SJB | Korschenbroich, 17.04.2014. Unternehmen, die Wert auf die Entsorgung von Sondermüll, Arbeitssicherheit für Mitarbeiter oder Aktionärsrechte legen, sind besser für die Zukunft aufgestellt – und somit für Investoren interessanter. Wie sieht die Governance-Bilanz aus? Nachhaltigkeitskriterien helfen Mark Mobius, Schwellenland-Unternehmen kritisch zu analysieren. Wo wir auch investieren, Risiken gibt es immer.
Dazu gehören nicht nur geopolitische oder makroökonomische Gegebenheiten in einem bestimmten Land, sondern auch konkrete, auf einen spezifischen Sektor oder einen Einzeltitel bezogene Angelegenheiten. Als Bottom-up-Stockpicker müssen mein Team und ich die potenziellen Risiken und Erträge jedes einzelnen Unternehmens bewerten, in das wir investieren.
Ein Bereich, der besondere Aufmerksamkeit verdient, sind Risiken und Chancen im Zusammenhang mit ökologischen, sozialen und corporate-governance-bezogenen Fragen (Environmental Social Governance, ESG), die in unserem Aktienauswahl- und Bewertungsprozess eine große Rolle spielen können.
Überprüfung von Unternehmen mit Nachhaltigkeitskriterien
Im Rahmen unseres Research-Verfahrens prüft die Templeton Emerging Markets Group die Marktchancen eines Unternehmens, seine Wettbewerbsposition, die Stärke des Managements, die Rentabilität und die Bewertung. ESG-Fragen können sich auf mehrere dieser Faktoren auswirken.
ESG geht in der Regel nicht mit strengen Filterkriterien einher, die bestimmte Anlagen automatisch ausschließen. Aspekte werden dann berücksichtigt, wenn sie das Risiko-Ertrags-Profil einer Anlagechance beeinflussen, ähnlich wie bei anderen Überlegungen zu Anlagen in Unternehmen oder Branchen wie künftige Wachstumsaussichten oder Marktnachfrage.
Sondermüll, Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit – Die ESG-Faktoren
Was sind solche ESG-Aspekte? Beispielsweise Knappheit an natürlichen Ressourcen, Entsorgung von Sondermüll, Produktsicherheit, Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit für Mitarbeiter oder Aktionärsrechte, um nur ein paar zu nennen.
Zu den übergreifenden Aspekten, die wir bei der Analyse einzelner Unternehmen bewerten, zählen die Qualität des Managements, Corporate Governance, Wettbewerbsposition in der Vergleichsgruppe, Eigentümerstruktur und Verpflichtung zur Schaffung von Shareholder Value. Diese überschneiden sich mit ESG-Faktoren.
Auf gewöhnlich 2.500 bis 3.000 Research-Meetings im Jahr pflegen unsere Analysten Kontakte zu Managementteams, besuchen Anlagen und treffen Zulieferer, Kunden und Mitbewerber. Bei solchen Gelegenheiten können wir ein Unternehmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Sie liefern breitere, detailliertere Informationen zu vielen Faktoren, unter anderem ESG, die uns sonst vielleicht entgehen würden.
Soziale Fragen in Schwellenländern teils nicht ausgereift
Auf Schwellenmärkten sind Regulierung und Durchsetzung im Zusammenhang mit Korruption, Corporate Governance, Umwelt und anderen sozialen Fragen unter Umständen noch nicht ausgereift. Im Zuge der Entwicklung eines Landes werden solche Schutzvorkehrungen meist umfassender und strikter durchgesetzt.
Unternehmen, die heute schon mit einer soliden Governance-Bilanz aufwarten, was Einfluss haben kann auf den Umgang mit Umwelt- und sozialen Fragen, sind daher unter Umständen besser für die Zukunft gerüstet und folglich interessantere Anlageobjekte.
Unzulängliche Umweltrichtlinien eines Unternehmens werfen unseres Erachtens beispielsweise nicht nur ein schlechtes Licht auf die bestehende Corporate Governance, sondern potenziell auch auf die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.
Starkes Management in den Unternehmen wichtig
Angesichts der Bedeutung von Corporate Governance für die Bewertung von Anlagechancen ist einer der Aspekte, auf die wir bei einem Managementteam am meisten achten, eine starke, von ethischem Geschäftsgebaren geprägte Kultur und Tradition. Wir analysieren die Eigentümerstruktur, die Erfolgsbilanz des Managementteams, die Corporate-Governance-Historie des Unternehmens und sein Engagement für Shareholder Value.
Außerdem bevorzugen wir Manager, die ihr Geschäft verstehen, Erfahrung auf dem jeweiligen Fachgebiet besitzen und durch Optionen auf Aktien des Unternehmens die richtigen Anreize bekommen. Wir beobachten auch, wie sie unvermittelte Veränderungen im geschäftlichen Umfeld bewältigen. Beim Marktcrash Mitte und Ende der 1990er-Jahre in Thailand, als das Anlegervertrauen am Boden war, zeigte sich, was ein starkes Management und die Maßnahmen wert sind, die solche Unternehmen ergriffen, um die Krise zu überstehen.
Überwachung von Corporate-Governance-Methoden
Im Rahmen unseres Research-Verfahrens achten wir genau auf potenzielle Corporate-Governance-Bedenken und stellen uns auch aktiv gegen das Management, wenn dies im besten Interesse unserer Anlagen ist. Wir überwachen Corporate-Governance-Praktiken nicht nur proaktiv, sondern prüfen auch Fragen, die zum Beispiel die Beziehungen eines Unternehmens zu seinem Abschlussprüfer und Transaktionen mit nahe stehenden Parteien betreffen. Solche Angelegenheiten können Aufschluss über potenziell unzulängliche Corporate-Governance-Praktiken geben.
Die Qualität des Managements ist für uns ein wichtiger Gesichtspunkt, da Inkompetenz großen Schaden anrichten kann. Beim Unternehmens-Research besuchen wir daher nicht nur Managementteams und Betriebe, sondern suchen nach Möglichkeit auch Kontakt zu Konkurrenten, Zulieferern, Kunden und Vertretern von Aufsichtsbehörden.
Die aus diesen Begegnungen gewonnenen Informationen können entscheidende Erkenntnisse über das Unternehmen und die Qualität seines Managements vermitteln. In Unternehmen mit regelmäßigen Zahlungsrückständen bei Zulieferern könnte es beispielsweise am Liquiditätsmanagement hapern.
Risiken gibt es überall, in vieler Form, doch bei richtiger Prüfung, Erkenntnis und breit angelegtem Research im Team können wir besser entscheiden, welche Risiken sich lohnen – und welche nicht.
Von: Mark Mobius
Quelle: DAS INVESTMENT.