„Anleihen sind nicht mehr unbedingt das Instrument der Wahl, wenn es um die Erzielung von Einkommen geht“, sagt Axel Cron. Im Interview erklärt der Leiter Fixed Income Management Deutschland bei HSBC Global Asset Management (Deutschland), welche Fonds für die „neue Anleihewelt“ gerüstet sind. In welchen Anleihesegmenten sehen Sie aktuell eindeutige Anzeichen einer Blase? Oder anders: Von welchen Segmenten sollten sich Investoren aufgrund eines signifikanten Rückschlagpotenzials auf absehbare Zeit fernhalten?
Axel Cron: Nach unserer Schätzung befinden sich die Laufzeitprämien der globalen Anleihemärkte tief im negativen Bereich. Die Übernahme von Durationsrisiken wird bestraft. Am wenigsten attraktiv erscheinen uns demnach Staatsanleihen.
Dennoch investieren institutionelle Anleger weiterhin in Staatsanleihen. Dafür haben sie rationale Beweggründe – etwa Regulierung und Diversifikation. Insofern zögern wir hier den Begriff „Blase“ zu verwenden.
Als Auslöser für einen möglichen Kursrutsch am Rentenmarkt gilt die Angst vieler Bond-Anleger vor einer baldigen Zinserhöhung durch die US-Notenbank Federal Reserve. Wann rechnen Sie mit einer Fortsetzung der Zinswende in den USA? Und welche Effekte erwarten Sie dadurch auf die Treasuries der Vereinigten Staaten sowie den weltweiten Anleihemarkt?
Yellens Rede in Jackson Hole hat den Weg für einen Zinsschritt im Dezember bereitet. Alle Anzeichen deuten jedoch darauf hin, dass die US-Notenbank Fed den geldpolitischen Normalisierungsprozess mit größter Vorsicht vornehmen wird. Ein solcher wäre aber nach unserer Bewertung der Fundamentaldaten geboten. Zur Normalisierung gehört auch, dass das längere Ende der Zinsstrukturkurve stärker durch den Kapitalmarkt und damit durch Wachstums- und Inflationserwartung beeinflusst wird als durch Erwartungen weiterer geldpolitischer Aktivitäten. Daraus ergibt sich zunächst das Bild einer etwas steileren Zinskurve für US-Staatsanleihen.
Die klassische Argumentation über den globalen Zinszusammenhang spräche dann für ebenfalls anziehende Zinssätze in anderen Segmenten des globalen Anleihemarktes. Da die Fed allerdings diese „Fernwirkungen“ zu antizipieren versucht und ihre Politik entsprechend vorsichtig ausgestaltet, hat sie sich in ein Dilemma begeben, aus dem ein Ausweg nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von der „reflexiven“ Fed.
Mit der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrise scheint vor acht Jahren eine neue Zeitrechnung begonnen zu haben: Es ist immer schwieriger geworden, mit Anleihen gute Renditen bei überschaubaren Risiken zu erzielen. Welche Fondskonzepte sind mittlerweile überholt bzw. bieten nicht mehr das klassische Rendite-Risiko-Profil, das Anleger Jahrzehnte lang „gelernt“ haben?
Der Begriff „Fixed Income“ ist in Zeiten, in denen große Teile des Anleihenmarktes negativ rentieren, zu überdenken. Anleihen sind also – abseits von Rendite-Risiko-Betrachtungen – nicht mehr unbedingt das Instrument der Wahl, wenn es um die Erzielung von Einkommen geht. Aber natürlich hat sich auch das Risiko-Profil im Portfolio-Kontext verschlechtert. Die Korrelation mit anderen Anlageklassen hat aufgrund der dominanten Wirkung der Geldpolitik deutlich zugenommen. Dies trifft im Grunde alle Fondskonzepte, ohne dass diese deshalb als überholt bezeichnet werden können.
Bitte stellen Sie unseren Lesern einen Anleihefonds aus Ihrem Hause vor, der für die „neue Anleihewelt“ gerüstet ist und mit dem konservative Investoren in den kommenden Jahren vernünftige Renditen bei angemessenen Risiken erzielen können.
Feststeht: Auch konservative Anleger müssen heute mutiger werden. Während die Ertragsaussichten für globale Staatsanleihen, Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Rating und Geldmarktanlagen, also die klassisch im konservativen Portfolio zu findenden Anlagen, insgesamt verhalten bleiben, sind ausgewählte hochverzinsliche Anleihen risikoadjustiert, aber auch unter absoluten Aspekten eine attraktive Alternative.
Dazu zählen insbesondere globale High-Yield-Unternehmensanleihen und in Lokalwährung notierende Emerging-Markets-Anleihen. Bei Letzteren bleibt allerdings das Wechselkursrisiko, auch wenn wir von teilweise deutlich unterbewerteten Lokalwährungen ausgehen. Attraktive Renditen bei einer guten Kreditqualität sehen wir etwa bei asiatischen Anleihen. Für konservative Anleger sind sie vor allem auch als Diversifikationsquelle interessant. So ist die Korrelation von Asien-Anleihen zu anderen Anleihemärkten vergleichsweise gering. Die Bonität der asiatischen Staats- und Unternehmensanleihen steigt kontinuierlich. Insgesamt liegen die Ausfallraten unter dem globalen Niveau.
Wagt man sich in höherverzinste und zugleich risikoreichere Teilsegmente, gilt es zweierlei zu beachten: erstens sollten die negativen Auswirkungen eines allgemeinen Zinsanstiegs abgefedert werden. Das spricht für eine strategisch kurze Duration oder für ein flexibles Agieren des Fondsmanagements. Zweitens müssen die Kreditrisiken kontrolliert werden, was ein fundamentales Credit-Research erfordert.
Welchen oder welche Rentenfonds aus Ihrem Hause vermarkten Sie derzeit nicht aktiv, weil dessen Manager aufgrund der festgeschriebenen Anlagebedingungen im aktuellen oder künftig erwarteten Marktumfeld nicht optimal agieren können?
Wir bewerben alle Fonds zielgruppenspezifisch anhand der jeweiligen Risiko- und Renditegesichtspunkte. Wir legen derzeit den Fokus auf Regionen wie Asien, die gerade auf der Zinsseite spannende Anlagechancen bieten. Wir sind überzeugt, dass versierte Asset Manager mit dem Rückgriff auf ein profundes fundamentales Research auch im aktuellen Marktumfeld für Anleihen interessante Anlagechancen finden.
Von: Christian Hilmes
Quelle: Das Investment