Das Investment: Warum Aktienanleger nun auf der Hut sein sollten

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Anfang Februar brachen die Aktienkurse weltweit schneller ein, als man „Rumms“ sagen konnte. Dann erholten sie sich. Doch wie geht es weiter? Wichtig ist vor allem eine bestimmte Kennzahl. „Die USA befinden sich in einer Rezession“, „Die schwache Konjunktur wird in den kommenden Monaten die Gewinnentwicklung der amerikanischen Unternehmen belasten“, „Anleger können jetzt schwache Kurse für vereinzelte Käufe nutzen, für weitergehende Investitionen sollten sie jedoch abwarten.“

Nervös geworden? Dann kommt jetzt die Entwarnung: Die Zitate stammen allesamt aus Heft 03/2008, kurz nachdem die Aktienkurse weltweit eingebrochen waren. Aber noch immer bevor es so richtig losging mit dem Crash.

Was man daran erkennt? Dass die Rezession in Europa und USA sich damals schon angedeutet hatte. Solche einschüchternden Signale sind heute schlicht nicht vorhanden. Im Gegenteil: Die große Frage lautet, ob die Wirtschaft in den USA zu heiß läuft. Und ob Präsident Donald Trump sie mit seiner – ökonomisch … nun ja … umstrittenen – Steuerreform nicht noch unnötigerweise zusätzlich zu sehr anfeuert.

Anfang Februar brachen die Aktienkurse schnell und hart ein, erholten sich aber auch umgehend wieder. Nur ein Sommergewitter oder Auftakt zur Regenzeit? Das hängt vom Auslöser ab. Und als den haben Marktbeobachter die Renditen langlaufender Staatsanleihen in den USA und Europa ausgemacht. Und die wiederum hängen an der Inflation. Nur wie entwickelt die sich?

GRAFIK: Aktien bekamen im Februar eins auf die Mütze

Aus einer Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent in den USA nach 9,6 Prozent im Jahr 2010 leitet das kleine Handbuch für Volkswirtschaft ab, dass die Löhne kräftig steigen müssen. Und steigende Löhne verursachen Inflation, weil die Betriebe ihre höheren Lohnkosten auf die Preise ihrer Waren überwälzen. Damit entstand schon oft genug die berüchtigte Lohn-Preis-Spirale. Nur diesmal nicht. Die Inflation liegt in den USA bei 2,1 Prozent für 2017 und in der Eurozone gar bei 1,5 Prozent.

Zwei Unterschiede zu früher nennt Robert Halver: Globalisierung und Digitalisierung. „Ist Land X zu teuer, geht das international hochmobile Kapital ins Land Y. So werden Arbeitsplätze in den alten Industrieländern immer mehr durch Jobs in Schwellenländern, aber auch in Amerika ersetzt“, sagt der Chefanalyst der Baader Bank. Die latente Furcht um den Arbeitsplatz ist auch in Deutschland trotz Boom nie so richtig abgeklungen. Und neue Nahrung liefert der Bitkom-Verband, der über eine Studie unkt, dass die Digitalisierung in den kommenden fünf Jahren 3 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland überflüssig machen werde. Ein Arbeitnehmer überlegt sich dann dreimal, ob er für mehr Geld seinem Chef mit Kündigung droht.

Zumindest die Globalisierung dreht sich aber dank einiger Egomanen in Regierungen zurzeit wieder ein bisschen zurück. So verfolgt Michael Beck vom Bankhaus Ellwanger & Geiger, ob Trump tatsächlich einen Handelskrieg mit Europa und China anzettelt. „Die Europäische Union könnte auf US-Stahl- und Aluminium-Importbeschränkungen ihrerseits mit einer Reihe von Zöllen reagieren, die schmerzhaft für die USA wären“, so der Leiter der Vermögensverwaltung. Die Folgen wären steigende Preise auf die bezollten Produkte. Das könne die Inflationsängste dann doch wieder befeuern, so Beck.

GRAFIK: Renditen für Staatsanleihen ziehen an

Je nachdem, wie sich die Güterpreise entscheiden, entwickeln sich die Anleiherenditen. In den USA und Europa zogen sie bei den längeren Laufzeiten bereits kräftig an (siehe Chart oben). Der direkte Effekt ist, dass langfristiges Geld für Staaten und Unternehmen dadurch teurer wird. Das entzieht dem Wirtschaftskreislauf Geld und lässt im Extremfall auch die von den Zentralbanken verschobene Staatsschuldenkrise wieder ausbrechen. Außerdem sorgen die höheren Renditen dafür, dass Aktionäre wieder Geld zurück in den Anleihemarkt schichten.

Weiteren Druck wird die US-Steuerreform erzeugen. Durch sie müssen die USA rund 1.000 Milliarden Dollar neue Schulden aufnehmen, schätzt Anlageberater Georg Oehm von der Vermögensverwaltung Mellinckrodt. Und mit der US-Notenbank und China hätten zwei bisherige Großkäufer von Anleihen keine große Lust mehr auf noch mehr Material. Also müssen die Renditen steigen, um andere Anleger zu überzeugen.

In Europa deutet inzwischen einiges daraufhin, dass Bundesbank-Chef Jens Weidmann im Herbst 2019 nach dem Italiener Mario Draghi den Vorsitz der Europäischen Zentralbank (EZB) übernimmt. Draghi und höhere Zinsen sind zwei Dinge, die sich ausschließen, bei Weidmann ist man sich da nicht so sicher. Schon jetzt steigen die Renditen, obwohl die EZB noch immer für hohe Summen Anleihen kauft.

Dass der Aktienaufschwung zu Ende ist, glaubt kaum einer ernsthaft. Im Gegenteil: Die Trumpsche Reform werde die Unternehmensgewinne in diesem Jahr noch einmal um 19 Prozent hochpeitschen. Aber dann? Dann hängt vieles vom Dreiergestirn Inflation, Renditen, Staatsschulden ab. Georg Oehm meint: „Die Leichtigkeit ist weg. Alle sind auf der Hut.“

Von: Andreas Harms

Quelle: Das Investment

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