Das Investment: 37 Fonds im Crashtest: Die besten Fonds für osteuropäische Aktien

sjb_werbung_das_investment_300_200Russland, Polen, Tschechien, Ungarn – viele Jahre lang stand die Region Osteuropa für überdurchschnittliche Aktien-Renditen. Auch wenn davon derzeit wenig zu spüren ist, sollten Anleger sie nicht völlig aus den Augen verlieren. Der aktuelle Crashtest nennt die besten Angebote für einen möglichen Turnaround.

In den 90er Jahren floss viel Geld in den ehemaligen Ostblock. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs versuchten viele Unternehmen aus dem Westen, dort Fuß zu fassen. Ab 2004 erleichterte dann der EU-Beitritt Polens, Tschechiens und Ungarns die Handelsaktivitäten enorm. 

Heute fließen fast 10 Prozent der Investitionen deutscher Firmen nach Mittel- und Osteuropa. Hauptvorteil sind die niedrigen Lohnkosten sowie die Motivation und Qualifikation der Arbeitskräfte vor Ort. Auch viele Privatanleger erkannten die Chancen im Osten des Kontinents schon früh – und konnten, sofern sie einen Top-Fonds wie den Griffin Eastern European (heute: Renasset Eastern European Fund) erwischten, viel Geld verdienen: Zwischen der Auflegung im Oktober 1998 und Ende 2007 hat sich der Anteilspreis – vor allem dank des hohen Russland-Anteils und der Stockpicking-Qualitäten des damaligen Managers Jürgen Kirsch – mehr als verelffacht. Das entspricht über neun Jahre hinweg einer jährlichen Rendite von 31,1 Prozent.

Gefühlt ist das eine Ewigkeit her. Im Laufe der Finanzkrise ging es mit den Kursen steil bergab, und auch nach 2010 machen diverse Störfeuer die östlich der Oder gelegenen Börsen unattraktiv. Russland etwa steckt in einer tiefen Rezession, vor allem die gesunkenen Rohstoffpreise hinterlassen ihre Spuren. Die Sanktionen des Westens aufgrund des Konfliktes mit der Ukraine tun ihr übriges.

In der ebenfalls zur Anlageregion gehörenden Türkei belasten neben der unklaren politischen Lage auch die kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Terror-Organisation Islamischer Staat und den Kurden das Investmentklima. Die Landeswährung Lira hat zudem seit Mitte Juli gegenüber dem Euro zeitweise mehr als 15 Prozent an Wert verloren. All dies spiegelt sich in der Wertentwicklung entsprechend ausgerichteter Aktienfonds wider: Per Mitte August 2015 – also noch vor dem in der letzten Augustwoche beschleunigt einsetzenden Kursverfall an den Weltbörsen – notiert auf Sicht von fünf Jahren lediglich der Crashtest-Sieger Schroder Emerging Europe leicht im Plus, alle anderen Teilnehmer schreiben rote Zahlen (siehe Performance-Auswertung).

Für langfristig orientierte Anleger bleiben die Ost-Börsen dennoch spannend. Als Pluspunkte gelten neben den mittlerweile sehr niedrigen Bewertungen die im Vergleich zu Westeuropa höheren Wachstumsraten, steigende Einkommen und damit einhergehend ein wachsender Konsum.

Wer sich frühzeitig für einen Turnaround positionieren möchte, hat derzeit die Auswahl zwischen 49 Fonds, von denen sich 37 für den aktuellen Crashtest qualifiziert haben. Dabei könnten die drei Siegerfonds kaum unterschiedlicher sein: Während der Schroder Emerging Europe am ehesten der für die Region repräsentativen Benchmark MSCI Emerging Europe 10/40 gleicht, sucht man im Ringturm Osteuropa der Erste Asset Management Aktien aus Russland oder der Türkei vergeblich. Die Manager des SEB Eastern Europe Small Cap Fund wiederum setzen in erster Linie auf die Aktien von kleineren Unternehmen aus der Region.

Die drei Siegerfonds im Kurz-Porträt

Platz 1: Schroder Emerging Europe

Foto: Rollo Roscow (links) und Mohsin Memon

Wer keinen reinrassigen Russland- oder Türkei-Fonds sucht, aber trotzdem in die mittlerweile sehr preiswerten Aktien der beiden Länder anlegen möchte, findet in diesem bis Ende Oktober 2014 von Schroders Emerging-Market-Chef Allan Conway und Tom Wilson gemanagten Fonds ein sehr gutes Angebot. Der Wechsel zu Rollo Roscow und Mohsin Memon kostete jedoch in den Urteilen der Ratingagenturen keine Sympathiepunkte, und auch im jüngsten Zwölf-Monats-Vergleich entwickelt sich der Fonds leicht besser als die Vergleichsgruppe.

Mit 45 beziehungsweise 21 Prozent machen russische und türkische Aktien fast 75 Prozent des Portfolios aus. Polen ist mit 14 Prozent noch relativ prominent vertreten, während Länder wie Ungarn oder Tschechien im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen. Auch griechische Titel wie die National Bank of Greece oder Hellenic Telecommunication finden sich im Fonds, ebenso wie einzelne Aktien aus der Mena-Region.

Um ihre Benchmark MSCI EM Europe 10/40 outzuperformen kombinieren Roscow und Memon einen Top-Down- mit einem Bottom-up-Ansatz. „Bei der Länder-Allokation unterstützt uns ein hauseigenes quantitatives Modell, in erster Linie setzen wir jedoch darauf, gute Einzeltitel zu identifizieren“, erläutert Roscow. Größte Positionen im Portfolio sind derzeit Lukoil und Sberbank.

Zwar bleibt das Manager-Duo angesichts der aktuell angespannten politischen und ökonomischen Lage in Osteuropa für die nächsten Monate noch vorsichtig gestimmt. „Angesichts der Erträge und des Wachstumspotenzials der Region sind die Bewertungen insgesamt jedoch zu pessimistisch “, führt Roscow aus. Über kurz oder lang sollten die positiven Aspekte wieder zum Tragen kommen – insbesondere Russlands unermessliche Reserven an Erdöl, Erdgas und Metallen sowie der attraktive türkische Binnenmarkt. „Als Werkbank für Westeuropa ist die Türkei zudem in hohem Maße wettbewerbsfähig“, so Roscow abschließend.

Platz 2: SEB Eastern Europe Small Cap Fund

Dieser 1998 aufgelegte Fonds ist der einzige im Bewerberfeld, der sich zu einem Großteil Nebenwerten verschrieben hat. Trotz dieses als eher schwankungsanfällig geltenden Schwerpunkts konnte er vor allem im Stresstest punkten. Fondsmanager Marko Daljajev agiert vom estländischen Tallin aus und bekommt dabei Unterstützung von mehreren Branchenspezialisten, die ebenfalls aus der Region stammen. Der Fonds orientiert sich an keiner Benchmark.

Mindestens 50 Prozent des knapp 42 Millionen Euro umfassenden Fondsvermögens investiert Daljajev in Firmen mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 500 Millionen US-Dollar. Aus Liquiditätsgründen hält er jedoch auch größer kapitalisierte Aktien. Da nicht nur die Kapitalmärkte in Osteuropa, sondern insbesondere auch Small Caps als eher ineffizient gelten, verfolgt das SEB-Team einen ausgeprägten Stockpicking-Ansatz. Darin und in seiner Spezialisierung sieht Daljajev durchaus Vorteile: “Derzeit gibt es für kleine und mittelständische Unternehmen bei institutionellen Investoren nur begrenzt Wettbewerb. Das verschafft uns günstige Wettbewerbsbedingungen.“

Außer auf attraktive Bewertungen achtet der SEB-Manager auch auf eine gute und transparente Unternehmensführung: „Verbesserungen in diesem Bereich gehören zu den großen wertschöpfenden Faktoren.“ Im Fonds finden sich in der Regel 80 bis 100 Titel. Als mögliches Verkaufssignal nennt Daljajev insbesondere attraktive neue Anlage-Alternativen oder eine anhaltende Verschlechterung der Fundamentaldaten.

Die größten Länderpositionen sind mit jeweils rund 20 Prozent Rumänien und Russland, gefolgt von Polen mit 14 Prozent. Einen der größten Beiträge zur jüngsten Wertentwicklung lieferte die russische Agrar-Holding Rusagro, die für 2014 und das erste Quartal 2015 starke Ergebnisse veröffentlichte. Der ebenfalls prominent vertretene russische Düngemittel-Hersteller Phosagro profitierte zudem von hohen Preisen für Diammoniumphosphat. Für Stabilität im Portfolio sorgte zudem das polnische Wohnimmobilien-Unternehmen Polnord.

Platz 3: Ringturm Aktienfonds Osteuropa

Dieser seit Anfang 2012 von Crina-Amalia Ripfl betreute Fonds kommt aus dem Hause der Wiener Erste Asset Management. Länder- und unternehmensspezifischen Input liefern Analysten der Gesellschaft, die in Metropolen wie Bukarest oder Prag vor Ort sitzen.

Anders als in den beiden anderen Siegerfonds sind Aktien aus Russland und der Türkei überhaupt nicht vertreten: Ripfl beschränkt sich weitgehend auf Unternehmen aus den östlichen EU-Mitgliedern und Beitrittskandidaten. Dabei stehen vor allem die langfristigen Wachstumsaussichten der jeweiligen Unternehmen sowie ihre Marktposition und Gewinndynamik im Mittelpunkt, wie Ripfl erläutert: „Die entsprechenden Informationen dazu gewinnen wir unter anderem durch 400 bis 500 Unternehmenskontakte pro Jahr.“

Regional ist der Fonds derzeit fast zur Hälfte in Polen engagiert, unter anderem in Finanztiteln wie PKO Bank Polski. Aktien aus dieser Branche machen rund 45 Prozent des Portfolios aus, gefolgt von Energie- und Versorger-Titeln mit zusammen 30 Prozent. Die in den vergangenen Jahren stark gefallen Rohstoffpreise sieht Ripfl dabei sehr positiv: „Die CEE-Staaten sind Rohstoff-Importeure, deshalb sollten sowohl die Wirtschaft als auch die Konsumenten von einem niedrigen Ölpreis profitieren.“

Ein weiterer Aktivposten sind die hohen Dividendenrenditen der enthaltenen Titel, die sich auf durchschnittlich 4 Prozent belaufen. Mit nur 48 Beteiligungen ist der Fonds vergleichsweise konzentriert.

Von: Sven Stoll

Quelle: DAS INVESTMENT.

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