Bitcoin kann man nicht mit Gold vergleichen? Doch, doch, findet Leonard Zobel, Gründer der auf Kryptowährungen spezialisierten Next Block aus Berlin. Hier erklärt er, worin die Gemeinsamkeit besteht, was er unter Tokenisierung versteht und warum Regulierung gut ist.Immer wieder werden Bitcoin, Ether, Ripple & Co. als Kryptowährungen hinterfragt. Kann und soll das virtuelle Geld den etablierten Notenbanken Konkurrenz machen? Wird die Regulierung dem nicht einen schnellen Riegel vorschieben, sobald das Kryptogeld zu mächtig wird? Die Fragesteller verkennen dabei, dass die Funktion der Coins und Token weit darüber hinaus reicht. Es handelt sich um eine vollständig neue Assetklasse.
Was ist Gold? Ein Metall, das niemand wirklich braucht, bei dem sich aber alle einig sind, dass es wertvoll ist, weil es selten ist. Es ist also eine gesellschaftliche Übereinkunft, dass Gold einen Wert hat. Ähnlich verhält es sich bei Bitcoin & Co. Sie repräsentieren einen bestimmten Anteil an einer mehr oder weniger endlichen Gesamtheit und eine wachsende Zahl von Menschen ist sich einig, dass sie wertvoll sind. Ihre Funktion als Zahlungsmittel, was ja einer Währung entspräche, ist nur ein kleiner Teil des innewohnenden Wertes.
Letztendlich sind sie nur der bekannteste Ausdruck einer neuen Art, Börse und Börsenhandel zu denken. Denn im Gegensatz zu solch rein virtuellen Werten lassen sich auch ganz reale Werte „tokenisieren“ und als Token auf der Blockchain handeln. Was wir heute sehen, ist der Beginn davon.
So lassen sich alle möglichen Waren als Token hinterlegen, Autos oder Immobilien genauso wie ganze Unternehmen. Ein Token ist dann die Entsprechung einer Aktie, eines Anteilsscheins, aber an mehr oder weniger beliebigen Gütern. Handelbar sind sie, weil sie nicht aufwändig irgendwo hinterlegt werden und nur über teure Mittler wie Notare, Makler oder Banken gehandelt werden können. Sie werden mit extrem geringen Kosten und hoher Transparenz über die Blockchain-Technologie gehandelt.
Es entwickelt sich eine ganz neue Art des Handels, des Austauschs von Gütern und Dienstleistungen. Coins und Token im Gegenwert von mehreren Milliarden Euro werden weltweit derzeit jeden Tag gehandelt. In der Regel auf unregulierten Plattformen, die zum Teil in dubiosen Steuerparadiesen sitzen. Das trägt nicht dazu bei, die Kryptowährungen als etablierte Anlageklasse zu sehen.
Es ist aber durchaus nicht ungewöhnlich für das Entstehen einer neuen Form des Wirtschaftens, dass zunächst einmal viele Marktteilnehmer mit allen möglichen Ideen versuchen, ihren Teil des Marktes zu gewinnen. Wildwest im Kryptoversum. Das spiegelt sich auch in den extremen Schwankungen der Kryptowährungen. Anstiege im zweistelligen Prozentbereich an einem Tag sind nichts Ungewöhnliches – und auch Rückschläge in dieser Größenordnung. Kryptowährungen können Menschen also schnell reich machen – und das zieht immer auch schwarze Schafe an.
Umso wichtiger ist es, den Handel mit den Coins und Token auf eine regulierte Basis zu stellen. Die Börsen müssen nicht überreguliert werden, was die guten Ideen im Keim ersticken würde. Sie sollten aber Kunden Rechtssicherheit bieten und das am besten in europäischer, besser noch deutscher Rechtsprechung.
Denn die Tokenisierung der Wirtschaft ist kaum aufzuhalten, zu groß sind die Vorteile. Wir werden in den kommenden Jahren eine Flut an Coins und Token sehen, die neu ausgegeben werden. Sie werden Waren und Dienstleistungen verbriefen und handelbar machen, wie wir es uns heute kaum vorstellen. Und sie werden dazu führen, dass Geld, Euro und Dollar, immer weniger wichtig wird. Denn wenn Waren in sehr kleinen Einheiten angeboten werden können, lebt der alte Tauschhandel wieder auf. War es zu Großväter Zeiten noch unmöglich, eine Kuh gegen ein Brötchen zu tauschen und Wechselgeld zu bekommen, ist das auf der Blockchain locker möglich. Insofern haben Token & Co. dann doch wieder das Potenzial, die herkömmlichen Währungen anzugreifen.
Von: Leonard Zobel
Quelle: Das Investment