigen Ausnahmen? Jens Reichow von der Rechtsanwaltskanzlei Jöhnke & Reichow kommentiert ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main.

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt am Main hatte sich mit Beschluss vom 28.09.2018 (Az: 7 L 3307/18F) mit der Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48b Abs. 4 Satz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz zu befassen. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Weitergabe von Provisionen an Kunden durch ein Online-Versicherungsmaklerportal gegen das in Paragraf 48b Abs. 1 VAG normierte Provisionsabgabeverbot verstößt oder aufgrund von Paragraf 48b Abs. 4 S. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) erlaubt ist.

Provisionsabgabeverbot: Bafin regelt die Feinheiten
Das in Deutschland bestehende Provisionsabgabeverbot schränkt die Weitergabe von Provisionen massiv ein. Gemäß Paragraf 48 b Abs.1 VAG ist es Versicherungsunternehmen und -vermittlern untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. Eine Ausnahme von diesem Provisionsabgabeverbot regelt Paragraf 48 b Abs.4 S. 1 VAG. Danach findet das Provisionsabgabeverbot keine Anwendung, soweit die Sondervergütung zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags verwendet wird.

Der Fall
Das Online-Versicherungsportal war als Versicherungsmakler registriert. Das Geschäftsmodell des Makler-Startup-Unternehmens bestand darin, Kunden Provisionen aus ihren vermittelten Versicherungsverträgen gegen die Zahlung eines Honorars auszuschütten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) vertrat die Auffassung, dass dieses Geschäftsmodell gem. Paragraf 48b Abs. 1 VAG verboten sei. Das Makler-Startup sah sein Geschäftsmodell jedoch von der Ausnahmeregelung des Paragraf 48b Abs. 4 VAG gedeckt.

Die Bafin teilte den ihrer Aufsicht unterstehenden Versicherungen ihre Sichtweise über das Geschäftsmodell mit, um die Versicherer von einer Zusammenarbeit abzuhalten. Sie drohte den Versicherungen mit Untersagungsanordnungen, falls diese weiter mit dem Makler-Startup-Unternehmen und ähnlichen Vermittlern zusammenarbeiten. Daraufhin beendeten mehrere Versicherer die Geschäftsverbindung mit dem Makler-Startup. Das Unternehmen begehrte, dass der Bafin untersagt wird, gegenüber Versicherungsunternehmen Sanktionen zu verhängen, wenn diese mit ihr zusammenarbeiten, oder den Erlass von Untersagungsanordnungen anzudrohen.
Die Argumente der Parteien
Die Bafin war hier der Auffassung, dass die Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach Paragraf 48b Abs.4 S.1 VAG nur dann greift, wenn der Versicherer eine dauerhafte Reduzierung der Versicherungsprämie oder eine dauerhafte Leistungserhöhung gewährt. Denn Prämie und Leistung beruhen auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Ohne eine Änderung des Versicherungsvertrages zwischen den beiden Vertragsparteien verstößt demnach eine Abgabe der Provision eines Vermittlers an einen Versicherungskunden gegen Paragraf 48b Abs.1 VAG. Das Makler-Startup wiederum sah im Gesetz keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Prämienreduzierung oder Leistungserhöhung nur durch den Versicherer mittels Vertragsänderungen erfolgen kann. Er ist der Auffassung, dass eine Prämienreduzierung auch durch den Versicherungsvermittler erfolgen kann.

Das Urteil
Nach dem Beschluss des VG Frankfurt a. M. verstößt das Online-Versicherungsportal gegen das in Paragraf 48b Abs. 1 VAG normierte Provisionsabgabeverbot. Laut Verwaltungsgericht war das Rundschreiben der Bafin daher nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht folgte dabei der Argumentation der Bafin, dass die von dem Startup gewährten Sondervergütungen nicht als Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach Paragraf 48b Abs.4 VAG erlaubt waren, da die Sondervergütungen nicht zu einer dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags verwendet wurden. Zweck des Provisionsabgabeverbots sei es, Verbrauchern keine „Fehlanreize“ durch kurzfristige finanzielle Vorteile zu bieten. Aufgrund dieses gesetzgeberischen Zwecks des Provisionsabgabeverbotes ist eine enge Auslegung der Ausnahmevorschrift des Paragraf 48b Abs.4 VAG geboten, so das VG Frankfurt a. M.

Fazit
Das Makler-Startup verlor den Streit mit der Bafin um die Auslegung der Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach Paragraf 48b Abs.4 VAG. Der Streit wird in der nächsten Instanz fortgesetzt. Eine endgültige rechtliche Klärung zur Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48b Abs.4 VAG ist nötig, damit jeder Versicherungsvermittler diesbezüglich rechtssicher handeln kann.

Von: Jens Reichow, Rechtsanwaltskanzlei Jönke & Reichow

Quelle: Das Investment

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