SJB|Korschenbroich, 15.11.2012. Ralf Walter verwaltet bei Allianz Global Investors den ältesten deutschen Aktienfonds, den Fondak A (WKN: 847101). Das Fondsmanagement hat er erst Anfang Oktober von Heidrun Heutzenröder übernommen.
DAS INVESTMENT.com: Ihre drei Argumente bitte, warum Anleger derzeit Aktien kaufen sollten.
Ralf Walter: Aktien sind im relativen Vergleich sehr attraktiv. So liegt die durchschnittliche Dividendenrendite des Dax mit 3,7 Prozent mittlerweile sogar über der Rendite für BBB-geratete Unternehmensanleihen von 3,3 Prozent.
Zudem unterstützt die expansive Zentralbankpolitik weiterhin die Verschuldung der Staaten und verhindert dadurch eine stärkere Rezession und stabilisiert damit kurzfristig auch die Unternehmensgewinne. Längerfristig wird auch eine höhere Inflation helfen müssen, die Staatsschuldenproblematik zu lösen. Aktien sind dabei ein guter Inflationsschutz.
Mein drittes Argument bezieht sich auf die Weltwirtschaft. Diese dürfte auch 2013 von Wachstumsimpulsen aus den Emerging Markets profitieren. Auch aus den USA kommen wieder positive Signale wie die Erholung des Häusermarktes und die Entwicklungen bei der Förderung von Schiefergas.
DAS INVESTMENT.com: Was sind derzeit Ihre Top-3-Märkte und -Sektoren?
Walter: Investoren sollten weiterhin auf Sektoren setzen, die in die Wachstumsmärkte USA und Emerging Markets exportieren. Die Sektoren Chemie, Maschinenbau und Auto bleiben damit auf Sicht der nächsten Jahre die Gewinnersektoren. Da sowohl der Dax als auch der Mdax ein hohes Gewicht in diesen Sektoren hat, sollten sich beide Indizes weiter überdurchschnittlich entwickeln. Auch der Pharmasektor ist aufgrund stabiler Erträge und günstiger Bewertung interessant. Sektoren wie Telekom, Versorger und Banken stehen aufgrund der anhaltenden Wachstumskrise im Euroraum eher unter Druck.
DAS INVESTMENT.com: Was können Anleger nächstes Jahr und die Kommenden danach erwarten?
Walter: Aktieninvestoren sollten mindestens mittlere einstellige Gewinnsteigerungen erwarten können. Dabei sind Dividenden als wesentlicher Bestandteil der Erträge aus Aktien zu sehen. Auf Basis des historischen Kurs-Gewinn-Verhältnisses vom 10- bis 10,5-fachen lässt sich daher ein Dax-Ziel von zirka 8000 Punkten bis Ende 2013 herleiten.
Die wahrscheinlich noch länger andauernde Niedrigzinspolitik dürfte Aktien weiter unterstützen. Seit 1959 hat der Dax im Durchschnitt 7,1 Prozent pro Jahr zugelegt. Diese Performance könnte in den kommenden drei Jahren auch möglich sein, sofern die Akteure die Schuldenkrise weiter in den Griff bekommen.
DAS INVESTMENT.com: Wie lässt sich der starke Abverkauf von Aktienfonds gegenüber dem „Run“ auf Rentenfonds Ihrer Meinung nach einordnen?
Walter: Aufgrund der Niedrigzinspolitik der Zentralbanken haben Inhaber von Anleihen Kursgewinne erzielt. Die Aktienmärkte waren dagegen im Laufe der ersten Jahreshälfte sehr volatil und wurden durch die Eurokrise extrem negativ beeinflusst. Als Folge haben Investoren das Aktienrisiko gescheut.
Doch mittlerweile liegt die Dax-Dividendenrendite mit 3,7 Prozent 220 Basispunkte über der Rendite von zehnjährigen deutschen Staatsanleihen – dies war in den vergangenen 25 Jahren noch nie zu beobachten. Aufgrund dieser Bewertungsrelation könnte es in den kommenden Jahren zu einem Trendwechsel kommen, sodass Aktien wieder stärker gefragt sein dürften.
DAS INVESTMENT.com: Welche Rolle spielen die Emerging Markets und deren Einfluss auf die Weltwirtschaft bei Ihrer Titelauswahl?
Walter: Schwellenländer repräsentieren aktuell schon 40 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Aufgrund des höheren Wachstums der Emerging Markets mit etwa 5 Prozent Wirtschaftswachstum gegenüber der entwickelten Welt mit 2 Prozent spielen die Schwellenländer für uns eine große Rolle bei der Titelauswahl.
Dies muss aber nicht unbedingt durch den Kauf von Titeln in den Emerging Markets geschehen, sondern kann durch eine gezielte Auswahl von Unternehmen in den entwickelten Ländern geschehen, die ein beträchtlichen Teil ihrer Geschäfte in den Wachstumsmärkten machen und gleichzeitig operative Exzellenz haben.
DAS INVESTMENT.com: Wie fällt die Aktiengewichtung in Ihrem Privatvermögen aus?
Walter: Die Aktiengewichtung war bisher schon über 50 Prozent und hat sich in letzter Zeit noch erhöht.
DAS INVESTMENT.com: Wie lautet die dümmste Börsenweisheit in Bezug auf den Aktienmarkt?
Walter: „If you are in trouble, double!”
DAS INVESTMENT.com: Sie dürfen sich hier ausnahmsweise in eine Aktie verlieben – welches Unternehmen ist das glückliche und warum?
Walter: Derzeit wird mir warm ums Herz bei BASF, Linde, VW oder SAP. Mit diesen Titeln partizipiert man indirekt am Wachstum der Schwellenländer.
DAS INVESTMENT.com: Welche war Ihre erste Aktie?
Walter: Mein erster eigener Aktienkauf war Volkswagen, die ich mit gut 50 Prozent Kursgewinn wieder verkaufte.
DAS INVESTMENT.com: Was haben Sie sich von Ihrem ersten Kursgewinn gegönnt?
Walter: Die ersten Kursgewinne habe ich immer wieder in europäische Standardwerte reinvestiert, bis ich Ende der 80er Jahre japanische Optionsscheine kaufte und ziemlichen Schiffbruch erlitt. Die Lehre daraus: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“.
Quelle: DAS INVESTMENT.