Allianz | Frankfurt, 01.07.2016.
Einfach (tief) rot („Simply Red“) zeigten sich die Aktienmärkte rund um den Globus am Tag nach dem britischen Referendum. Obwohl sich bis zum Schluss ein knappes Ergebnis für oder gegen den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union abzeichnete, erwischte das Brexit-Ergebnis dennoch das Gros der Anleger auf dem falschen Fuß. Für das britische Pfund wie für Aktien ging es nach unten. Klarer Gewinner waren die Staatsanleihen hoher Bonität, wobei es zu Spreadausweitungen in der Eurozone gegenüber der Rendite deutscher Bundesanleihen kam. Letztlich weitete sich auch bei den Anleihen das Rot aus – in Form negativer Renditen, die noch weiter um sich griffen. In der Schweiz tauchte die gesamte Zinsstrukturkurve bis hin zur 30-jährigen Bundesobligation unter die Nullmarke ab.
Auch das Ergebnis der Parlamentswahlen in Spanien konnte diese Marktentwicklung nicht stoppen. Zwar setzten sich die reformkritischen Kräfte nicht wie erwartet durch, aber zu einer stabilen Parlamentsmehrheit reicht es dennoch nicht. Der „Risk-Off“-Modus an den globalen Kapitalmärkten schwappte in die neue Woche hinüber. Erst am Dienstag kam es zu einer Gegenbewegung.
„Der Index für wirtschaftspolitische Unsicherheit weist sowohl für die USA, wie für Europa als auch für China gestiegene Risiken aus.“
Der alte Kontinent wird sich an gestiegene politische Risiken gewöhnen müssen. Nicht nur er. Der Index für wirtschaftspolitische Unsicherheit weist sowohl für die USA, wie für Europa als auch für China gestiegene Risiken aus, gemessen an der Medienberichterstattung (siehe Grafik der Woche). Erhöhte Unsicherheit belastet den Wachstumsausblick.
Die Treiber der nächste(n) Woche(n) sind damit schnell ausgemacht:
• Politik: Im Juli stehen die nächsten Treffen der Eurogruppe und des Ecofin-Rats an, und es dürfte langsam mehr Klarheit eintreten, wie die Verhandlungen zwischen Großbritannien und den restlichen 27-Ländern der EU ablaufen werden.
• Technik: Während die Anleihen weiter von ihrem Status als „sichere Häfen“ profitieren dürften, sollte auf der Aktienseite bis auf Weiteres der „Vorsicht-Modus“ dominieren. Die Kollegen von der „Technik“ haben dabei den S&P 500 unter „verstärkte Beobachtung“ gestellt, sehen aber den FTSE 100 entspannter. Zwischenzeitlich wurde allerdings, gemessen an den Relative-Stärke-Indikatoren, die stark überkaufte Lage an den großen Aktienmärkten ein ganzes Stück abgebaut, was den Abgabedruck mildert, und die „Bullen“ sind deutlich in der Minderheit, was oft ein guter Kontra-Indikator ist.
• Konjunktur: Die Konjunkturdaten dürften es in dieser Gemengelage am schwersten haben sich durchzusetzen, zumal sie die erhöhten Unsicherheiten in der EU nach dem britischen Volksentscheid noch nicht widerspiegeln können. Wichtig werden dennoch am Dienstag die Einzelhandelsumsätze in der Eurozone, die Auftragseingänge in den USA und der Caixin-Einkaufsmanagerindex für China. Am Mittwoch stechen der ISM-Einkaufsmanagerindex für das nicht-verarbeitende Gewerbe in den USA und die Protokolle zur letzten Fed-Sitzung hervor. Am Donnerstag dann folgen die deutsche und britische Industrieproduktion und die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung (USA). Bei einer vergleichsweise ruhigen Datenlage bildet die US-Arbeitslosenrate am Freitag den Abschluss.
Verstehen. Handeln.
Die Staatsanleihen dürften weiter ihren Status als Profiteur von der Unsicherheit behalten, während die Aktieninvestoren in aufgewühlter See navigieren müssen –dafür allerdings mit der Aussicht, gute Bewertungen zu finden und auf eine Berichtssaison zuzulaufen, für die sich das Momentum der Gewinnrevisionen verbessert hat. Dies gilt besonders für den S&P 500 und den MSCI Europa. Hier liegt die Relation der heraufgestuften versus der nach unten genommen Gewinnerwartungen mittlerweile (fast) wieder bei eins Schwarze Performancedaten wünscht Ihnen
Hans-Jörg Naumer, Global Head of Global Capital Markets & Thematic Research