China-Aktienfonds sind etwas für Anleger mit starken Nerven, starke Kursschwankungen sind keine Seltenheit. Welche Fondsmanager das Portfolio auch in turbulenten Zeiten auf Kurs halten, zeigt der aktuelle Crashtest. Der Kursverlauf gängiger China-Aktienindizes wie des Shanghai Composite weist gegenüber dem Verlauf des MSCI World immer wieder deutliche Ausschläge auf – so etwa im Sommer 2015 oder Anfang 2016, als der Börsenhandel nach einem Kurssturz um fast 30 Prozent von der Regierung in Peking gestoppt wurde.
Zartbesaitete Anleger sollten sich diesem Markt daher mit Vorsicht nähern. Nicht gerade risikoscheu agieren hingegen viele chinesische Anleger: Zocken an der Börsen ist verbreitet, teils werden dafür auch Kredite aufgenommen. Was den chinesischen Aktienmarkt außerdem von den anderen Börsen der Welt unterscheidet, ist der niedrige Anteil ausländischer Aktionäre: Nach Aussage des Vermögensverwalters Comgest befindet sich nur ein Prozent der chinesischen Marktkapitalisierung im ausländischen Besitz.
Dies könnte sich jedoch künftig ändern, denn seit Ende 2016 stehen aufgrund der Stock-Connect-Programme der Börsen Shanghai und Shenzhen mit Hongkong wurde internationalen Anlegern der Zugang zu 1.447 chinesischen A-Aktien ermöglich. Das entspricht nach Angaben von Comgest mehr als 50 Prozent der chinesischen Marktkapitalisierung.
Die Manager des letztjährigen und aktuellen Gesamtsiegers Comgest Growth Greater China versprechen sich hiervon starke Impulse. Auch Helen Zhu, Managerin des Performance-Siegers Blackrock China Fund, beurteilt das Programm positiv: „Innerhalb des Marktes für A-Anteile dürften vor allem Qualitätswerte mit vernünftigen Bewertungen das Interesse internationaler Investoren wecken – etwa Titel aus den Bereichen Elektro-Großgeräte, Informationstechnologie und Gesundheitswesen“, erläutert sie.
Die drei Siegerfonds im Kurzporträt
Baijing Yu
Der Gesamtsieger: Comgest Growth Greater China
Der 2001 aufgelegte Fonds konnte seinen Spitzenplatz verteidigen und überzeugt im aktuellen Crashtest in allen drei Bereichen mit guten Ergebnissen – allen voran bei der Performance. Während eine überdurchschnittliche Wertentwicklung häufig mit einer hohen Volatilität einhergeht, fällt sie aber beim Comgest Growth Greater China mit 17,4 Prozent über drei Jahre für die Anlageklasse vergleichsweise moderat aus.
„Unser Ansatz mit Fokus auf Qualitätsunternehmen mit überdurchschnittlichen Wachstumschancen und einer vernünftigen Bewertung führt zu einem Portfolio mit Aktien, die eine geringere Schwankungsbreite aufweisen“, kommentiert Baijing Yu das Ergebnis. Sie managt den Fonds gemeinsam mit David Raper und Jasmine Kang. Die mit einem Plus von 91 Prozent besonders gute Performance über drei Jahre führt Yu unter anderem auf Engagements im IT-Unternehmen Netease aktuell größte Position im Fonds – sowie den taiwanesischen Halbleiter-Hersteller TSMC und den chinesischen Automobilzulieferer Minth zurück.
Bei der Titelauswahl nutzt das Team die Möglichkeit, auch in Taiwan und Hongkong zu investieren, aktiv aus: So stecken aktuell 19 Prozent des Portfolios in Titeln aus Taiwan, darunter TSMC mit einer Gewichtung von rund 6 Prozent. Weitere 4 Prozent hält das Team in Titeln aus Hongkong – deutlich weniger als noch vor rund einem Jahr.
Bei der Titelauswahl wenden die Fondsmanager einen mehrstufigen Prozess an: Im ersten Schritt filtern sie rund 90 Titel heraus, die in die engere Wahl kommen. Am Ende der Auslese steht ein mit 30 bis 40 Titeln sehr konzentriertes Portfolio. Aktuell hat das Team das Fondsvermögen auf 31 Aktien verteilt, darunter auch China Mobile.
Vom Vergleichsindex MSCI All Cap Golden Dragon weicht das Team je nach Marktmeinung deutlich ab, wie die aktuelle Branchenaufteilung zeigt. So sind zyklische Konsumgüter im Index mit nur 8 Prozent gewichtet, die Fondsmanager halten jedoch knapp 22 Prozent des Portfolios in diesen Titeln. Umgekehrt verhält es sich mit Finanztiteln, die das Comgest-Team mit 14 Prozent und damit deutlich untergewichtet.
Zu den Neuzugängen im Portfolio gehören unter anderem Hangzhou Hikvision, das weltgrößte auf Videoüberwachung spezialisierte Unternehmen. Auch Anta Sports – drittgrößte Sportmarke in China hinter Adidas und Nike – qualifizierte sich unter anderem dank seiner Markenstärke für den Fonds. „Hinzu kommt, dass der Staat den Sportsektor forciert und massive Wachstumsziele ausgerufen hat“, erläutert Yu.
Die Aussichten für den Großraum China beurteilt Yu zwar positiv, hält sich aber mit Euphorie zurück: „Die wirtschaftlichen Eckdaten fielen zuletzt besser aus als erwartet, auch die Regierung zeigt sich zufrieden. Gleichwohl bestehen nach wie vor bekannte Risiken wie die hohe Verschuldung, weshalb wir vorsichtig agieren“, urteilt die Fondsmanagerin. Von stark zyklischen Sektoren halten sie und ihre Co-Manager sich darum fern.
Der Performance-Zweite: Blackrock China Fund
Mit 74 Punkten belegt dieser knapp 1,8 Milliarden Euro schwere Fonds im Performance-Test den zweiten Platz hinter dem Comgest Growth Greater China. Insgesamt kommen die beiden Fondsmanager Andrew Swan und Helen Zhu auf 154 Punkten und kommen damit in der Gesamtwertung auf Rang 7. Mit 30 bis 60 beziehungsweise aktuell 47 Titeln haben sie das Portfolio breiter gestreut, mit 9 Prozent ist derzeit Alibaba das am höchsten gewichtete Unternehmen.
Bei der Titelauswahl sind Swan und Zhu nicht ausschließlich auf China beschränkt und können bis zu 15 Prozent des Portfolios in Ländern wie Taiwan investieren. Bei der Auswahl der Titel gehen sie stilneutral vor und kombinieren sowohl Top-Down- als auch Bottom-Up-Analyse. Das Ergebnis des Auswahlprozesses weicht deutlich von dem des Gesamtsiegers ab: So machen zyklische Konsumgüter nur knapp 4 Prozent des Portfolios aus, Finanzwerte wie die Bank of China hingegen – im Comgest-Fonds mit 14 Prozent vertreten– gewichten die Fondsmanager mit gut einem Drittel des Portfolios.
„Wir glauben, dass chinesische Banken, die von vielen Investoren deutlich untergewichtet werden, positiv überraschen könnten“, erläutert Zhu und begründet dies mit verstärkten Regulierungsmaßnahmen, die dem Bankensektor Rückenwind verleihen könnten. Die zweitwichtigste Rolle im Fonds spielen IT-Werte, deren Portfolioanteil bei derzeit 26 Prozent liegt. Einen Schwerpunkt setzt Zhu auf Sektoren, die von der Politik bevorzugt werden und die von Strukturreformen profitieren.
Risiken sieht die Blackrock-Managerin derzeit vor allem aufgrund der von US-Präsident Donald Trump angedrohten Handelsbeschränkungen. „Die damit einhergehenden Nachteile dürften allerdings teilweise von einem verstärkten Umbau zu einer auf den heimischen Konsum ausgerichteten Volkswirtschaft kompensiert werden“, so Zhu. Sollte Trump seine Drohungen wahrmachen, wären der Fondsmanagerin zufolge zunächst bestimmte Industriezweige betroffen, die in Konkurrenz zu US-Produkten stünden. „Dies trifft beispielsweise auf Automobilzulieferer zu“, erläutert Zhu.
Nic Yeo
Der Stresstest-Sieger: Aberdeen Chinese Equity Fund
Wie beim letztjährigen Crashtest schneidert dieser bereits seit 1992 existierende Fonds im Stresstest am besten ab und hängt diesmal mit einem Punkt Vorsprung den zuletzt gleichauf liegenden Schroder Hong Kong Equity ab. Gemanagt wird er von Nic Yeo. Sein Anlageuniversum setzt sich nicht nur aus Aktien von chinesischen Unternehmen zusammen, sondern auch aus solchen, die den Großteil ihres Geschäfts dort betreiben.
Das gute Abschneiden im Stresstest begründet Yeo mit seiner Anlagestrategie: „Wir bevorzugen Unternehmen, die sich unter anderem durch hohe Marktanteile auszeichnen und sich auch in Abwärtsphasen vergleichsweise stabil entwickeln.“ Einen weiteren Grund für die niedrige Volatilität sieht Yeo in der geringen Umschlagshäufigkeit im Fonds: „Vier unserer Top-Ten-Titel halten wir seit mindestens 15 Jahren.“
Seinen Ansatz beschreibt der Fondsmanager als konservativ. Das Portfolio, bestehend aus derzeit 49 Titeln, bestückt er mit Festland-Aktien, wobei er ein besonderes Augenmerk auf politische und regulatorische Risiken legt: „Wir investieren beispielsweise nicht in die vier staatseigenen Banken, denn diese müssen je nach Anweisung der Regierung in bestimmte Sektoren investieren oder Kredite vergeben.“
Yeo ist der Ansicht, dass Gewinne und nicht die Politik der Treiber des Aktienkurses sein sollten. Deshalb bevorzugt er im Finanz-Segment Titel wie HSBC, derzeit fünftgrößte Position im Fonds. Auch am Versicherungskonzern AIA findet er – im Gegensatz zu den meisten anderen Unternehmen dieser Branche – Gefallen: „Das Unternehmen punktet mit einer breiten regionalen Präsenz, einer klaren Strategie und einem guten Produkt-Mix.“
Zu den jüngsten Neuzugängen im Portfolio gehören unter anderem das Immobilienunternehmen China Resources Land, die Industriegas-Unternehmen Yingde Gases und der Flughafenbetreiber Beijing Capital International Airport (BCIA). „Wir sehen BCIA als attraktives Infrastruktur-Investment, das von steigenden Passagierzahlen profitieren dürfte und eine stabile Geschäftsentwicklung erwarten lässt“, erläutert Yeo. Potenzial sieht er derzeit unter anderem auch in Konsumtiteln wie Kweichow Moutai, dem größten chinesischen Likör-Produzenten: „Anbieter von Premium-Produkten profitieren von der rasch wachsenden Mittelschicht, die verstärkt Premium-Produkte nachfragt.“
Von: Claudia Lindenberg
Quelle: Das Investment