Das Investment: Pioneer zur Finanzpolitik: „Die EZB wird den Euro schwachreden“

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 02.07.2014. Giordano Lombardo, Investmentvorstand der Fondsgesellschaft Pioneer, über die Qualitäten der amerikanischen Notenbankpräsidentin und das Zaudern ihres EZB-Kollegen. DAS INVESTMENT.com: Signor Lombardo, fast sechs Monate ist die neue US-Notenbankchefin im Amt. Wie beurteilen Sie das bisherige Auftreten von Janet Yellen?

Giordano Lombardo: Für mich ist sehr interessant, über welche rhetorischen Fähigkeiten und Feinheiten Notenbankpräsidenten verfügen. Das gilt jetzt auch für Yellen. Sie ist schon lange in der Führungsebene der Fed. Wir kennen ihre Ansichten. Jetzt aber als deren Sprecherin gewinnt sie in der breiten Öffentlichkeit an Bekanntheit, und da wird eben jede Äußerung sehr genau verfolgt.

Wem ihrer Vorgänger ist sie rhetorisch näher, Alan Greenspan oder Ben Bernanke?

Sie hat die Orakel-Qualitäten eines Alan Greenspan. Sie spricht auch mehr über künftige Herausforderungen und bemüht weniger statistische Größen aus der Gegenwart. Etwa die Arbeitslosen oder Inflationsquote. Das würde aber auch so erwartet, bleibt aber sicher der größte Unterschied gegenüber ihrem Vorgänger Ben Bernanke.

Erwarten Sie einen Strategiewechsel der Fed?

Nein. Der ist auch gar nicht notwendig. Die Wirtschaft der USA durchläuft eine zyklische Erholung. Die sehen wir besonders im Immobilienbereich. Das Deleveraging ist dort abgeschlossen. Und wir erkennen eine positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Das sind aber auch keine wirklichen Überraschungen.

Erkennt der Markt diese Erholungen?

Der Aktienmarkt auf jeden Fall. Dennoch stehen derzeit eher geopolitische Risiken im Vordergrund, etwa die Lage in der Ukraine. Da wird weniger auf nationale Erholungen geschaut. Das wird sich ändern, und schon bald wird sich der Markt wieder mit einer möglichen Zinserhöhung in den USA und entsprechenden Herausforderungen am Rentenmarkt beschäftigen.

Was fehlt der US-Wirtschaft?

Investitionen auf Unternehmensseite. Da zeigen sich nur sehr zögerliche Verbesserungen, und das ist das derzeitige Manko im Verlauf dieses ökonomischen Zyklus.

Was ist für Sie der derzeit größte Unterschied zwischen den konjunkturellen Befindlichkeiten der USA im Vergleich zu Europa?

Die wirtschaftliche Stärke ist der große Vorteil der USA. Das liegt an zwei Phänomenen: Sowohl die Fiskal- als auch die Geldpolitik in den USA war nach der Krise deutlich aggressiver als in Europa.

Hier in Europa hat man sich auf sehr Euro-relevante Themen beschränkt und einen Fiskalpakt geschlossen. Da sind die USA viel weiter gegangen. Die USA haben den Markt mit Liquidität geflutet, und die Flut brachte Vermögenseffekte mit sich.

In Europa gab es die bekannte Draghi-Rede, dass man alles unternehmen werde, damit die Eurozone nicht auseinanderfällt. Es ist aber kein einziger Euro geflossen. Es waren Worte. Aber Worte allein werden wenig substanziellen Unterschied machen. Sie sehen das ja auch aktuell. Die Bilanzsumme der EZB nimmt ab. Die Fed kauft zwar weniger Anleihen, die Bilanzsumme steigt jedoch nach wie vor.

Muss die EZB mehr tun?

Das wird vom Markt erwartet und die EZB wird etwas tun.

Was kann Draghi noch tun?

Vergessen Sie nicht, dass das Mandat der EZB ein anderes ist als das der Fed. Was kann er mehr tun? Er könnte Teile des quantitativen Easings der Fed übernehmen. Das wird aber meiner Meinung nach nicht passieren.

Es gibt noch die Möglichkeit des Lendings for Funding, so wie es die Bank of England macht: Die EZB würde günstige Kredite an Banken vergeben, unter der Bedingung, dass diese die Mittel an Haushalte und Unternehmen weiter verleihen. So ein Programm hätte eine Chance.

Kommt Europa so nachhaltig aus der Rezession?

Ja. Das ist klar und sicher die wichtigste Entwicklung. Aber die Erholung findet auf ganz unterschiedlichem Niveau statt. Deutschland und Zentraleuropa sind sehr viel stärker als die Peripherie. Frankreich sehe ich in der Mitte. Ich glaube, dass diese sehr heterogene Entwicklung die größte Herausforderung für die EZB bleibt.

Die Quadratur des Kreises.

Eine restriktive Geldpolitik für Zentraleuropa und eine gleichzeitig expansive für die Peripherie klappt nicht. Das war schon vor Jahren der Fehler des Systems. Es muss einen Mittelweg geben.

Ist der starke Euro ein Problem?

Ein großes Problem. Diese unglaubliche Stärke macht mir Sorgen. Gerade gegenüber dem Dollar. Die EZB macht aber einen sehr entspannten Eindruck. Das wird sich in der Region zwischen 1,40 und 1,45 ändern. Dann ist nämlich ein Level erreicht, das es auch den stärksten Volkswirtschaften nicht mehr erlaubt, wettbewerbsfähig zu bleiben. Erst recht im globalen Wettbewerb. Da müssen Sie nur nach Japan und nach China schauen.

Was folgt seitens der EZB dann?

Sie wird reden. Sie werden den Euro schwachreden. Der Grund ist, dass sie kein offizielles Mandat für eine Währungspolitik hat. Sie kann also nicht, wie etwa die japanische Notenbank, Geld drucken, um die Währung zu schwächen.

Giordano Lombardo ist seit März 2010 Investment-Chef von Pioneer Investments und seit 2004 stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Pioneer Global Asset Management. Giordano stieß 1997 zum Fondsmanagement der Uni Credito Italiano, dem heutigen Pioneer Investments.

Der Dino unter den Fondsgesellschaften: Pioneer investments

Pioneer zählt zu den weltweit ältesten Fondsgesellschaften. Philip L. Carret gründete das Unternehmen 1928. Der ehemalige Journalist legte den Pioneer Fund auf, der gegenwärtig der drittälteste Investmentfonds der USA ist. Als erste ausländische Gesellschaft kommt Pioneer 1969 nach Deutschland.

2000 erwirbt die Bankengruppe Uni Credit die Pioneer Group. Die Fondsgesellschaft verwaltet weltweit über 170 Milliarden Euro, ist in 27 Ländern präsent und hat über 2.000 Mitarbeiter, davon rund 340 Investmentspezialisten.

Von: Malte Dreher

Quelle: DAS INVESTMENT.

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