Das Investment: Anleihekäufe: EZB gibt Schuldenkrise wieder Zündstoff

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 SJB | Korschenbroich, 25.02.2015. Die Europäische Zentralbank greift mit nie gesehener Wucht in den Kapitalmarkt ein. Dabei ist es fraglich, ob sie ihr Ziel erreicht. Den ersten Irrtum entlarvt ein Blick auf die USA.

Stellen Sie sich vor, Sie führen ein Unternehmen. Die Zeiten sind schlecht, aber Sie kommen über die Runden. Und jede Woche kommt Ihre Bank vorbei und will Ihnen Geld geben, viel Geld. Damit Sie investieren, Ihr Geschäft ausbauen und neue Risiken eingehen. Dabei gibt das die Geschäftslage gar nicht her. Sie lehnen also ab, aber die Schlipsträger kommen immer wieder vorbei. Irgendwann bewerfen sie Ihre Zentrale mit Geldpaketen, Sie können sich nicht mehr wehren.

Genau das macht die Europäische Zentralbank jetzt mit Banken. Der denkwürdige Tag ist der 22. Januar 2015, an dem das finanzielle Zentralorgan mit seinem Chef Mario Draghi jede noch vorhandene Hemmung fallen lässt. Ab März will es monatlich für 60 Milliarden Euro Anleihen kaufen. Anleihen von Staaten, Unternehmen und europäischen Instituten sowie in Anleihen verschnürte Baukredite, also Mortgage Backed Securities. Die Verkäufer sollen so neu geschaffenes Geld in die Hände bekommen und es als Kredite weiterreichen. Das soll die Wirtschaft ankurbeln und die Inflationsrate zurück in die ersehnte Region von 2 Prozent führen. Zurzeit liegt sie zu niedrig. Angeblich.

„Verstoß gegen Maastricht”

Und wie immer bei einem echten Draghi teilt sich die Finanzwelt in Befürworter und Kritiker. So giftet Degussas Chefvolkswirt Thorsten Polleit: „Die EZB-Entscheidung ist ein Verstoß gegen den Maastricht-Vertrag. Er verbietet der EZB ausdrücklich, die öffentlichen Haushalte zu finanzieren.“ Andere, wie der Londoner Investmentchef von Western Asset, Andrew Belshaw, haben mit den EZB-Maßnahmen kein Problem. Belshaw fordert sogar noch mehr: „Die EZB sollte noch radikaler operieren und etwa ihre eigene Bilanz als Absicherung für Unternehmenskredite verwenden.“

Die einen sagen so, die anderen so. Es ist absolut sinnlos, den Effekt der neuen Maßnahmen vorhersehen zu wollen. In der Pressemitteilung der EZB steht alles im Indikativ, als gäbe es keinen Zweifel. Der Konjunktiv wäre die bessere Wahl. Denn es gibt zu viele Beteiligte, deren Verhalten man nicht einschätzen kann. Das betrifft in erster Linie die Banken. Im Süden Europas tummeln sich sogenannte Zombiebanken, die zwar noch zucken, aber zu neuem Kreditgeschäft nicht mehr in der Lage sind. Ebenso stellt sich die Frage, was die gesunden Banken mit dem Geld von der EZB machen. Vielleicht stecken sie es auch einfach in Aktien. Oder in Anleihen aus den Schwellenländern, für die es immerhin um die 6 Prozent Rendite gibt. Ebenso offen ist es, ob Unternehmen investieren und expandieren wollen. Gibt das der Markt überhaupt her? Wenn man ein Samenkorn in einen trockenen Eimer Sand wirft, wird daraus auch nichts.

Renditen könnten stabil bleiben

Nicht ganz so schwierig ist die Prognose für die Kapitalmärkte. Denn hier gibt es Lehren von den US-Märkten, was sie während der dortigen Geldflut taten. Als nämlich die Zentralbank Staatsanleihen kaufte – stiegen deren Renditen. Die Kurse fielen also. Das hat zwei mögliche Ursachen: Die Zentralbank verdrängte zu viele andere Käufer. Oder es gab ohnehin keine Käufer, und die Fed stützte die Kurse. Plausibler klingt Version 1, Investoren hassen verzerrte Märkte. Dazu passt, dass die Aktienkurse während der Kaufphasen fast immer stiegen, hier war die Fed nicht unterwegs.

Überträgt man das nach Europa, führt es die Aussage, die EZB wolle mit den Käufen die Zinsen drücken, ins Absurde. Denn nach der US-Blaupause wird das nicht mehr klappen. Vielleicht sind die Renditen der Staatsanleihen in den vergangenen Monaten vor lauter Vorfreude gefallen – und das war’s. Naheliegend ist ebenso der Gedanke, dass Banken das gewonnene Geld zu einem großen Teil in Aktien und höherverzinsliche Anleihen, auch aus Schwellenländern, stecken werden. Das spricht für weitere Kursgewinne dort. Aber wie viel Geld tatsächlich in die Wirtschaft gelangt – wer weiß das schon?

Fest steht allerdings: Der Schuldenkrise hat die EZB wieder Zündstoff gegeben. Wegen der niedrigen Zinsen spüren die Staaten ihre Schuldenlast kaum noch. Warum sollten sie sie dann abtragen? Danke, Herr Draghi.

Von: Andreas Harms

Quelle: DAS INVESTMENT.

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