Steuern avancieren zunehmend zu einem wichtigen Wahlkampfthema. Für DAS INVESTMENT.com nimmt Michael Bormann, Steuerexperte und Gründungspartner der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner die Steuerpläne der einzelnen Parteien unter die Lupe.
Dieser Artikel wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner.
Steuern sind ein heikles Wahlkampfthema – das mussten 2013 die Grünen erfahren, als ihre Erhöhungspläne sie bei der letzten Bundestagswahl spürbar Stimmen kosteten. Kein Wunder, dass um die Steuerkonzepte der verschiedenen Parteien noch lebhaft gestritten wird. Einigkeit besteht aber weitgehend darin, Gering- und Durchschnittsverdiener entlasten und für mehr Steuergerechtigkeit sorgen zu wollen. Eine Steuerreform scheint überfällig. Dazu gibt es bereits konkrete Vorschläge von der SPD zur Abgeltungsteuer und von der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung zur Einkommensteuer. Die Ideen im Überblick:
Abgeltungsteuer
SPD-Chef Sigmar Gabriel würde die Abgeltungsteuer am liebsten abschaffen – allerdings nicht ohne Ersatz. Bislang werden Kapitalerträge, also Zinsen, Dividenden oder Gewinne aus Aktien- und Fondsgeschäften, pauschal mit 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer belegt. Die individuelle Einkommensteuer beläuft sich dagegen in der Spitze auf 42 Prozent. Gabriel findet das ungerecht und möchte die Abgeltungsteuer an den Einkommensteuertarif angleichen.
Auf den ersten Blick sieht das gerecht aus – es gibt jedoch zwei Haken. Zum einen würde das Steuerkonzept der SPD die private Altersvorsorge weiter erschweren. Zum anderen greift der Fiskus schon heute zumindest bei Dividenden mit deutlich mehr als 25 Prozent zu. Denn der Gewinn von Kapitalgesellschaften unterliegt der Körperschaftsteuer von 15 Prozent sowie der Gewerbesteuer, die – abhängig vom Hebesatz – sich ebenfalls auf rund 15 Prozent beläuft. Von einem Euro Gewinn bleiben also auf Unternehmensebene nur rund 70 Cent übrig. Wenn diese an die Anteilseigner ausgeschüttet werden, kassiert der Fiskus noch einmal mit 26,375 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag. Beim Steuerzahler kommen also nur noch 51,5 Cent an. Dabei ist etwaige Kirchensteuer noch nicht einmal berücksichtigt. Unter dem Strich heißt das: Zumindest Dividenden werden bereits heute mit 48,5 Prozent besteuert.
Von einer Angleichung der Abgeltungsteuer an die individuelle Einkommensteuer würden bei Dividenden vor allem einkommensstarke Anleger profitieren. Denn deren Spitzensteuersatz ist bei 42 Prozent gekappt. Für mittlere Einkommen (unter 53.666 Euro p.a.) würden die Steuerpläne der SPD eine Erhöhung bedeuten.
Werbungskosten
Die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU will gleich mit drei Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit sorgen. In einem ersten Schritt soll nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr der Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.000 auf 2.000 Euro erhöht werden. Da dieser Freibetrag allen Steuerzahlern mit Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zusteht, würde sich die Verdoppelung prozentual betrachtet bei den niedrigeren Einkommen stärker auswirken als bei den höheren.
Einkommensteuer
Ab 2019 soll der Steuertarif dann flacher verlaufen und der Spitzensteuersatz bei Alleinstehenden erst ab 60.000 Euro Jahreseinkommen greifen. Dadurch soll der sogenannte Mittelstandsbauch abgespeckt werden. Heute werden schon ab 53.666 Euro der Spitzensatz von 42 Prozent Einkommensteuer fällig. Von dieser Maßnahme würden alle Steuerzahler profitieren, die heute bis zu 60.000 Euro im Jahr verdienen (bei Ehepaaren gilt der doppelte Satz), also vor allem die Gering- und Durchschnittsverdiener. Dasselbe gilt für kleinere Personengesellschaften, die ebenfalls der Einkommensteuer unterliegen.
Kinderfreibetrag- und Kindergeld
Schließlich schlägt die Unions-Mittelstandsvereinigung vor, in einem dritten Schritt den Kinderfreibetrag von derzeit 7.248 Euro auf den Grundfreibetrag von Erwachsenen von 8.652 Euro anzuheben. Gleichzeitig soll das Kindergeld steigen. Diese Maßnahmen kämen vor allem Eltern mit niedrigeren Einkommen zugute.
Die CDU-Mittelständler veranschlagen das Volumen für die vorgeschlagenen Maßnahmen auf rund 30 Milliarden Euro pro Jahr. Und das ist wohl der größte Knackpunkt an den Vorschlägen. Zwar sind die Ideen offenbar mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble abgestimmt worden. Das Volumen dürfte jedoch seine Vorstellungen deutlich übersteigen. Schäuble hält Entlastungen von nur zwölf Milliarden Euro p.a. für realistisch. Und gegen den Willen des Finanzministers dürfte es keine Steuerreform geben. Der Koalitionspartner SPD und die Opposition kritisieren denn auch, dass dem Steuerkonzept eine Gegenfinanzierung fehle. Und damit dürften sie durchaus Recht haben.
Von: Michael Bormann
Quelle: Das Investment