Das Investment: Fondsboutiquen und Vermögensverwaltung: Fintech-Hype: Tod der persönlichen Beratung?

sjb_werbung_das_investment_300_200SJB | Korschenbroich, 03.08.2015. Warum der verstärkte Einsatz von Technik beim Beratungsprozess keinesfalls ein reines Mode-Thema ist und ob der Computer langfristig den Menschen als Finanzberater ablösen wird, erklärt Markus Hill, unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt.

Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt. Seine Fachgebiete liegen in Marketing / Vertrieb / PR und in der Managerselektion. Hill beschäftigt sich intensiv mit Private Label Fonds, Fondsboutiquen und dem Einsatz von Publikumsfonds (Fondsselektion) bei Institutionellen: www.markus-hill.com

Asset Management-Vorträge im Frühling 2015 bei Berenberg, Hauck und Aufhäuser und Universal Investment: „Anlegerschutz braucht mehr Verantwortung – das Problem der letzten Meile“ (Andreas Hackethal, Goethe Universität Frankfurt am Main) und „Können Roboter mit Geld umgehen? Menschen und Roboter im Vergleichstest“ (Christian Rieck, FRAnkfurt UNIversity of Applied Sciences). Beide Referenten unterstrichen noch einmal Kernpunkte beim Thema Fintech. Obwohl unterschiedlicher Fokus bei beiden Vorträgen vorlag, eines scheint sich heraus zu kristallisieren: Der verstärkte Einsatz von Technik beim Beratungsprozess ist keinesfalls als reines Mode-Thema zu betrachten.

Die Finanzindustrie ist exemplarisch zu sehen für dynamische Entwicklungen im Beratungsbereich. Eine kurze Diskussion: Welche Impulse kann die Diskussion um intensiveren Technikeinsatz bei Anlageberatung und Asset Management geben? Wo liegen Vorteile, wo liegen vielleicht kritische Aspekte der Entwicklung für unabhängige Vermögensverwalter?

Aspekt „Zukunft der Beratung“ – Diskussionspunkte (Christian Riecke)

Fragestellung: Beratung ist ein höherer Beruf. Welche Rolle können künstliche Intelligenz und Social Media in Zukunft spielen?

1. Der Mensch wird bei komplexer Beratung niemals abgelöst werden
2. Es wird eine Arbeitsteilung geben: Der Computer wird zum Denker, der Mensch zum Übersetzer
3. Robo-Beratung wird den Menschen auf Dauer komplett ablösen

Aspekt „Erfolgsfaktoren für Fintech-Geschäftsmodelle in der Zukunft“ (Andreas Hackethal)

Fragestellungen: Wie können Erkenntnisse aus der Forschung (Verhaltensökonomie etc.) in der Anlagepraxis eingesetzt werden? Was fördert die praktische Umsetzung?

1. Smarte Datenbasis
2. Clevere Regeln
3. Selbstkontrolliert
4. Einfach und bequem

Chancen der Fintech-Diskussion für unabhängige Vermögensverwalter

Ähnlich wie die aktuelle Regulierungsdiskussion und der Bereich Honorarberatung ergibt die offensive Kommunikation der Fintech-Industrie konstruktiv Impulse für den Anlageberatungsbereich. Zum einen werden verhaltensökonomische Aspekte beim Anlageprozess intensiver diskutiert, zum anderen ergeben sich wertvolle Hinweise für die Prozessoptimierung durch die Fintech-Industrie.

Zwei ausgewählte Teil- Aspekte in den oben angeführten Diskussionspunkten erscheinen besonders interessant: „Der Mensch wird bei komplexer Beratung niemals abgelöst werden“ (Christian Riecke) und „Einfach und bequem“ (Andreas Hackethal). Eine These kann sein: Der ganze Bereich der Vermögensverwaltung, auch bei Family Offices und konzerngebundenen Finanzinstituten, beruht auf dem Faktor Vertrauen, Verständlichkeit und Bequemlichkeit. Eine erfolgreiche Fintech-Industrie kann dazu führen, dass sich noch stärker die Zielgruppen für komplexe Beratungsleistungen erfassen lassen, die wirklich eine qualitativ hochwertige Beratung zu schätzen und zu bezahlen wissen. Der Markt „allokiert“ sozusagen die effizientesten Beratungsleistungen: Technik- bzw. internet-affine Kunden wird ein exzellenter Service geboten. Kunden, die weiterhin Bequemlichkeit schätzen, werden auch Beratungsleistungen zu schätzen wissen von Beratern, die selber Fintech-Tools für die Anlageberatung nutzen: Die Rolle des zeitsparenden, effizienten Kommunikators (Komplexitätsreduktion „Finanzdinge“), Risikomanagers und „Anker des Vertrauens“ wird seine Berechtigung in der Anlageberatung nicht verlieren.

Risiken der Fintech-Diskussion für unabhängige Vermögensverwalter

Diskussionsbedarf bei unabhängigen Vermögensverwaltern gäbe es genug. Betrachtet man zum Beispiel die Struktur der Vermögensverwalter-Auswahl beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V. (VuV) so kann man zu dem Schluss kommen, dass sich möglicherweise einige Adressen im Zuge der technischen Entwicklung verstärkt mit Fragen der eigenen Positionierung auseinandersetzen, Beispiele:

1. Wie wettbewerbsfähig ist man in den Bereichen Kundenbindung und Ausbau „Kundenpotenzial“ im Vergleich zu frei zugänglichen, internetbasierten Beratungslösungen für Privatkunden?
2. Wo können Fintech-Lösungen für das eigene Beratungsgeschäft noch fördernd wirken?
3. Wo ist Transparenz von Vorteil, wo ist Transparenz von Nachteil?

Derzeit ist schwer einschätzbar, ob die Fintech-Diskussion von vielen Vermögensverwaltern lediglich als Mode-Thema betrachtet wird. Es besteht die Befürchtung, dass zunächst defensiv argumentiert wird: „Software kann nicht alles“, „Performance überzeugt nicht“, „Reine ETF-Allokation ist keine Lösung“, etc. Mögen einige dieser Kritikpunkte durchaus kontrovers diskutiert werden – vergessen wird oft, dass die klassische Vermögensverwaltung sich sehr angreifbar macht, je mehr sie sich in den Bereich der quantitativen Messbarkeit begibt. Auch die sogenannten vermögensverwaltenden Ansätze im Fondsbereich müssen sich da dem Wettbewerb mit Fintech-Angeboten einem Vergleich unterziehen lassen. Noch ist nicht abschließend entschieden, wer in diesem belebenden Wettbewerb die Nase vorne hat.

Fazit

Unabhängige Fondsmanager mit Fonds bei den in diesem Segment spezialisierten Kapitalverwaltungsgesellschaften wie Universal Investment, Hauck & Aufhäuser, Ampega etc. wird aufgrund des Drucks aus der Fintech-Industrie (Transparenz, Tools, Investor Education) zunehmend die Rolle zukommen, überzeugend die Vorteile des aktiven Fondsmanagement zu vermitteln. Viele der Fintech-Lösungen arbeiten mit passiven, kostengünstigen Fondslösungen. Das Standardthema „Aktiv versus Passiv“ erhält einen zusätzlichen konstruktiven Impuls durch die Fintech-Diskussion.

Man sollte der intensiven Finanzindustrie nicht vorgreifen, wie so oft brauchen Entwicklungen ihre Zeit – die Erziehung zum rationalen Anleger und der Kapitalbedarf der Fintech-Industrie (kritischer Engpass für Entwicklung) wirken zeitlich dämpfend in diesem Zusammenhang. Zu begrüßen sind die vielfältigen Impulse, die Wissenschaft und Technik für das Beratungsgeschäft geben. Jedoch, der gegenwärtiger Stand der Diskussion könnte sein: Es wird noch auf längere Zeit nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird – Beratung durch „Persönlichkeit“ ist immer noch ein erfolgreiches Geschäftsmodell!

Von: Markus Hill

Quelle: DAS INVESTMENT.

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