Das Investment: 17 Mal Klartext: Wie es an den Börsen nach dem Brexit weitergeht

sjb_werbung_das_investment_300_200Der Brexit ist da. Großbritannien wird die EU verlassen. Als Reaktion brechen die europäischen Aktienmärkte teilweise um mehr als 10 Prozent ein. Die spannende Frage für Investoren und Berater: Wie geht es an den Börsen weiter? Wir haben erste Einschätzungen zusammengestellt.

Wirtschaft TV fragt bei Finanzexperte Robert Halver (Baader Bank) nach: Wie geht es jetzt weiter, Herr Halver? Die wirtschaftlichen Folgen des Brexits im Interview.

Kommentar von Peter E. Huber, Vorstand und Fondsmanager der StarCapital zum Brexit

Die Mehrheit der Marktteilnehmer hatte erwartet, dass sich die Briten für einen Verbleib in der EU entscheiden. Entsprechend krass fällt die Reaktion auf den Brexit aus. Die japanische Börse fiel um 8,4%, obwohl Japan nicht unmittelbar betroffen ist. Es ist anzunehmen, dass es heute zu erheblichen Verwerfungen an den Märkten kommt – sowohl bei Aktien, Währungen als auch an den Rentenmärkten. Wir sehen dies als Chance, einen Teil unserer umfangreichen Barreserven antizyklisch für Käufe einzusetzen.

Denn der Brexit ist ein heilsamer Schock und für Europa vielleicht die letzte Chance, durch tiefgreifende Reformen den Verfall der Wirtschafts- und Währungsunion zu stoppen. Den Bürgern in Europa kann immer schwerer vermittelt werden, wozu dieses Bürokratiemonster in Brüssel gut ist, das sich vor allem durch immer neue Vorschriften und Verordnungen zu Lasten der Menschen und der Wirtschaft hervortut. Entsprechend stark zugenommen haben die eurokritischen Bewegungen in den meisten Mitgliedsländern.

Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter der I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH:

„Dax bei 9.200 Punkten. Na und?“

Nachdem die Befürworter des Bremain nur mit Angstszenarien geworben haben, treten diese nun ein. Die Börsenteilnehmer glaubten an den Verbleib, haben sich entsprechend positioniert und bereinigen jetzt ihre Schieflage. Der Dax war am 11.2.2016 bei ca. 8.800 und heute im bisherigen Tief bei knapp 9.200. Na und? Man darf gespannt sein, ob dieser 1.000-Punkte-Verlust im Dax am frühen Morgen, das Hochschnellen der Edelmetalle und der 10%-ige Kursverlust des Pfundes den einen oder anderen Derivatehändler an die Wand nagelt. Gefährlich wird es dann, wenn auch eine oder gar mehrere Banken massive Schieflagen bekennen müssen.

Die Märkte werden spätestens im Juli den Fakt abhaken und sich wieder für Unternehmensgewinne, Schulden, Zinsen oder Notenbankpolitik interessieren. Es wird sich in der breiten Masse bei den Aktien nichts ändern. Wir nähern uns sogar wieder lukrativen Kaufkursen.

Ändern müsste sich etwas in der Politik. Der Wahlausgang war eine schallende Ohrfeige für Brüssel, aber auch für die Regierungen, die am Volk vorbei regieren. Wenn hier eine Änderung gelingt, (was ich stark bezweifle) könnte es den Euroraum sogar vorwärts bringen. Dann wäre mal wieder nichts so schlecht, dass es nicht für etwas gut ist.

Frank Wieser, Geschäftsführer der PMP Vermögensmanagement, Düsseldorf

„Nichts tun oder in steigende Kurse verkaufen ist Gebot der Stunde“

In allen drei Wirtschaftsblöcken ist Krisenstimmung. In den USA herrscht Angst vor Zinserhöhungen, in China hat sich das Wachstum halbiert und in Europa haben die politischen Fliehkräfte zugenommen. Gepaart mit hohen Schulden und einem blutleeren Wirtschaftswachstum ist das keine gute Investitionsgrundlage. Eine Stabilisierung dürfte Monate dauern. Nichts tun oder in steigende Kurse verkaufen ist Gebot der Stunde.

Rainer Beckmann, Geschäftsführer der ficon Börsebius Invest GmbH, Düsseldorf

Wie immer schafft es gerade der deutsche Aktienmarkt, auf solche Ereignisse wie den Brexit mit besonders starken Korrekturen zu reagieren. Wir verlieren in der Eröffnung im DAX mal eben über 1.000 Punkte, um uns dann bis zum Mittag wieder um 400 Punkte zu erholen. Wenn man sich die Kurse vom 16.6.2016 ansieht, also  der Donnerstag der letzten Woche, stellt man fest, dass der DAX bei 9640 sage und schreibe momentan 200 Punkte höher notiert. Also ist gar nichts passiert, sondern sogar wesentlich besser.

Aber wir müssen uns ja der neuen Situation stellen und aus dem ultimativen Ausstieg der Briten, wenn denn das Parlament nicht doch noch einen Rückzieher macht (was möglich wäre), unsere Schlussfolgerungen für die nächsten Tage und die Monate danach zu treffen.

Kurzfristig werden die Aktienmärkte weiterhin sehr volatil agieren, vielleicht schaffen wir es zusammen mit den amerikanischen Börsen etwas Ruhe an den Märkten zu bekommen.Mittelfristig sehen wir eine Beruhigung der Aktien, ohne jedoch anzunehmen, dass wir uns wieder flott auf Kurse von über 10.000 Indexpunkte erholen werden. Wir erwarten ca. 2 Jahre an Zeit, die es dauert, diesen Schritt in die Tat bzw. Wirklichkeit umzusetzen. Die massiven negativen Auswirkungen, die verschiedentlich prophezeit worden sind, werden nach unserer Meinung nicht so stark belastend ausfallen.

Also bitte Ruhe bewahren und nicht den Karren gleich gegen die Wand fahren. Aber auch auf der anderen Seite auch die von uns beschriebenen Entwicklungen bei den beiden Edelmetallen Gold und Silber nicht vergessen. Der Goldpreis hat heute den Sprung über die wichtige Marke von 1.300 $ pro Feinunze wieder geschafft, und bietet eine nicht zu unterschätzende Absicherung gegenüber den Entwicklungen auf der Aktienseite.

Thomas Böckelmann, Investmentchef der Vermögensmanagement EuroSwitch zum Brexit

Britischer Unabhängigkeitstag

Der heute früh von Nigel Farage, dem Anführer der britischen Brexit-Bewegung, ausgerufene Unabhängigkeitstag beginnt mit einem Crash an den internationalen Kapitalmärkten.

Das britische Pfund erleidet mit durchschnittlich 10% den größten Tagesverlust seiner Geschichte, der britische Aktienmarkt deutet vorbörslich ebenfalls auf -10%. Die Zinsen von Staatsanleihen sinken auf neue historische Tiefs in einem Ausmaß, das Mario Draghi und den ein oder anderen Finanzminister erfreuen dürfte. Die globalen Aktienmärkte reagieren mit heftigen Wertverlusten, während Gold mit +5% als Versicherung gegen Kollateralschäden zulegen kann.

Allerdings sollten sich Panik an den Märkten angesichts dieses unerwarteten Wahlausgangs aber auch die Euphorie unter den Brexiteers schnell auflösen.

Entscheidend ist nicht, wie der heutige Tag ausgeht, sondern wo wir in einem Monat oder in einem Jahr stehen werden.

[…]

Wir sehen trotz heutiger Marktverwerfungen keinen Grund zur Panik und setzen auf eine Beruhigung in den kommenden Tagen. Natürlich wird jetzt in den Modellen der Analysten versucht, die Wahrscheinlichkeiten einer britischen Rezession und einer europäischen Stagnation zu ermitteln und so Vermögenswerte neu zu bewerten. Dieser Prozess dürfte sich jedoch über Monate ziehen und schlussendlich ist ein durch das Referendum zunächst naheliegender dramatischer Schnitt in niemandes Interesse.

Von der Politik erhoffen wir uns nach dem Schock die Freisetzung konstruktiver Kräfte. Sonst reduziert sich Europa auf einen rein geographischen Begriff. Da hilft auch nicht der Beginn der Endrunde bei der Fußball-Europameisterschaft – übrigens mit 25% britischer Beteiligung.

Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank, zur Brexit-Entscheidung

„Der Brexit ist auch eine willkommene Ausrede“

Jetzt haben wir ihn – die Mehrheit der Briten hat tatsächlich für den Ausstieg aus der Europäischen Union gestimmt. Ist das jetzt das Worst Case Szenario, das Marktteilnehmer und Experten seit Wochen für die Aktienmärkte und die internationalen Wirtschaftsbeziehungen prognostizieren?

Ja, aber der Brexit ist auch eine willkommene Ausrede, um weitere Unternehmensgewinnrevisionen vorzunehmen und das Weltwirtschaftswachstum noch stärker nach unten zu revidieren. Und davor haben die Finanzmärkte wohl mindestens genau so viel Angst wie vor dem Brexit selbst.

Das größte Risiko droht allerdings, wenn nun auf den Austritt weiterer Länder aus der EU bzw. der Währungsunion spekuliert würde. In diesem Fall könnten an den südeuropäischen Börsen die Aktienkurse tief fallen und die Renditen stark steigen. Für Deutschland wären klar negative Renditen in allen Laufzeitbereichen die Folge, der DAX allerdings käme auch unter Druck. Es ist die Frage, inwieweit die EZB hier etwas abfedern kann. Wir sind da skeptisch.

„Gefühlsbörse nach dem Referendum wird nicht lange anhalten“

Dennoch sind wir der Überzeugung, dass „Gefühlsbörsen“, bei denen der Wahlausgang alle Szenarien und jegliches fundamentale Umfeld überlagert, nicht lange anhalten – möglicherweise nicht einmal eine halbe Woche.

Doch wir sollten klar erkennen: Die Aktienmärkte stehen auch unabhängig vom Brexit immer mehr unter Druck: Vor allem die zunehmende politische Fragilität und die anhaltende – tatsächliche – weltweite Konjunkturschwäche übertragen ihre negativen Schwingungen auf die Börsen. Der Brexit ist also nur der letzte Auslöser, der für den Start einer Korrektur gefehlt hat.

Folglich halten wir fest: Die Europäische Union ist schwer beschädigt, die bereits bestehenden wirtschaftlichen und auch politischen Risiken könnten sich nun weiter potenzieren.

Volker Engelbert, Chief Investment Officer und Sprecher der Geschäftsführung der Lingohr & Partner Asset Management GmbH

„Trotz Brexit sollten Anleger einen kühlen Kopf bewahren“

Der von vielen Europäern nicht möglich gehaltene „Brexit“ ist über Nacht wahr geworden – für Europa zweifelsfrei ein politischer Tief- und Rückschlag. Premierminister David Cameron hat bereits seinen Rücktritt angekündigt und überlässt seinem Nachfolger die Aktivierung von Artikel 50 des Lissaboner EU-Vertrages und damit die Einleitung der EU-Austrittsverhandlungen. Es ist allerdings unklar, wie genau der Austrittsmechanismus funktionieren wird. Die anstehenden Verhandlungen können zunächst 2 Jahre dauern, jedoch besteht auch die Möglichkeit, diese Zeitspanne zu verlängern. Während dieser Zeit ändert sich nichts am Status Quo, d.h. es werden keine neuen Zölle erhoben und die Grenzen werden nicht geschlossen.

Der Handel mit Gütern und Dienstleistungen ist eine elementare Grundlage unseres gesamten volkswirtschaftlichen Systems. Aus deutscher Sicht betrachtet: 8% des deutschen Exports gehen nach Großbritannien; das Vereinigte Königreich repräsentiert damit nach Frankreich Deutschlands zweitgrößtes Exportland; umgekehrt ist Deutschland für Großbritannien Exportland Nr. 1.

Vor diesem Hintergrund und der allgemeinen Unsicherheit sollte es im Interesse ALLER sein, einen kühlen Kopf zu bewahren und konstruktiv und gemeinsam an der Sache zu arbeiten. Die aktuelle Unsicherheit wird wahrscheinlich zu reduzierten Investitionsausgaben führen und Konsumausgaben können ebenfalls negativ beeinflusst werden. Letztendlich jedoch wird der Handel (nicht nur mit Aktien, sondern auch mit Waren und Gütern) weitergehen und Tarife und Abkommen werden neu formuliert werden müssen.

Die aktuelle unerwartete Entwicklung macht sich heute auch an den Aktienmärkten sehr negativ bemerkbar, zumal die meisten Marktteilnehmer in der letzten Woche NICHT von einem Brexit ausgegangen waren.

Allerdings heißt es auch hier kühlen Kopf zu bewahren. Wir werden keinerlei Panikverkäufe in unseren Kundenportfolios veranlassen, sondern umsichtig und in Ruhe die Lage und die möglichen Konsequenzen genau analysieren und dann entscheiden, ob bzw. was wir anpassen müssen; genau so, wie wir das während der Finanzkrise in 2008/9 oder der Eurokrise 2011 erfolgreich gemacht haben.

Der Kern unserer Anlagephilosophie ist und bleibt eine wertorientierte Titelselektion. Die Grundlage unseres Strebens besteht in der Identifizierung unterbewerteter Unternehmen auf Basis fundamentaler Kennzahlen. Kurzfristiges Timing von Marktbewegungen und makroökonomische Überlegungen haben bei uns keinen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse der Aktienselektion.

Kursausschläge an den Aktienmärkten bieten, ceteris paribus, Kauf- bzw. Verkaufsmöglichkeiten. Wir sind grundsätzlich, wie viele wertorientierte Investoren, konträre Anleger und konzentrieren uns auf die mittel- bis langfristigen Renditepotentiale der Unternehmen und somit der Aktien. Unternehmen werden sich den möglichen neuen Rahmenbedingungen stellen und entsprechend anpassen. Relative und absolute Bewertungen werden sich verändern und diese gilt es vor dem Hintergrund stark veränderter Preise in der nächsten Zeit zu analysieren.

Vor diesem Hintergrund möchten wir Frank Lingohr zitieren (aus einer Email, die wir Ende 2008 während der Finanzkrise geschrieben haben):

„Auch wenn die derzeitige Marktphase das Nervenkostüm von Kunden und Portfoliomanagern sehr belastet, bleiben wir bei unserer Überzeugung, dass trotz der Verwerfungen und der völlig veränderten Situation an den weltweiten Kapitalmärkten, die fundamentalen Grundsätze des Investierens nicht außer Kraft gesetzt sind. “ Für uns gilt bei der langfristig orientierten wertorientierten Kapitalanlage nach wie vor der Satz „Würden wir das gesamte Unternehmen zu diesem Preis kaufen“ („Would you buy the whole company at this price?“).

Constanze Hintze, Geschäftsführerin der SVEA KUSCHEL + KOLLEGINNEN – Finanzdienstleistungen für Frauen GmbH, München

Nun ist gekommen, was sich niemand ernsthaft gewünscht hat und was die letzten Umfragen und die Börsenentwicklung der letzten Tage nicht andeuteten: Die Mehrheit der Briten hat sich in dem gestrigen Referendum für den Austritt Großbritanniens aus der EU entschieden. Das britische Pfund (GBP) wertete gegenüber dem Euro erneut stark ab und die Aktienmärkte reagieren mit deutlichen Kursabschlägen. Das wird sich auch auf die Performanceergebnisse des 1. Halbjahres auswirken.

Was bedeutet die neue Situation für Großbritannien, für Deutschland und die EU und für die Vermögensanlage?

1. Großbritannien

Das „Ja“ zum Austritt hat weitreichende Konsequenzen: der Lissabon-Vertrag kalkuliert nach nationalen Austrittsbeschlüssen bis zu 2 Jahre, in denen das Austrittsabkommen in Kraft tritt. Spätestens ab 2019 werden also u.a. die Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes und die internationalen Handelsverträge der EU nicht mehr für die Briten gelten. Die Aufgabe der Briten ist es daher, jetzt die Beziehungen zur EU und zu anderen Staaten neu zu ordnen. Das läuft entweder auf einen Status wie Norwegen oder die Schweiz hinaus, denen der freie Zugang zu den Märkten der EU gesichert ist oder aber GB verhandelt jetzt mit jedem EU-Land und auch auf internationaler Ebene (USA, China, …) einzelne Handelsabkommen. Wie auch immer die nächsten Schritte aussehen – es gibt viel zu tun. In welchem Umfang bis dahin Zölle und Handelsbeschränkungen den Waren- und Dienstleistungsverkehr beschränken, kann niemand mit Gewissheit sagen. Fest steht nur eines: Die negativen Folgen werden die Briten recht bald spüren.

2. Deutschland und die Europäische Union

Die Handelsbeziehungen zu Großbritannien werden sich nun verändern, was einzelne Unternehmen ohne Zweifel spüren werden. Doch der internationale Handel kommt nach dem Brexit nicht zum Erliegen – folglich geht für global agierende Unternehmen keine ernstzunehmende Gefahr vom Brexit aus. Gravierender werden möglicherweise die langfristigen politischen Auswirkungen für Europa sein. Aus unserer Sicht ist es deshalb wichtig, wie einig und zukunftsfähig sich Rest-Europa der Welt präsentiert. Solange die Stärke des gemeinsamen Wirtschaftsraums erhalten bleibt, bleibt der Brexit ein isoliertes Ereignis – nicht mehr und nicht weniger.

3. Vermögensanlage

In unserer Vermögensanlagebetreuung haben wir früh reagiert und den Anteil britischer Aktien und des britischen Pfunds gering gehalten. Aktien britischer Unternehmen mit geringem Exportanteil und britische Banken werden wohl die größten Kursabschläge erleiden, so dass wir auch heute diese Papiere meiden.

Im Gegensatz dazu sind wir für große britische Global Player, wie z.B. Vodafone, positiv gestimmt.  Deren Umsätze und Gewinne kommen aus allen Teilen der Welt und die Gewinnentwicklung könnte durch ein schwaches Pfund sogar profitieren.

Von jeher verfolgen wir einen globalen Investmentansatz in der Vermögensanlage, so dass regionale Einzelrisiken und temporäre Kursrückgänge langfristig abgefedert werden. Derzeit liegt der Schwerpunkt im breit gestreuten Aktiensektor auf erstklassigen dividendenstarken, US-amerikanischen und europäischen Unternehmen. Diese werden auch künftig mit guten Produkten und soliden Geschäftsmodellen Erfolg haben.

Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die Aktien die rentabelste Anlageklasse sind, trotz der hohen Volatilität. Langfristig orientierte Kapitalanleger sollten überlegen, die aktuellen Kursrückschläge zu nutzen, um ihr Aktienengagement weiter aufzubauen.

Fidelity
Mögliche Auswirkungen auf die europäischen Finanzmärkte:

Kurzfristig könnte der Druck auf Aktien zunehmen, vor allem auf solche von Unternehmen mit großen Einnahmen, Handelsbeziehungen und Anlagen in Großbritannien, vor allem wenn der Euro steigt.

An den Anleihemärkten könnten die Renditen der als sicher geltenden Anlagen sinken und die Renditen bzw. Spreads von Unternehmensanleihen steigen; wie bei Aktien wäre der Finanzsektor am stärksten betroffen.
Auf längere Sicht könnte das Brexit-Votum den Euroskeptikern Auftrieb geben und Bedenken über die EU im Allgemeinen schüren. Das würde den Druck gerade auf Vermögenswerte in den Peripherieländern erhöhen.
David Simner, Fondsmanager europäischer Rentenfonds:

„Das Nein der Briten zu einer weiteren EU-Mitgliedschaft wird kurzzeitig für Turbulenzen sorgen, da die Märkte mit größerer Unsicherheit zurechtkommen müssen. In jedem Fall werden sich aus den erhöhten Marktschwankungen aber Anlagechancen über taktische Positionen bei Firmen ergeben, die über eine solide Kapitalausstattung und ein gutes Management verfügen und so die mit einem Brexit-Votum verbundenen Unsicherheiten gut überstehen können.“

Eugene Philalithis, Fondsmanager Fidelity Zins & Dividende:

„Die größten Auswirkungen des Brexit-Votums erwarten wir für britische Vermögenswerte. Pfund Sterling und britische Aktien werden unter Verkaufsdruck geraten. Bei britischen Staatsanleihen wird es vermutlich (zumindest anfänglich) zu einer Rally kommen, da Anleger Zuflucht in sicheren Häfen suchen werden. Global diversifizierte Portfolios, die in verschiedene Anlageklassen, Regionen und Branchen investieren, sollten gut aufgestellt sein, um von möglichen Marktschwankungen zu profitieren.”

Neuberger Berman

Joe Amato, President und Chief Investment Officer – Aktien / Erik Knutzen, Chief Investment Officer – Multi Asset Class / Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income

Das ist kein “Lehman-Moment”

Ohne Zweifel wird dies die erste von vielen brisanten Handelssitzungen, und die großen Zentralbanken stehen bereit, bei Bedarf einzugreifen. Aber wir warnen davor so zu reagieren, als wäre dies ein zweiter “Lehman-Moment”, wie einige Kommentatoren unterstellen.

Die Wahrscheinlichkeit von zumindest mittelfristigen Schäden an der britischen Wirtschaft aufgrund einer Brexit-Abstimmung sowie eine ausgeprägte Volatilität im Markt im Zuge von politischer Unsicherheit und negativer Folgen für die EU als Ganzes, führte dazu, dass unser Multi-Asset-Class-Team eine vergleichsweise neutrale Haltung eingenommen hat. Dieser Puffer dient aber nicht nur um Volatilität abzufedern, sondern auch um zu gewährleisten, dass das Team in der Lage ist, Chancen zu nutzen, etwa indem – basierend auf einer längerfristigen Perspektive – auch riskantere Vermögenswerte beigemischt werden.

[…]

Der Schmerz wird nicht gleichmäßig zu spüren sein: Viele der großen Unternehmen im FTSE 100 Index sind weltweit aufgestellt und keine rein britischen Unternehmen — 80 Prozent des Umsatzes im Index kommen aus Übersee. Das dämpft jeden Abschwung im Heimatland und bedeutet potenziell sogar einen Glücksfall durch das geschwächte Pfund. Kleinere, eher auf das Inland ausgerichtete Unternehmen sind anfälliger für einen Rückgang der Nachfrage und höhere Importkosten. Hier bieten sich gute Gelegenheiten während eines Sell-off britischer Vermögenswerte, gerade, wenn Großbritannien über einen längeren Zeitraum an seinem neuen Status arbeitet.

[…]

Schauen Sie durch das Getöse auf das Wesentliche

Am wichtigsten ist, dass diese Abstimmung nur marginale Auswirkungen auf die globalen wirtschaftlichen Fundamentaldaten hat, die zwar schwach, aber stabil bleiben. Unabhängig von dem Ergebnis heute bewegen wir uns immer noch in einem Umfeld, geprägt von langsamen Wachstum, niedriger Inflation, Niedrigzinsen sowie von träger Produktivität und wenig Investitionen. Der sogenannte Brexit wurde als Tail Risk gesehen, das die Märkte genauso verfolgt wie der Ölpreis, der starke Dollar und Befürchtungen wegen China, die im Januar und Februar hohe Volatilität verursacht haben. Und wieder raten wir Investoren: Schauen Sie durch das Getöse und passen Sie Ihr Portfolio den langfristigen Fundamentaldaten und Risiken an. Das kann bedeuten, Chancen zu nutzen und dem Portfolio einige risikoreichere Anlagen hinzuzufügen, wenn bei der anfänglichen Volatilität das Schlimmste überstanden ist.

Michael Metcalfe, Head of Global Macro Strategy, State Street Global Markets:

„In den letzten drei Monaten vor dem Referendum haben internationale Investoren trotz des ungewissen Ausgangs des Referendums ihre Bestände an britischen Aktien und Staatspapieren weiterhin aufgestockt. Das Anlegerverhalten hat sich lediglich am Devisenmarkt verändert, wo Investoren ihr Währungsrisiko abgesichert haben. Diese Absicherung hat sich angesichts der nach dem Ausgang zu erwartenden Abwertung des britischen Pfunds als vorausschauend erwiesen. Jetzt stellt sich die entscheidende Frage, ob internationale Anleger versuchen werden, ihre Bestände an britischen Vermögenswerten abzubauen. Sollte die Ungewissheit nach dem Austrittsvotum anhalten, besteht bei britischen Aktien und Staatspapieren ein erhöhtes Risiko von Abflüssen, unter anderem auch weil Anleger vor der Entscheidung vermehrt britische Vermögenswerte gekauft statt verkauft haben.

Aufmerksam beobachten wir auch den Einfluss auf die europäischen Werte, insbesondere den Euro. Auch wenn die EZB ihre Bilanz offensiv verlängert, setzen die Anleger scheinbar weniger auf eine weitere Abschwächung des Euros. Sollte sich durch die Entscheidung für einen Austritt die Aufmerksamkeit des Marktes erneut auf die drohende politische Spaltung Europas richten, scheint derzeit kaum ein politischer Risikozuschlag in der Einheitswährung eingepreist zu sein. Bei einer Geldpolitik, die gleichzeitig den Euro schwächt, gehen wir davon aus, dass sich der Abwärtstrend des Euros gegenüber des US-Dollars fortsetzt.”

Kommentar von Allianz Global Investors

Auswirkungen auf die Finanzmärkte

Auswirkungen der Brexit-Entscheidung auf die Finanzmärkte sind bereits sichtbar: Das Britische Pfund ist gefallen, die Volatilität ist gestiegen und britische Aktien verzeichneten Kurseinbrüche.

Möglicherweise werden diese Kursverluste zunächst nur kurzfristiger Natur sein, eine Gegenbewegung nach wenigen Tagen oder Wochen ist denkbar. Angesichts der beschriebenen Unsicherheitsphase müssen sich Investoren jedoch auf wiederholte Schwächeperioden einstellen. Zum Beispiel immer dann, wenn es ungünstige Wirtschaftsdaten oder politische Entwicklungen gibt. Einige in Großbritannien gelistete Unternehmen – etwa solche mit diversifizierten internationalen Einkommensströmen oder inländisch  orientierte Firmen, die wenig von Importen abhängen – sollten mit einem derartigen Umfeld allerdings gut klar kommen können.

Auf dem europäischen Kontinent dürfte es gleichzeitig zu einer Ausweitung der Zinsaufschläge an den Rentenmärkten kommen. Hiervon betroffen sind vor allem für Länder bzw. Emittenten aus der Euroland-Peripherie, die am stärksten anfällig für Ansteckungseffekte von der Brexit-Entscheidung sind.

Generell gilt: Was schlecht für Aktien ist, ist auch schlecht für Spread-Produkte. Daher ist die Sorge wohlbegründet, dass sich der Ausgang des EU-Referendums allgemein negativ auf europäische Asset-Preise auswirkt, wenn das Investorenklima weltweit leidet.

Implikationen für Investoren

Angesichts der absehbaren politischen, wirtschaftlichen und Finanzmarkt-Auswirkungen müssen sich Investoren auf raue See einstellen. Für langfristig orientierte Anleger mit einem genügend Risikobudget sowie Handlungsspielraum für aktives Investieren bietet dies allerdings auch Chancen. Unserer Einschätzung nach tun Investoren in der aktuellen Situation gut daran, die sich ändernden politischen Gegebenheiten im Zusammenhang mit der finanziellen Repression genau im Auge zu behalten. Letztere war seit Ausbruch der Finanzkrise der stärkste marktbeeinflussende Faktor.

Eric Lonergan, Fondsmanager Multi-Asset bei M&G Investments

Grundsätzlich ist es noch zu früh, um die Auswirkungen auf die britische und die europäischen Volkswirtschaften zu beurteilen. Alles hängt davon ab, wie die Beziehung zwischen Großbritannien und Europa verhandelt wird. Es wird geraume Zeit dauern, bis wir wissen, was der Austritt aus der EU bedeutet – es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer Parlamentswahl oder sogar zu einem EU-Verfassungsgipfel kommt, um Großbritannien alternative Rahmenbedingungen anzubieten.

Eric Lonergan, Fondsmanager Multi-Asset bei M&G Investments

Grundsätzlich ist es noch zu früh, um die Auswirkungen auf die britische und die europäischen Volkswirtschaften zu beurteilen. Alles hängt davon ab, wie die Beziehung zwischen Großbritannien und Europa verhandelt wird. Es wird geraume Zeit dauern, bis wir wissen, was der Austritt aus der EU bedeutet – es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer Parlamentswahl oder sogar zu einem EU-Verfassungsgipfel kommt, um Großbritannien alternative Rahmenbedingungen anzubieten.

Deutsche Asset Management CIO Flash

EU-Referendum: Die Briten gehen, was nun?

Kurzfristige Erwartung: 3-monatiger Zeithorizont

[…] In Kontinentaleuropa sollte die gesamte Bandbreite risikobehafteter Anlageklassen von Aktien über Peripheriestaatsanleihen bis hin zu Unternehmensanleihen geringerer Bonität unter Verkaufsdruck geraten. In besonderem Maße könnten Eigen- und Fremdkapitalvehikel von Finanztiteln betroffen sein. Das Ausmaß des Abverkaufs wird dabei stark davon abhängen, wie schnell es den (geld-)politischen Entscheidungsträgern gelingt, das Vertrauen von Marktteilnehmern wieder herzustellen. Vor diesem Hintergrund gewinnen die anstehenden politischen Großereignisse in Europa, allen voran die spanische Parlamentswahl am kommenden Sonntag, an Brisanz. […]

Kommentar der Fondsgesellschaft T. Rowe Price zur Brexit-Entscheidung

Dean Tenerelli, Portfolio Manager, European Equities, warnt: „Eine längerfristige Periodeder Ungewissheit wird sich nicht nur an den Finanzmärkten Großbritanniens und Europas, sondern auch weltweit abzeichnen. Märkte mögen keine Ungewissheit. Großbritannien ist das erste Land, das die EU verlässt, und es gibt keine Vorlage, der man folgen kann. Es gibt derartig viele Variablen, dass es schwer ist, eine überzeugende Prognose abzugeben, wie sich der Wahlausgang wirtschaftlich auswirkt. Ich gehe allerdings von einer Verschlechterung der britischen Wachstumsaussichten aus.“
Chancen und Herausforderungen für den fundamental ausgerichteten Anleger

Um sich erfolgreich durch den bevorstehenden schwierigen Zeitraum zu manövrieren, muss man in der Lage sein, die Sektoren und einzelnen Unternehmen zu identifizieren, die vom EU-Austritt am schwersten betroffen sind – und natürlich die Unternehmen, die letztlich davon am meisten profitieren. Ben Griffiths, Portfolio Manager, European Small-Cap Equities, erklärt: „Vor der Volksabstimmung waren wir in Großbritannien übergewichtet, aber nun betreten wir Neuland. Wir erwägen den Abbau unseres britischen Engagements, insbesondere in den binnenorientierten Bereichen wie Immobilien und Konsumgüter. Bei Finanztiteln sind wir bereits untergewichtet. Wir prüfen unsere Bestände auf Einzelfallbasis, um festzustellen, wie viel von ihrem Geschäft aus Europa kommt, ob diese Kanäle für sie offen bleiben bzw. ob mögliche Kosten für etwaige regulatorische Änderungen anfallen.

Ehrlich gesagt dürfte angesichts der fehlenden Klarheit über das Umfeld nach dem Brexit, die Volatilität des Markts kurzfristig umfassend sein“, gibt Griffiths zu verstehen. Selbst unter aktuellen Voraussetzungen gibt es nach wie vor Qualitätsunternehmen, die gegen einen Abwärtstrend verhältnismäßig immun sind. Hierzu gehören innovative Technologien, führende Akteure in Nischenmärkten oder Unternehmen mit dominierenden Produkten oder Marken.

„Anleger dürften kurzfristig von Unternehmen im Bestand profitieren, die in verschiedenen Regionen operieren“, macht Tenerelli deutlich. „Trotz der bevorstehenden Ungewissheit profitieren multinationale Unternehmen mit beträchtlichen internationalen Einnahmen vom Kursrückgang des britischen Pfunds, da der Wert ihrer Einnahmen zunimmt“, erklärt er.

Ergänzend sagt er: „Während des Zeitraums der Kampagne lautete unsere Devise „Business as usual“ und sie hat sich aktuell nicht geändert. Es ist wenig zweckvoll zu versuchen, ungewisse Ergebnisse zu prognostizieren. Wir haben auch nicht angestrebt, die Zusammensetzung des Portfolios entgegen unserer Anlagephilosophie und unserem Anlageprozess zu ändern.“

Bei Anleihen sollte das Anleihekaufprogramm der EZB den europäischen Investment-Grade-Emittenten eine robuste technische Unterstützung bieten. Die Spreads werden größer, aber nicht in dem Umfang, als wenn es das Programm nicht gäbe. Der europäische Investment-Grade-Markt dürfte den von Großbritannien und möglicherweise den der USA überflügeln.

Stanley ist der Auffassung, dass die Vergrößerung der Spreads von britischen Unternehmensanleihen gleichzeitig eine Anlagechance ist. „Eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale liegt zwischen Unternehmen, die mehr bzw. weniger in Großbritannien tätig sind“, erläutert er.

„In Großbritannien niedergelassene Unternehmen, die ihre Einnahmen vorwiegend auf dem europäischen Festland generieren, dürften zunächst schwächer performen, so wie alle anderen auch. In der Realität sind sie allerdings weniger gefährdet und könnten für Investoren daher eine gute Kaufchance darstellen.

Außerdem werden amerikanische und europäische Unternehmen, die in britischen Pfund emittieren, schwer betroffen sein. Das ist eine sehr gute Gelegenheit, um qualitativ hochwertige Unternehmen in britischen Pfund statt in Euro bzw. US-Dollar zu erwerben und sie wiederum in ihren Basiswährungen abzusichern.“

Laut Della Vedova könnte es einige Zeit dauern, ehe Anleger wieder zuversichtlich sind, um in europäischen Hochzinsanleihen zu investieren. „Globale Anleger könnten in Richtung USA blicken, selbst wenn das Land den Kreditzyklus weiter durchschritten hat und potenziell mit mehr Ausfällen konfrontiert ist als der europäische Markt“, lässt er durchblicken. „Das wirkt sich auf europäische Hochzinsanleihen negativ aus, aber dadurch entsteht ebenfalls eine Kaufgelegenheit. Unser Ziel ist es, über den weiten Abverkauf hinaus zu blicken und die Titel zu identifizieren, die unserer Meinung nach einer negativen Überreaktion ausgesetzt waren. Britische Unternehmen, die beispielsweise nicht aus dem Ausland importieren müssen, werden durch den Kurseinbruch des britischen Pfunds weniger betroffen sein. Sie sind vor einem Abwärtstrend geschützt.“

David Zahn, Leiter europäische Anleihen bei Franklin Templeton

Was sind die Konsequenzen für die internationalen Märkte?

Im Allgemeinen glaube ich, dass dieses Ergebnis die Risikoaversion steigert. Das heißt, ich gehe davon aus, dass Anlagewerte wie Aktien und Unternehmensanleihen, die Anleger als „riskant“ einschätzen, sich schwächer entwickeln werden. Daher wird es meiner Meinung nach eine Flucht in Qualität geben, also in Anlagen, die als weniger riskant wahrgenommen werden, insbesondere britische und deutsche Staatsanleihen.

Ich rechne damit, dass den schwächeren Volkswirtschaften in der Eurozone und in der breiter gefassten EU Konsequenzen drohen, wobei sich die Anleihenspreads bei Staaten der europäischen Peripherie voraussichtlich ausweiten werden. Außerdem glaube ich, dass der Euro abwerten wird, allerdings nicht so sehr wie das Pfund, da die Bürger die Zukunft des EU-Projekts in Frage stellen.

Von: Felix Hannemann

Quelle: DAS INVESTMENT.

 

Siehe auch

Fundview: Jörg Held von ETHENEA: „Bei vielen Investment-Häusern ist aktives Management in Vergessenheit geraten“

Im Wettbewerb überzeugen derzeit vor allem passive Produkte mit vielen Zuflüssen. Jörg Held, Head of Portfolio Management bei ETHENEA, sieht vor allem die eigene Inflexibilität und Benchmark-Fokus vieler Mischfonds als Grund dafür.

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