Auch bei steigenden Zinsen sei die Aussicht auf einen weiter steigenden Goldpreis in US-Dollar wahrscheinlich, erklärt Thorsten Polleit, Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel. In Euro gerechnet, könne ein schwacher Außenwert der Gemeinschaftswährung allerdings den Goldpreis vorübergehend belasten. Das World Gold Council hat am Donnerstag die Goldnachfragedaten für das erste Quartal 2018 vorgelegt. Danach war die Goldnachfrage um 7 Prozent niedriger als im Vorjahresquartal und mit 973,5 Tonnen so niedrig wie letztmalig im ersten Quartal 2008. Das Goldangebot stieg gleichzeitig um 3 Prozent auf 1.063,5 Tonnen.
Die Goldschmucknachfrage gab um insgesamt 1 Prozent nach (487,7 Tonnen); stark rückläufig war dabei die Nachfrage aus Indien (-12 Prozent), während die Goldnachfrage aus China um 7 Prozent zulegte.Gold-ETFs verzeichneten einen Rückgang von 66 Prozent (32,4 Tonnen). Die gesamte Goldnachfrage für Investitionszwecke gab um 27 Prozent nach (287,3 Tonnen). Die Goldmünzen- und Goldbarrennachfrage fiel um 15 Prozent (254,9 Tonnen); Indien: -13 Prozent, China: -26 Prozent.
Goldnachfrage fällt in Q1 2018 auf den niedrigsten Stand seit Q1 2008
Quellen: Metals Focus; GFMS, Thomson Reuters; World Gold CouncilGrafik: World Gold Council
Die Goldnachfrage der Zentralbanken zog um 42 Prozent merklich an (116,5 Tonnen), vor allem durch Käufe aus Russland, der Türkei und Kasachstan. Die Goldnachfrage aus der Industrie stieg um 4 Prozent (82,1 Tonnen), angeführt von der Elektronikindustrie (+5 Prozent).
Die insgesamt schwache Goldnachfrage zum Jahresbeginn dürfte auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen sein – wie zum Beispiel der weitere Anstieg der US-Zinsen, aber auch die Kursgewinne auf den Aktienmärkten, die die Kosten der Goldhaltung erhöht haben.
Nachfrage nach Gold sinkt
Die US-Notenbank (Fed) hat auf ihrer Sitzung am 2. Mai zwar den Leitzins unverändert gelassen – er befindet sich damit weiterhin in einer Bandbreite von 1,50 – 1,75 Prozent. Allerdings hat die Fed signalisiert, die Zinsen im Jahresverlauf weiter anheben zu wollen.
Seit dem Beginn des Zinserhöhungszyklus Ende 2015 hat der Goldpreis (in US-Dollar pro Feinunze gerechnet) merklich angezogen:
Grafik: Degussa Goldhandel GmbH
Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass vor allem institutionelle Investoren sich der Risiken für die Konjunktur und die Finanzmärkte bewusst sind, die mit steigenden Kreditkosten verbunden sind, und dass sie daraufhin verstärkt Gold zu Absicherungszwecken nachgefragt haben (diese Einschätzung wird vom steigenden Gold-Bestand der ETFs in den letzten Jahren untermauert).
Seit dem Frühjahr 2017 hat der Euro merklich gegenüber dem US-Dollar aufgewertet:
Grafik: Degussa Goldhandel GmbH
Das hat zu einer deutlichen Entkopplung des US-Dollar-Goldpreises vom Euro-Goldpreis geführt. Allerdings wirft diese EUR-USD-Bewegung Fragen bezüglich ihrer Nachhaltigkeit auf.
Zinsvorteil für US-Dollar
Der Zinsvorteil liegt nämlich seit 2012 eindeutig auf Seiten des US-Dollar, sowohl im Bereich der Kurzfristzinsen als auch der Langfristzinsen:
Grafik: Degussa Goldhandel GmbH
Zwar hatte der Euro bis Ende 2016 mit einer Abwertung gegenüber dem US-Dollar reagiert. Danach hat er jedoch wieder deutlich aufgewertet gegenüber dem Greenback – obwohl die Zinsvorteile für den US-Dollar weiter angestiegen sind und für einen niedrigeren Euro-Außenwert sprechen.
Aussicht auf steigenden Goldpreis in US-Dollar
Die Aussicht auf einen weiter steigenden Goldpreis in US-Dollar ist alles andere als unwahrscheinlich – auch bei steigenden Zinsen, wie die jüngste Vergangenheit nur zu deutlich gezeigt hat. Vor allem auch deshalb, weil steigende US-Zinsen Risiken für die weltweite Konjunktur- und Finanzmarktlage in sich bergen, die aus Investorensicht die Goldhaltung zu Versicherungszwecken attraktiv machen.
Grafik: Degussa Goldhandel GmbH
Ein Nachgeben des Euro-Außenwertes kann allerdings vorübergehend den Goldpreis, in Euro gerechnet, belasten – und ein Abwerten des Euro ist vor allem auch angesichts der anhaltenden Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) alles andere als unwahrscheinlich. Der trendmäßige Preisanstieg des Goldes in Euro sollte jedoch intakt bleiben.
Von: Thorsten Polleit
Quelle: Das Investment